„In Österreich wird jede Idee politisiert“
Der Politikwissenschaftler Reinhard Heinisch ist in Villach aufgewachsen. Nach mehrjährigen Aufenthalten in den USA leitet er seit 2009 die Abteilung Politikwissenschaft der Uni Salzburg. Für ein Sommergespräch treffen wir uns im stilvollen „Parkcafé“ in Villach.
WOCHE: Sie waren lange Zeit in den USA, jetzt in Salzburg. Wo fühlen Sie sich zu Hause?
HEINISCH:
Pittsburgh ist für mich Heimat, dort verbrachte ich 15 Jahre meines Lebens. Mit Salzburg verbinde ich meinen Arbeits-platz. In meinem Leben ist Villach die Konstante. Ich bin hier aufgewachsen. Meine Mutter lebt hier. Villach bedeutet für mich Kindheit und Vertrautheit. Gerade bin ich auch in Villach, weil ich Gründungsmitglied der „Summer University Carinthia“ bin und dort ehrenamtlich mitarbeite.
Haben Sie die Idee zur „Summer University Carinthia“ aus den USA mitgebracht?
In gewissem Sinne, ja. Im wissenschaftlichen Bereich habe ich sehr schnell Karriere gemacht. Ich habe mir deshalb die Frage gestellt, was ich von meinem Erfolg zurückgeben kann. In den USA würde man sagen: „What is the point of it in life?“ – Was möchte ich mit meinem Leben anfangen? Es ist einfach zu sagen, in Kärnten gäbe es zu wenig Internationalität, zu wenig wissenschaftlichen Austausch für junge Studierende. Die Frage lautet: Was kann ich selbst tun, um die Situation zu verbessern? Diese Ansicht ist sehr amerikanisch.
Sie leben seit einigen Jahren wieder in Österreich. Was fehlt Ihnen aus der Zeit in den USA?
In Bezug auf die Arbeitswelt lässt sich feststellen, dass in Österreich sehr viel mit politischen Interventionen gearbeitet wird. Gute Ideen werden dupliziert, die Zusammenarbeit fehlt, wie z.B. bei den Technologieparks in Kärnten. Hat jemand eine Idee, geht er oder sie in erster Linie zu Vertretern von Land oder Stadt, und weil das so ist, werden viele Projekte politisiert. In den USA ist die Bereitschaft von privater Seite stärker, in Projekte zu investieren, die öffentliche Hand hat somit weniger Einfluss.
Täglich wird von Krise gesprochen. Was raten Sie jungen Menschen dazu?
Weggehen. Ich glaube, dass jede Krise auch eine Chance ist. Ich bin in die USA gegangen, weil ich kein adäquates Studium in Österreich gefunden habe. Es geht darum, Förderer und Unterstützer für die eigene Idee zu finden.
Was möchten Sie mit Ihrer Arbeit vermitteln?
Mir ist immer wichtig, zu verdeutlichen, dass jede Entscheidung Konsequenzen hat. „There is no free lunch“, würde man in den USA sagen. Das muss im öffentlichen Diskurs auch stattfinden. Die Politik findet häufig nicht den Mut, Entscheidungen auf ihre Konsequenzen anzusprechen, weil sie bei den Wählern anecken würde. Gerade die Wissenschaft und auch die Medien haben die Aufgabe, Dinge auf ihre Konsequenzen hin zu untersuchen: z.B. Euro ja oder nein, Atomgegner vs. hohe Stromkosten.
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