Trotz EU-Mahnung halten Stadtpolitiker an Flugplatzumwidmung fest

- hochgeladen von Mario Zeko
Unterstützt durch ein fundiertes vogelkundliches Gutachten bleibt die Stadt Wels in der Diskussion um die Zukunft des mehr als 100 Hektar großen Areals auch nach dem Einlangen des Mahnschreibens der Europäischen Kommission an die Republik Österreich bei ihrer Linie.
„An der Umwidmung von rund 25 Hektar in Betriebsbaugebiet führt für uns weiterhin kein Weg vorbei. Denn auch unter Einbeziehung des Inhaltes des Schreibens der EU-Kommission ist dies weiterhin möglich“, sind sich Bürgermeister Peter Koits und die Stadträte Peter Lehner und Andreas Rabl einig. Und selbstverständlich könnten zudem die verbleibenden rund 75 Hektar – wie von der EU-Kommission eingemahnt – in ein Vogelschutzgebiet für den Großen Brachvogel umgewidmet werden.
Dieser inhaltlichen Stoßrichtung werde auch die Stellungnahme der Stadt Wels folgen, kündigte das Polit-Trio an. Diese soll in Abstimmung mit dem auf Landesebene zuständigen politischen Referenten Landesrat Manfred Haimbuchner – auch er steht weiterhin zum oben beschriebenen Kompromissvorschlag – in weiterer Folge in die von der EU-Kommission geforderte Antwort der Republik Österreich einfließen. Unverständlich sei in diesem Zusammenhang jedenfalls die sehr kurze Beantwortungsfrist von lediglich zwei Monaten, weshalb die Republik auch um Fristerstreckung angesucht habe. „Ebenso unverständlich ist auch, dass es in den mehr als eineinhalb Jahren zwischen Einlangen der Beschwerde und Formulierung des Mahnschreibens kein Beamter der EU-Kommission der Mühe wert gefunden hat, sich bei einem Lokalaugenschein am Welser Flugplatz ein Bild von der tatsächlichen Situation zu machen“, wundern sich der Bürgermeister und die Stadträte.
Vogelkundliches Gutachten
Nach den Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie der Europäischen Union dürfen für eine Ausweisung als Schutzgebiet freizeitbedingte, soziale oder – wie im Falle der Stadt Wels bekanntlich massive – wirtschaftliche Erfordernisse keine Rolle spielen. Es ist demnach nur nach ornithologischen (vogelkundlichen) Maßstäben zu urteilen. Aus diesem Grund hat sich die Stadt Wels renommierte fachliche Schützenhilfe in Form eines vogelkundlichen Gutachtens geholt. Dieses stammt vom Allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Naturschutz und Landschaftsgestaltung Harald Kutzenberger aus Wilhering und bietet hinsichtlich des EU-Mahnschreibens gleich mehrere Ansatzpunkte:
Der Flugplatz Wels beherbergt lediglich etwa sechs Prozent des österreichweiten Brut-bestandes des Großen Brachvogels. Konkret sind dies zur Zeit acht bis maximal neun von österreichweit rund 140 bis 150 Brutpaaren.
Die im Schreiben der EU-Kommission angesprochene hohe Bestandsdichte des Großen Brachvogels ist in erster Linie auf deren Isolierung am Flugplatzgebiet zurück zu führen. Ein weiteres Charakteristikum derartiger Populationen kann ein (auch ohne Fremdeinwirkung) plötzliches Erlöschen sein. Zudem besteht das Vorkommen erst seit knapp 15 Jahren. „Auch daher ist eine Ausweisung nur aus diesem Gesichtspunkt als Schutzgebietsstrategie nicht dauerhaft aussichtsreich“, betont der Experte.
Zu einem ganz klaren Schluss kommt das Gutachten schließlich bezüglich der immer wieder vorgebrachten angeblichen Gefährdung der Population des Großen Brachvogels durch das geplante Betriebsbaugebiet. Denn dieses verringert in der aktuellen Form von rund 25 Hektar die tatsächlich von den Tieren genutzten Flächen nur am Rande und in geringer Weise. „Eine Veränderung des Brutbestandes ist daher nicht zu erwarten, sodass die angestrebte Koexistenz beider Vorhaben – Naturschutzgebiet und Betriebsgebiet – möglich ist", lautet die Analyse von Kutzenberger.
Zu diesen Erkenntnissen kommt noch die klare Aussage der EU-Kommission, dass laut Vogelschutzrichtlinie definitiv keine Mindestgröße für Schutzgebiete vorgeschrieben sei. „Wenn nun statt 100 nur 75 Hektar zum Schutzgebiet erklärt werden, so sind das immer noch mehr als acht Hektar pro Brachvogelpaar und somit mehr als genug“, rechnen Koits, Lehner und Rabl vor und fügen hinzu: „Auch wenn es für die EU-Kommission keine Rolle spielen mag: Im Rahmen unserer Möglichkeiten werden wir auch weiterhin alles tun, damit durch das geplante Betriebsbaugebiet Arbeitsplätze gesichert oder gar neu geschaffen werden können. Denn wir sind dem Wohle der Stadt Wels verpflichtet.“




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