Coronamythos - ein Arzt klärt auf
Wie viel Wahrheit steckt in der Corona Impfung?

OA Wolfgang List  | Foto: LKH Feldkirch/Karin Nussbaumer
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Hat ein Mythos eine ursprüngliche Wahrheit oder wird die Wahrheit zum Mythos?

Gerade wenn es um Impfungen geht stehen sich das Für und Wider in harter Konkurenz gegenüber. Aktueller denn je, und das nach fast zwei Jahren, ist der Mythos um die Corona Impfung in aller Munde.
Waren am Anfang viele Menschen unsicher, ob der geringen Langzeitforschung oder der Nebenwirkungen, kann mittlereile, zumindest auf das Thema Nebenwirkungen und Nutzen-Risiko-Verhältnis, durch Milliarden verabreichte Impfdosen zurückgegriffen werden. Eine Wahrheit auf die de facto kein Wider mehr greift.

Zwei Jahre an der "Corona Front" - ein Arzt klärt auf

Wolfgang List ist leitender Oberarzt der Intensivstation und lokaler Transplantationsbeauftragter im Landeskrankenhaus Feldkirch. Seit gut zwei Jahren ist COVID sein täglicher Begleiter. Das sind zwei Jahre ungetrübte und persönliche Erfahrung im Bereich der Impfung, Behandlung und der Krankheitsverläufe. Wolfgang List beantwortet Fragen zum Thema „Corona Impfmythen“.

Stimmt es, dass die Impfung nicht so gut wirkt und man trotzdem erkrankt?

OA Wolfgang List: Die Impfung wirkt sehr gut! Das größte Ziel ist, einen schweren Verlauf zu verhindern, bei dem man auf der Intensivstation behandelt werden muss und ein großes Risiko hat an COVID zu versterben. Dieses Risiko kann durch die Impfung minimiert werden. Hier gibt es weltweit genug Daten, die das beweisen. Trotzdem kann man als Geimpfter erkranken, zumeist aber mit milden Symptomen und verkürztem Verlauf.

Stimmt es, dass man Kinder nicht zu impfen braucht, weil das Virus keine Gefahr ist?

OA Wolfgang List: Es ist zum Glück so, dass Kinder im akuten Stadium der Infektion nur sehr selten schwer erkranken, ein möglicherweise unterschätztes Problem könnte aber ein Long-Covid bei Kindern sein, trotz nur milden Verläufen. In Deutschland gibt es an einigen Universitätskliniken schon Ambulanzen für Long COVID bei Kindern und Jugendlichen.
Ein anderer wichtiger Beitrag durch die Impfung der Kinder ist ein Unterbrechen der Infektionsketten, um aus der Pandemie heraus zu kommen.

Stimmt es, dass es häufig zu Impfnebenwirkungen kommt?

OA Wolfgang List: Man muss unterscheiden zwischen normaler Impfreaktion und Nebenwirkung. Schmerzen an der Einstichstelle, Fieber und Krankheitsgefühl in den ersten 1-2 Tagen nach Impfung sind ganz normale Reaktionen des Körpers und zeigen ein Ansprechen des Immunsystems, diese Reaktionen sind allerdings sehr unterschiedlich ausgeprägt und lassen sich für den Einzelnen nicht vorhersagen.
Davon zu unterscheiden sind Nebenwirkungen wie Komplikationen durch Thrombosen oder Herzmuskelentzündung. Diese Nebenwirkungen treten zum Glück nur sehr selten auf, und bei mittlerweile fast 8 Milliarden verabreichten Dosen sind diese gut untersucht. Man muss sich aber bewusst sein, dass diese Komplikationen noch häufiger durch die COVID Infektion hervorgerufen werden können!

Stimmt es, dass der mRNA-Impfstoff in das menschliche Gen eingreift?

