X-Akten
Galgen, Magd und Schandgeige in Waidhofen
Ein totes Kind und das Bahrrecht im Jahr 1601: Die schaurigen Prozess-Protokolle aus Waidhofen.
WAIDHOFEN. "Am 2. Februar entdeckte die Hausfrau Katharina Nägelin ein Wanderbündel mit einem toten neugeborenen Kind. Die gütige Befragung begann mit der Herkunft der Magd Margaretha Krämer, sie war ehelich geboren, war 24 Jahre alt und stand im Dienst bei Katharina Nägelin und Jakob Lindner, einem Drahtzieher", erzählen "Türmer" Adi Bläumauer und "Marktfrau" Petra Müller über eine Begebenheit aus Waidhofen im Jahre 1601. Der "Beyschlaffer" der Magd war ein Knecht aus Windischgarsten, der in Reifling beim Bürger Ruprecht Angerer im Dienst stand.
Die Aussage der Magd
Am 3. Jänner 1601 habe sie Wehen bekommen und sei in die Badstube gegangen, um dort zu entbinden. Beim Aufstieg zu einer höheren Plattform der Badstube sei "das Kindlein von ihr geraset" und zur Erde auf den Ziegelstein geschossen. Wie es auf den Ziegelboden gefallen sei, habe es nur zwei Schreierl getan. Sie habe es dann in ein Tuch gewickelt und in die Truhe ihrer Kammer gelegt. Auf die Frage, was sie mit dem Bündel vorhatte, antwortete sie nur: Sie wollte es so lange behalten, bis es zur Asche zerfällt. Um ganz sicher zu gehen, ordnete der Rat eine Autopsie der Leiche an. Diese wurde von zwei Badern und einer Hebamme durchgeführt. Die Bader (Ybbs- und Radlbader) und die Hebamme konnten keine verdächtigen Verletzungen feststellen.
Das Bahrrecht
"Trotz dieser Beweise, dass keine Tötungsabsicht vorlag, griff der strenge Pfleger Tristan Schenk nach dem letzten Mittel, dem Bahrrecht. Er wollte die Magd am Galgen sehen", so Petra Müller. "Unter freiem Himmel auf dem Friedhof (Stadtpfarre) wurde das tote Kind auf eine Bahre gelegt", so Adi Bläumauer. Die Mutter musste die zwei ersten Finger der rechten Hand auf die entblößte Brust des Kindes legen und drei Mal folgenden Eid ablegen: „Ich Margaretha schwör zu Gott im Himmel und allen Heiligen, dass ich Mutter am Tod dieses allda liegenden Kindes nicht schuldig bin, da es nicht also ist, so will es ein Zeichen von sich geben, so wahr mir Gott helf und all seine Heiligen.“ Da sich die Kindsleiche nicht rührte, wurde Margaretha Krämer für schuldlos erklärt. "Die Schandstrafe blieb ihr dennoch nicht erspart. Dazu wurde sie in eine Schandgeige gesperrt und auf einem öffentlichen Platz gestellt", so der "Türmer".
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