Andreas Rabl im Interview
"Sind nach wie vor eine soziale Stadt"

Andreas Rabl lenkt seit 2015 die Geschicke der Stadt Wels. | Foto: Leitner
  • Andreas Rabl lenkt seit 2015 die Geschicke der Stadt Wels.
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Der Welser Bürgermeister Andreas Rabl im Gespräch über die nächsten Vorhaben seiner Amtsperiode, Polit-Kultur und die kommende Nationalratswahl.

Welche Themen stehen bis zur Gemeinderatswahl 2021 noch am Programm?
Erstens: der Ausbau der Kinderbetreuung. Dazu gehört die Neuerrichtung des Kindergartens in der Durisolstraße und in der Pernau, den zweiten dort zu renovieren und teils neu zu bauen. Erklärtes Wahlziel war ja, dass jedes Kind einen Kindergartenplatz bekommt. Zweitens: Erneuerung der Stadtplätze. Als nächstes folgt der Kaiser-Josef-Platz. Drittens: Integration. Das hat viel mit Spracherwerb und dessen Forcierung im Kindergarten zu tun hat. Mehr als 35 Sprachpädagogen sind im Einsatz, 1,3 Millionen Euro wurden investiert. Die Aussage der Opposition stimmt also nicht, wir hätten den Integrationsbereich ausgedünnt. Zu prüfen ist außerdem, ob es bei Integrationsverweigerung zur Kürzung von Sozialleistungen kommen kann. Viertens: Naherholung und Verkehr. Neuschaffungen und Sanierungen von Parkanlagen sind voll im Laufen. Es braucht Kommunikationsräume, vor allem im Sommer. Hierfür haben wir so viel Geld wie nie zuvor freigemacht. Beim Verkehr setzen wir voll auf Radverkehr. Auch hier gibt es so viele Mittel wie nie zuvor, noch nicht die gewünschten zwölf Euro pro Kopf, nähern uns dem aber langsam an.

Stichwort "Verkehr": Hat Wels Stauprobleme?
Nein. Überhaupt nicht. Im Frühverkehr muss man maximal zwei Ampelschaltungen warten - das ist schon der Super-GAU. Im Grunde sind wir hier bevorzugt. Der Durchzugsverkehr wird über die Autobahn abgeleitet. Trotzdem gehört die Zukunft leistungsfähigen Radstrecken im Stadtgebiet. Radwege durch Doppelnutzung des Gehweges gehören dabei sicher der Vergangenheit an, allein schon durch die höheren Geschwindigkeiten der E-Bikes. Es sind leistungsfähige breite Radwege zu schaffen. Für die Trassenführungen gibt es schon einen genauen Plan. Zur Nutzung bieten sich die ehemaligen Industriebahntrassen mit drei bis fünf Metern Breite an.

Stichwort „Naherholung“: Wie ist der Stand beim Traunufer?
Der Masterplan „Messe“ hat Bestand, wir sind im Zeitplan. Wenn wir aber die alten Messehallen absiedeln, müssen wir uns Gedanken über Ersatz machen. Das Konzept der Messe sieht Hallen auf dem Freigelände im Westen vor, Kosten insgesamt rund 50 Millionen Euro inklusive Parkhaus. Da laufen Verhandlungen mit dem Land. Fragen sind aber auch, ob man das gesamte Ostgelände wegmacht oder nur die Hallen an der Traun. Fixiert ist die Absiedlung des Feuerwehrbootshauses und Ansiedelung von Gastronomie. Da gibt es einen Interessenten. Sonst ist die gemeindeübergreifende Kooperation essentiell, wie Spielplatz und Badeplatz auf der flachen Thalheimer Seite. Die Nachnutzung des Ostgeländes steht außer Frage, der Volksgarten wird erweitert werden.

Es heißt, Blau-Schwarz betreibe „Umverteilungspolitik unter dem Diktat der Wirtschaft“…
Wir haben viele Förderungen – auch für die Wirtschaft – zugunsten der Budgetsanierung reduziert oder abgeschafft. Aber wir sind nach wie vor eine soziale Stadt, haben bei den Sozialunterstützungen nicht gespart. Wir haben Sozialreinrichtungen zusammengeführt, baulich erneuert und teils sogar ausgebaut, wie die Drogenberatungsstelle. Das Streetwork wurde reduziert, weil das Land die Mittel dafür gekürzt hat und wir das nicht auffangen können. Es gibt bereits viele Bereiche, die wir mit Eigenmitteln bestreiten müssen. Überall einspringen übersteigt aber unsere finanzielle Leistungsfähigkeit. Für mich persönlich ist da die Kinderbetreuung das vorrangigste sozial- und frauenpolitische Projekt.

Wieso ist man dann nicht bei der Nachmittagsbetreuung eingesprungen, so wie Linz?
Auch das ist eine Frage der finanziellen Leistungsfähigkeit. Wir haben diese Zusatzbelastung abgefedert, wenn auch nicht völlig. Es ist aber auch ein Beispiel dafür, warum wir in den schwarzen Zahlen sind und Linz nicht.

