Wer nichts zahlt, muss raus in die Kälte
Nicht zur Nachmittagsbetreuung angemeldete Welser Schüler müssen mittags aus dem Gebäude.
WELS. Es ist Mittagspause in der Neuen Mittelschule 8 in Lichtenegg. Wessen Eltern keine Nachmittagsbetreuung gebucht haben, der muss jetzt für 50 Minuten das Schulgebäude verlassen. Bei warmen Temperaturen lässt sich diese Zeit genießen, die Schüler holen sich etwas zu essen oder verspeisen ihre Jause auf einer Bank im Freien. "Aber im Winter ist das nicht immer so lustig. Sie kaufen sich was beim nächsten Supermarkt und lungern dort herum. Es kann nicht sein, dass man die Kinder jedes Mal ins Kaffee- oder Wirtshaus schickt. Dafür sind sie zu jung!", sagt die Mutter eines Schülers der NMS 8. Ihr Sohn hat drei Mal pro Woche Nachmittagsunterricht. Wie für viele andere genügen die 50 Minuten nicht, um zum Essen heimzufahren.
"Nicht doppelt und dreifach"
Daher wünscht sich seine Mutter, das Betreuungsangebot an der Schule flexibel nutzen zu können. Er benötigt dreimal pro Woche ein Mittagessen plus eine Aufsichtsperson für diese Zeit. Doch die Nachmittagsbetreuung müsste jeweils für den gesamten Tag bezahlt werden. 70,70 Euro monatlich plus 3,90 Euro pro Mittagessen wäre der Preis hierfür, wobei er durch soziale Staffelung variieren kann. Raus aus der Schule müssen die Kinder in diesen 50 Minuten aus Versicherungsgründen. "Es obliegt der Schule, dabei geht es um die Haftungsfrage. Wenn in der Mittagszeit unbeaufsichtigt etwas passiert, wird ein Schuldiger gesucht. Das ist dann der Schulleiter", sagt Mario Kastner vom Magistrat Wels. Bis vor drei Jahren schickte der Magistrat noch eine Mittagsaufsicht in die Schulen. Seit dem Umstieg auf Nachmittagsbetreuung setzt Wels jedoch auf dieses Format. "Wir können nicht doppelt und dreifach die Kinder betreuen. Das braucht Personal", meint Kastner. Vor Schulbeginn müssen die Kinder daher bis 7.45 Uhr vor dem Gebäude warten.
Keiner sieht sich zuständig
Die Mutter des betroffenen Schülers ist nachmittags zuhause, er benötigt also keine Nachmittagsbetreuung. Sollte sie diese jedoch buchen, damit ihr Sohn das inkludierte Mittagessen und ein Dach über den Kopf bekommt, müsste er bis zum Ende der Betreuung um 16.30 Uhr in der Schule bleiben. Dies und die Tatsache, dass aus dem Angebot nichts "herausgebucht" werden kann, liegt an einem Bundesgesetz, welches im Nationalrat beschlossen wurde. Darauf verweisen Magistrat und das Büro des Landesschulrats. "Die Schule hat sich strikt an das geltende Gesetz zu halten, das keine flexible Einteilung erlaubt", heißt es von letzterem. Dies betrifft in Wels drei Volksschulen, drei NMS und eine Sonderschule.
Hort ist keine Option
Pflichtschulinspektorin Karin Lang verweist auf den Kinderhort, bei dem das Heimgehen am Nachmittag frei einteilbar ist. Bei jenem in Wimpassing, der NMS 8 Lichtenegg am nächsten, gibt es auf Nachfrage jedoch kein Angebot ausschließlich für die Mittagspause. Der Hort sei ohnehin bereits ausgebucht. Dies ist also keine Alternative für die Mutter und den NMS8-Schüler. Sie hat selbst Ideen parat: "Es wäre kein Problem, wenn sie für die Mittagsbetreuung zusätzliche Gebühren einheben. Dafür zahle ich dann gerne. Aber ich zahle sicher nicht für etwas, was ich nicht in Anspruch nehme." Durch eine Mehrbezahlung würde sich, meint sie, die zusätzliche Aufsichtsperson finanzieren lassen. Sie hätte auch angeboten, freiwillig in den 50 Minuten auf die Schüler aufzupassen. Dies ist laut Magistrat ebenfalls aus Versicherungsgründen nicht möglich, da sie hierfür angemeldet und bezahlt werden müsste. Von öffentlicher Seite gibt es für die Mutter und ihren Sohn also keinen passenden Lösungsvorschlag. So müssen er und seine Klassenkameraden im Winter weiterhin den nächsten Supermarkt beehren.
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