Im Porträt: Johann Pfaff
Ältester Fischlhamer feiert seinen 100. Geburtstag

Ein besonders ertragreiches Jahr wie 2019 lässt Johann Pfaff immer in Bildern festhalten. | Foto: Christina Gärtner
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„Wir haben von Früh bis Spät gearbeitet, damit es unseren Kindern einmal besser geht“, sagt Johann Pfaff über sein Leben, das geprägt war von viel harter Arbeit und wenig Freizeit.

FISCHLHAM. Johann Pfaff kam am 21. Dezember 1920 in Vukovar als fünftes Kind – und erster Sohn - der Eheleute Anton und Rosine Pfaff (geborene Hutz) zur Welt. Johann verlor seine Mutter 1921 und die damals neunjährige Schwester Theresia. Beide starben an Thyphus, nachdem sie auf dem Heimweg von der Feldarbeit Wasser an einem Bach getrunken hatten. Schon im März 1922 heiratete der Vater erneut. „Was hätte er machen sollen mit uns Kindern? Aber es war schwer für uns“, erinnert sich Johann Pfaff. In dieser zweiten Ehe mit Anna (geborene Prieslinger) wurden die Halbgeschwister Apolonia und Anton geboren.

Glück zum Kriegsende

Nachdem Johann Pfaff sechs Jahre die deutsche Volksschule in seinem Geburtsort besuchte begann er 1933, am elterlichen Bauernhof zu arbeiten, bis ihn das kroatische Militär zur Stellung holte. Am 18. Jänner 1942 trat er 21-jährig seine Militärzeit beim Deutschen Heer an. Mit viel Glück war Johann Pfaff einer der Letzten, dem der Grenzübertritt zu Kriegsende bei Unterdrauburg gelang. „Am 4. April 1945 war meine Einheit in Sarajevo. Von hier ging es nach Visoko, Zenica, Maglaj, Doboj und Derventa nach Slavonski Brod. Am 12. April 1945 habe ich den Fluss Save überquert. Von hier sollten wir nach Vukovar. Die Deutschen hatten die Stadt an diesem Tag aufgegeben, weshalb wir Richtung Deutschland gehen mussten. Wir gingen über Casma, Gradiske, Dugoselo und Celje Richtung Grenze. Das Gebiet war von den Partisanen eingenommen und es kam zu Kämpfen, in denen etliche Kameraden ums Leben kamen. Ab Slavonski Brod hatten wir kein Benzin mehr und wir mussten die Fahrzeuge mit den verbliebenen Vorräten stehen lassen. In Dugo Selo bekamen wir in einer Mühle noch Mehl und konnten in einem Privathaus Brot backen. Der Aufbruch Richtung Grenze begann um vier Uhr Früh – das Brot war aber erst um acht Uhr fertig. Ich blieb deshalb im Haus und wartete, bis es fertig war, folgte meiner Einheit und verteilte es. Tausende waren den gleichen Weg gegangen und haben um Essen gebettelt. Wir haben Celje am 10. Mai 1945 um 17.30 Uhr erreicht. Da das Ende des Krieges bereits zwei Tage zuvor ausgerufen worden war, gaben wir unsere Waffen ab. Am 12. Mai 1945 kamen wir um neun Uhr zum Grenzposten. Der Partisane, der uns kontrollierte, hat uns durchgewinkt und wir konnten Richtung Klagenfurt weitergehen. Später habe ich von einem Nachbarn in Lindach gehört, dass es ab Mittag kein Durchkommen mehr gab. Alle wurden Richtung Belgrad getrieben, viele von ihnen starben. Ich hatte wirklich Glück“, erzählt Johann Pfaff.

Neue Heimat

Aus der darauffolgenden englischen Gefangenschaft in St. Veit an der Glan wurde er am 21. Jänner 1946 entlassen. Er schlug sich nach Oberösterreich durch, wo seine Eltern seit Dezember 1944 mit der Halbschwester wohnten. Ihre Flucht beendeten die beiden bereits verheirateten Schwestern Anna und Maria an anderen Orten, Halbbruder Anton überlebte diese nicht. Zwischen 1946 und 1953 arbeitete Johann Pfaff auf verschiedenen Bauernhöfen im Gemeindegebiet von Schwanenstadt. Nach der Hochzeit mit Maria Medved am 30. Mai 1953 – nur zwei Monate nach dem ersten Kennenlernen - pachteten die Jungvermählten in Niederholzham in der Gemeinde Oberndorf ein Haus mit Bierausschank. Starthilfe für die Selbständigkeit war ein Schwein, das sie zur Hochzeit geschenkt bekommen haben. In diesem Haus kam am 22. Jänner 1954 Sohn Johann zur Welt. Tochter Maria wurde am 22. September 1955 in der Klinik in Schwanenstadt geboren. Der jüngste Sohn Anton erblickte am 27. März 1958 in der Lambacher Klinik das Licht der Welt. Zu dieser Zeit war die Familie bereits in Laimberg in der Gemeinde Edt bei Lambach zu Hause. Die Eheleute bewirtschaften diesen Grund von 1956 bis 1962. Die meiste Zeit nur mit Unterstützung zweier Pferde. 1960 dann mit dem ersten Traktor. Von hier zog die Familie nach Lindach aufs „Haberger-Gut“ in der Gemeinde Laakirchen. 1969 stand der Hof zum Verkauf. Da keines der drei Kinder eine Zukunft in der Landwirtschaft sah, wurde schweren Herzens die Entscheidung getroffen, den Hof aufzugeben.

Angekommen in Fischlham

Im November 1971 erwarb Johann Pfaff in Fischlham den „Leitenbauer“. Zum ersten Eigentum gehörten ein Joch Grund und ebenso viel Wald. Es wurden Obstbäume gesetzt, ein großer Gemüsegarten angelegt, Beeren gepflanzt und Kleintiere wie Hühner, Truthähne oder Enten gehalten. Die Waren wurden von Johann und Maria Pfaff am Welser oder an eine Händlerin für den Gmundner Wochenmarkt verkauft. „Wir haben von Früh bis Spät gearbeitet, damit es unseren Kindern einmal besser geht“, sagt Johann Pfaff über ein Leben mit wenig Freizeit und harter Arbeit. Die einzige große Urlaubsreise unternahm das Ehepaar 1999 mit der Familie des ältesten Sohnes nach Tunesien. Der rüstige 100-Jährige lebt noch heute im Haus in Fischlham und versorgt sich – mit Unterstützung – größtenteils selbst. Hier kümmert er sich mit großer Liebe um die Weinreben und Pfirsichbäume. Wenn es das Wetter erlaubt, geht er täglich mit seinen beiden Katzen spazieren. Über das aktuelle Geschehen bleibt er durch TV-Nachrichten und Zeitungslektüre informiert. Mit seiner Frau Maria waren ihm 66 gemeinsame Jahre vergönnt. Sie hat noch bis Februar 2019 den gemeinsamen Haushalt geführt. Ab dann lebte sie nach einem Sturz im Pflegeheim in Lambach, wo sie heuer im Februar 2020 verstarb.

Corona verhindert Feier

Seit Jahren fiebert der Jubilar seinem Hunderter entgegen. Jetzt verhindert die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Auflagen eine Feier nach seinem Geschmack. Seine drei Nichten, die mit ihren Familien in Deutschland leben, können nicht einreisen. Selbst eine Zusammenkunft der Kernfamilie ist aufgrund der derzeit gültigen Vorgaben nicht möglich. Deshalb bleibt ihm zu wünschen, dass er sich noch langer so guter Gesundheit erfreut, um die Feier hoffentlich im Frühling nachholen zu können.

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