Was sind Ihre drei persönlichen Highlights seit der Amtsübernahme?
Sicherlich die Ansiedelung der Polizeischule, Aufstockung der Polizei und damit mehr Sicherheit in Wels. Dann die wesentliche Erhöhung der Plätze in Krabbelstuben und Kindergärten. Und die Magistratsreform, verbunden mit der Budgetsanierung.

Thema „Sicherheit“: Hat Wels nun ein Gewaltproblem?
Die Frage ist, ab wann man von einem Problem spricht. Wenn es eins gegeben hat, wurde es merklich reduziert, laut Statistik sind es jedes Jahr weniger Vorfälle, während zum Beispiel Linz und Steyr Zunahmen verzeichnen. Wir führen das natürlich auf Maßnahmen wie die Videoüberwachung zurück. Und auch die Verlegung der Polizeiinspektion an den KJ wird sicherlich förderlich sein.

Die Opposition kritisiert eine geänderte Politkultur durch weniger Einbindung, in FPÖ-Reihen spricht man von „dominanter One-Man-Show“…

Wir haben eine Konzentrationsregierung, in der 88 Prozent der Wähler vertreten sind. Und wir versuchen, die Grünen und Neos, soweit als möglich, miteinzubeziehen. Immerhin haben sie in den Ausschüssen einen Sitz, das ist nicht selbstverständlich. Hervorzuheben ist: „Transparency International“ stellt uns ein gutes Zeugnis aus, im nächsten Bericht wollen wir es sogar unter die Top drei schaffen. Die „One-Man-Show“ liegt wohl im Amt begründet; ein Bürgermeister gibt Linien vor. Ich sehe es als Aufgabe, mir Gedanken über den Weg einer Stadt zu machen und ihn umzusetzen und zu argumentieren – ob in meiner Partei oder in anderen. Das ist mein Amtsverständnis, das sich aus der Direktwahl durch die Bürger ableitet.
Campierverbot am Messeareal – Etikettenschwindel und gegen Roma & Sinti gerichtet?
Nein. Auch schon die erste Verordnung war ein generelles Verbot, alles andere wäre sofort diskriminierend gewesen. Es ist kein Etikettenschwindel, weil das Thema „Campen“ in Wels ein generelles ist. Und zum viel geforderten Campingplatz ist deutlich zu sagen: Wir hätten ihn ja schon längst gemacht, weil die Gegebenheiten hinter der Eislaufbahn ja gut geeignet sind. Doch die Campingplatzverordnung des Landes sieht vor, dass es dann dort eine 24-Stunden-Rund-um-die-Uhr-Betreuung zu geben hat. Es bräuchte dann fünf ständige Mitarbeiter, wohl wissend, dass wir nicht die Mega-Camping-Destination sind und es nur für vereinzelte Wohnmobilfahrer auf der Durchreise relevant wäre. Und da stehen die Kosten einfach nicht dafür. Tatsache ist aber auch, dass wir mit dem Campieren der Roma und Sinti durchaus zahlreiche dokumentierte Vorfälle haben, die zeigen, dass es so nicht weitergeht.

Zum Abschluss: Ihre Prognose zur NR-Wahl?
Ich glaube, dass die ÖVP die Wahl gewinnen wird. Ihr Vorsprung ist sicher uneinholbar und ich sehe keine Themen mehr, die die Stimmung kippen könnten. Den prognostizierten Totalabsturz der FPÖ wird es nicht geben, ich rechne mit über 20 Prozent.

Wird sich Schwarz-Blau ausgehen und sollte es das?
Rechnerisch ja, die Frage ist aber, ob die bevorzugte Koalitionsvariante für die ÖVP nicht eher Schwarz-Grün ist, weil die Grünen sicher ein angenehmerer, weil schwächerer Partner sind. Zudem ist der Umweltgedanke auch in breiten Teilen der ÖVP zu finden. Und die ÖVP hat sich bei der strikten Integrations- und Sicherheitspolitik der FPÖ schon schwerer getan.

GR-Wahl 2021: Der blaue Sieg 2015 wurde getragen von „Mut zur Veränderung“, der Erstarrung unter der SPÖ und den Skandalen. Wie groß ist die Chance auf Wiederholung?
Wir haben ein klares Ziel: Erstens das Bürgermeister-Amt zu halten, zweitens stärkste Partei zu bleiben. Das wird schwierig genug und funktioniert nur, wenn man durch seriöse Arbeit überzeugt. Ich meine schon, dass die Welser bemerken, dass sich in der Stadt manches positiv verändert hat. Für jeden etwas anderes, aber wenn sie insgesamt weiter die Veränderung wollen, dann wissen sie, wen sie wählen müssen, weil nur das garantiert Kontinuität. Alles andere sind Experimente.             Das Interview führte Mario Born

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