Leserbrief einer trauernden Witwe
"Will meinen Mann mit all jenen verabschieden, die ihn geliebt haben"

- Die Familie gemeinsam. Nun trauert man um den verstorbenen Vater.
- Foto: Plattner
- hochgeladen von Alexandra Wrann
Leserin Tina Plattner verfasste einen berührenden Brief in Bezug auf ihre persönliche Situation, geprägt durch den tragischen Verlust ihres Ehemannes. Hier ihre Worte:
"Liebe Bundesregierung, liebe Politiker, liebe Leserinnen und Leser. Aus ganz vielen Gründen habe ich beschlossen einen etwas längeren Leserbrief zu verfassen: Die ersten Wochen von Beginn der Covid19-Maßnahmen habe ich mich mit meiner Familie vorbildlich an alles uns angeordnete gehalten. Kein Kontakt zu Oma, Opa, Familie; nur komprimiert einkaufen gehen; keine sozialen Kontakte. Am 3. April diesen Jahres hat sich das Leben für mich und meine Kinder dann plötzlich
drastisch geändert. Mein Mann – der bis zum letzten Tag „pumperlgsund“ war – musste ganz ohne Corona oder Ähnliches von dieser Welt gehen. Er hatte einen so schweren Herzinfarkt, dass ihm keiner mehr helfen konnte. Obwohl die Rettungskette besser nicht laufen hätte können, gab es für meinen geliebten Mann keine Rettung mehr. Zurück bleibt die große Frage „Warum?“ und das alles in dieser besonderen Zeit – wo es fast schon den Anschein hat, dass da irgendwas aus dem Ruder läuft… Unsere gemeinsamen Kinder Melissa (8 Jahre) und Felix (4 Jahre) verstehen die Welt ohnehin nicht mehr. Nun kommt aber vor allem bei mir und auch bei meiner Tochter ganz stark die Frage auf – warum dürfen Bauhäuser und Möbelhäuser aufsperren und wir dürfen unseren geliebten Papa
nicht so, wie es sich gehören würde, verabschieden? Ja… wir hatten eine Verabschiedung – im engsten Kreise. Jetzt muss man aber vielleicht auch wissen, dass mein Mann in zwei großen Vereinen war. Die Almrose Radenthein und die Trachtenkapelle Feld am See. Beide Vereine waren auch tief mit ihm verbunden. Er war ein Mensch, der sich Urlaub genommen hat, um einen anderen Menschen die letzte Ehre zu erweisen. All diese Maßnahmen hindern uns daran, meinen Mann und den Papa meiner Kinder so zu verabschieden, wie er es sich verdient hätte. Wenn man jetzt eins und eins zusammenzählt, merkt man schnell, dass sich wirklich viele Menschen von einem so jungen Mann, der mit 37 Jahren gehen musste, verabschieden möchten. Am 2. Mai sind die ersten Lockerungen gekommen… Ich habe mir geschworen, dass ich j14 Tage abwarte und dann nachlesen werde wie viele Neuinfektionen oder aktuelle Fälle bei uns in Kärnten noch aktiv sind. Heute las ich, dass acht Personen aktuell mit Covid19 infiziert und bis heute in Kärnten 13 Personen im Zusammenhang
an Covid19 gestorben sind.
Ja, es ist schlimm wenn ein Mensch gehen muss. Aber es passieren nebenbei so viele tragische Dinge die absolut nichts mit Corona zu tun haben. Meine große Bitte wäre: Da Herr Kurz ja auch im Kleinwalsertal mit den Bürgerinnen und Bürgern ohne Maske (und plötzlich wusste niemand mehr etwas von einem Sicherheitsabstand) gesprochen und gescherzt hat, bestehe ich jetzt auch auf die Freiheit, dass alle, die jemanden verloren haben – diesen besonderen Menschen ganz individuell verabschieden können.
Mit euren (mittlerweile sinnlosen) Maßnahmen macht ihr Familien, die ohnehin schon am Boden liegen, noch mehr kaputt. Es ist nämlich auch für viele Trauernde – für uns alle – für einen ganzen Ort und darüber hinaus, sehr wichtig, dass wir alle am gleichen Ort an unseren lieben Bernd gedenken können, traurig sein dürfen und ihn gebührend verabschieden können und in unserer Trauer dann einfach einen Ort haben, wo ihn jeder nah sein kann.
Ich hoffe, dass es sich einige doch bis zum Schluss durchgelesen haben, und hoffe meinem Mann, den Papa meiner Kinder, den Sohn, Enkel, Kollegen, Freund und Wegbegleiter endlich die letzte Ruhe gewährleisten zu können. Mit all jenen die ihn geschätzt und geliebt haben – ganz ohne Einschränkung einer Anzahl der Trauernden die meinen lieben Bernd Plattner „Pfiati“ sagen wollen. Danke fürs Zuhören."
Aufrichtig, der Brief einer trauernden Witwe,
Tina Plattner


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