OA Wolfgang List: Nein, das ist völlig unmöglich! Die mRNA Impfstoffe machen nichts anderes, als das Virus selbst. Virus und Impfstoff schicken einen Bauplan an die menschliche Zelle, das Virus gibt der Zelle den Auftrag, neue Viren zu bauen, die dann den Körper überfluten. Der Impfstoff gibt den Auftrag, nur einen kleinen Teil des Virus zu bauen, ohne den Menschen dabei krank zu machen. Gegen diesen Teil bildet der Mensch Antikörper, um dann bei einer Infektion mit dem Virus vorbereitet zu sein. Mit dem menschlichen Gen, der DNA, hat das überhaupt nichts zu tun.

Stimmt es, dass viele Menschen bereits an der Covid-Impfung verstorben sind?

OA Wolfgang List: Die COVID Impfstoffe sind die am besten untersuchten Impfstoffe bisher, noch nie wurden weltweit so viele Dosen verabreicht und noch nie wurde so genau hingeschaut. Man muss 2 Dinge unterscheiden: Schwere Nebenwirkungen, wie Thrombosen, die zum Glück nur extrem selten auftreten, daran sind aber auch schon Menschen verstorben. Man muss das Risiko allerdings mit dem Risiko der COVID Erkrankung vergleichen, und hier liegt das Risiko für schwere Verläufe mit den gleichen Komplikationen deutlich höher.
Ein anderer Punkt sind Todesfälle, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung aufgetreten sind. Über die letzten Jahre sterben in Österreich täglich durchschnittlich 200-250 Menschen. Dass Menschen im gleichen Ausmaß weiterhin eines natürlichen Todes sterben ist logisch, unabhängig davon, ob zuvor eine Impfung stattgefunden hat. Ein Zusammenhang mit der Impfung hat sich hier nicht gezeigt.

Stimmt es, dass man besser auf einen Totimpfstoff warten soll?

OA Wolfgang List: Nein. Es wird noch Monate dauern, bis eine Zulassung vorliegt. Derzeit gibt es ein so großes Infektionsgeschehen, dass es schwer genug wird, sich über die nächsten Wochen als Ungeimpfter vor einer Infektion zu schützen. Wir haben hervorragende Impfstoffe mit einem sehr guten Sicherheitsprofil, diese sollte man nutzen.

Stimmt es, dass wir alle Versuchskaninchen sind?

OA Wolfgang List: Nein. Es gab vor der Zulassung der Impfstoffe Studien mit Tausenden von Teilnehmern, die sehr gute Wirkung mit wenig Risiko gezeigt haben. Der Vorteil von mittlerweile Milliarden von Dosen ist, dass auch extrem seltene Nebenwirkungen gefunden worden wären, hier ist mit keinen neuen Erkenntnissen mehr zu rechnen.

Stimmt es, dass es seit Beginn der Impfkampagne mehr Herzinfarkte gab?

OA Wolfgang List: Dafür gibt es keinerlei Hinweise. Es hat sich allerdings während der Pandemie gezeigt, dass Patienten länger gewartet haben, bis sie ärztliche Hilfe in Anspruch genommen haben, zB aus Angst, sich im Krankenhaus mit COVID zu infizieren. Aber gerade bei Herzinfarkt und Schlaganfall ist es extrem wichtig, möglichst früh zu behandeln, sonst verschlechtern sich die Behandlungsmöglichkeiten drastisch.

Stimmt es, dass für die Schwangerschaft/Stillzeit keine ausreichenden Untersuchungen/Erfahrungen vorhanden sind?

OA Wolfgang List: Hier gab es in der Anfangsphase sehr viel Unsicherheit und Verunsicherung. Mittlerweile gibt es auch hier genügend klare Daten die zeigen, dass eine Impfung sowohl in der Schwangerschaft als auch in der Stillzeit sicher ist. Schwangere Patientinnen haben ohne Impfung ein erhöhtes Risiko für sich und ihr Baby, und in Vorarlberg waren alle Schwangeren, die auf der Intensivstation behandelt werden mussten, umgeimpft. Auch bei Kinderwunsch kann man die Impfung nur klar empfehlen.

OA Wolfgang List  | Foto: LKH Feldkirch/Karin Nussbaumer
Symbolbild | Foto: mufid-majnun

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