Kommentar
Was für eine Frage?

Christian Marold
RZ-Chefredakteur | Foto: RZ

Nach den Osterfeiertagen und im Kreise der Familie geht der Alltag bei uns also weiter. Gerade die Bilder aus der Ukraine hat man versucht, so gut wie es geht zu verdrängen und die medialen Bilder zu vermeiden. Wollte man doch seine Osterruhe haben. Vielleicht hat der ein oder andere ein stilles Gebet in der Kirche für die Kriegsopfer gesprochen. Aber grundsätzlich hatte der Krieg neben den bunten Eiern nicht wirklich Platz. Es ist eine Art Selbstschutz und nach über zwei Jahren anhaltender Pandemie ist der Ukrainekrieg ein weiteres belastendes Moment im eh schon stressigen Arbeitsalltag. Oder ist es gar kein Krieg? Ist es „nur“ ein Konflikt? Bei allem Respekt vor irgendwelchen Konventionen, aber eben genau die Bilder, die aus der Ukraine in unsere beschaulichen Vorarlberger Haushalte gelangen, können nur den klaren Eindruck hinterlassen, dass ein Konflikt - mit Verlaub - doch anders aussieht. Einen Konflikt hat Nachbar X mit Y, wenn der Kirschbaum zu weit über das nachbarschaftliche Grundstück reicht. Dabei gleich von Nachbarschaftskrieg zu sprechen, wäre genauso übertrieben, wie im Ukrainekrieg von einem Konflikt zu sprechen – nur eben umgekehrt.

Was mich aber grundlegend moralisch erschüttert, ist die Tatsache, dass alle Welt über eine Frage debattiert, die es so in unserer aufgeklärten Weltordnung nie geben sollte. Vollkommen egal in welcher Ecke der Welt Krieg geführt wird. Die Frage lautet: Was ist im Krieg erlaubt? Ich weiß jetzt nicht, wie es Ihnen als Leser bei dieser Frage geht, aber solch eine Frage sollte es gar nicht geben – weder jetzt noch in Zukunft. Krieg sollte nicht erlaubt sein und im Krieg sollte nichts erlaubt sein, weil es keinen Krieg geben sollte. Daher ist die Frage nach dem Erlaubtsein ad absurdum zu führen. Natürlich kann man sich jetzt, wenn es real Krieg gibt, die Frage stellen, was ist dann erlaubt? Diese müsste man sich nicht stellen, wenn alle Beteiligten die Ursachen dieser Kriege besser verstehen würden und diese nicht gleich in Eskalation ausarten würden. Ja, viele Konjunktive in einer Zeit, in der es nicht nur in der Ukraine tatsächlich täglich unschuldige Tote gibt. Leider!

Die Charta der Vereinten Nationen (UNO) legt ein allgemeines Gewaltverbot fest. Laut dieser sind Kriege als Akt der Gewalt völkerrechtswidrig. Mhm? Wer hält sich daran und wer sanktioniert das und vor allem in welcher Form? Bei all dem Leid und den schrecklichen Bildern aus der Ukraine und anderen Kriegsgebieten in der Welt ist im 21. Jahrhundert nach zwei Weltkriegen und zahlreichen Bürgerkriegen die Frage, Krieg zu legitimieren und zu führen nur noch steinzeitliches Verhalten. Es gibt keinen rationalen Grund die eigene Spezies zu töten. Der Krieg in der Ukraine zeigt nur wieder einmal wie unreif die Menschheit ist, sowohl im Handeln als auch im Zusehen. „Aus der Geschichte lernen“ ist genauso eine abgedroschene Floskel wie der Versuch, das Weltklima nun endlich zu retten.

Um am Ende doch noch ein paar positive Gedanken zu finden, möchte ich mich bei allen sozialen Einrichtungen für ihr Engagement bedanken. Auch bei allen Vorarlbergern, die sich bereit erklärt haben, Menschen aufzunehmen, die ihre Heimat aufgrund von Krieg verlassen mussten und noch müssen!

Kommenden Freitag findet im Festspielhaus in Bregenz eine Benefizveranstaltung mit zahlreichen Künstlern aus Vorarlberg statt. Das Ganze nennt sich „WE ARE ONE“ und startet ab 18 Uhr. Ein guter Anlass, um sich gegen den Krieg zu stellen und durch Spenden, Ticketkauf und Konsumation etwas Gutes zu tun. Ein Abend ganz im Zeichen gegen jeden Krieg, aber für die Ukraine und die Freiheit von Menschen. Ein Recht, das jeder auf dieser Welt haben sollte. Und ganz nebenbei: Wir haben nur diese eine Welt. Soviel ich weiß.

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