Kommentar
Treffen sich zwei Päpste

RZ-Chefredakteur Christian Marold | Foto: RZ

Ein Treppenwitz, der seit der Emeritierung von Papst Benedikt XVI. nicht mehr gültig sein sollte - auch nicht mehr lustig. Nach seinem Rücktritt hat Benedikt den Widerspruch hinter dieser Aussage zerstört. Er selbst hat immer wieder betont, dass er nach der Findung eines neuen Papstes in den Ruhestand treten werde und dabei auch still und leise bleibe. Das bedeutet, dass er sich in die täglichen Aufgaben des neuen Papstes nicht einmischen werde. Erstaunlich seitdem ist nur, dass er auch nach der Wahl von Papst Franziskus im Jahr 2013 immer noch in Weiß auftritt und sich bei manchen katholischen Debatten auch gerne mal zu Wort meldet. Dadurch wird er von gewissen erzkatholischen Würdenträgern im Vatikan gerne einmal instrumentalisiert, auch wenn Benedikt hinter manchen Gesinnungen und Aussagen nicht stehen kann oder will. Aber gut, diese Rolle hat er selbst verschuldet, denn niemand - auch nicht das katholische Kirchenrecht - besagt, wie er sich nach seiner Emeritierung zu verhalten habe. Vielleicht ist Macht eben in allen Bereichen so reizvoll, wie es im Moment auch das Beispiel Russland zeigt.

Innerhalb der katholischen Kirche rumort es schon lange und zahlreiche Skandale rundum Missbrauch und den Widerstand gegen neue – für katholische Verhältnisse liberale - Ansätze macht die Gesamtorganisation dieses alten Apparates nicht wirklich leichter. Papst Franziskus hat es nicht einfach. Er muss den goldenen Mittelweg finden, um seine „alten“ Schäfchen nicht zu verlieren, gleichzeitig sollte er drauf achten, dass die katholische Kirche nicht in mittelalterlichem Gedankengut feststecken bleibt.

In Vorarlberg gab es von 2017 bis Ende 2019 insgesamt 6.554 Katholiken weniger. Soll nicht heißen, dass alle die aus der katholischen Kirche ausgetreten sind, den katholischen Glauben nicht mehr leben. Um es auf den Punkt zu bringen: Jeder Austritt ist nur ein Austritt aus dem Verein „katholische Kirche“, der Glaube bleibt frei. Schließlich zahlt jedes aktive Vereinsmitglied der Kirche auch brav Mitgliedsbeitrag. Und das ist der Punkt: Wie jeder andere Verein muss sich auch die katholische Kirche bemühen, ihren Mitgliedern ein modernes und umfassendes Programm zu bieten. Es sind schon lange nicht mehr nur die sonntäglichen Kirchengänge oder die österlichen Grüße des Pontifex. Innovationen und gute Ideen von vielen ihr angegliederten Institutionen haben es schwer, wirklich wahrgenommen zu werden, gerade wegen der schwer zu steuernden und historisch belasteten Dachmarke. Der Glaube an etwas muss nicht unbedingt an einen Verein geknüpft sein, aber wenn ein Verein diesen Glauben lebt und bestärkt, dann spricht nichts dagegen, Mitglied eines solchen Vereins zu sein. Dies finden wir auf fast allen Ebenen im Vereinsleben in unserer Gesellschaft. Wichtig ist eben nur, dass der Verein etwas dafür tut. Nicht nur die katholische Kirche hat mit Mitgliederschwund zu kämpfen. Es betrifft fast alle Bereiche, in denen Vereine tätig sind. Wenn Großereignisse wie zum Beispiel die Handball-EM oder die kommende Fußball-EM Kinder und Jugendliche animiert diese Sportarten auszuüben, dann erfahren wiederum die heimischen Vereine einen kleinen Boom, die Mitgliederzahlen steigen. Das sollte als Chance gesehen werden! Aber dann muss im zweiten Schritt auch aktiv dafür gekämpft werden die neuen Mitglieder zu halten. Ähnlich verhält es sich mit der katholischen Kirche. Leider gibt es bei ihr solche positiven Großveranstaltungen zu wenig, beziehungsweise werden sie zu wenig als öffentliche Events zelebriert und wahrgenommen. Und so lange ein ehemaliger Obmann und der aktuelle Obmann sich inhaltlich über Vereinsstruktur und Führung nicht einigen können, macht das nach außen hin kein gutes Bild. Der Glaube kann Berge versetzen heißt es so schön. Das Vertrauen dafür muss aber hart erarbeitet werden.

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