Winter im Sellraintal
Des Jägers Herz für seine Tiere

Eines der beeindruckendsten Bilder des Jahres: Jagdaufseher Clemens Ruetz bei der Bergung eines Rehbocks!
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  • Eines der beeindruckendsten Bilder des Jahres: Jagdaufseher Clemens Ruetz bei der Bergung eines Rehbocks!
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Eine Rehwildbergung wurde im Sellraintal durch ein "hundertjähriges Neuschnee-Ereignis" notwendig. Im Bereich der Zirmbachalm konnten nach den extremen Neuschneemengen Anfang Dezember sechs Rehe in einer mehrstündigen Bergeaktion aus meterhohen Schneemassen gerettet werden.

Frau Holle im Ausnahmezustand

Zwischen Freitag dem 4. Dezember und Sonntag dem 6. Dezember gab es nicht nur in den Südstaulagen Osttirols rekordverdächtige Neuschneemengen. Auch im Sellraintal schneite es unaufhörlich — innerhalb von 36 Stunden fielen 125 cm Neuschnee.  Zuletzt gab es im Sellraintal im Jahre 1910 derart viel Neuschnee in einem so kurzen Zeitraum!

Wildlebensräume nach Jahreszeiten

Im Winter sind die Rehe des Sellraintales bei einer Schneedecke nur mehr unter der Waldgrenze anzutreffen, während sie im Sommer auch in schneearmen Herbst- oder Frühwintermonaten bis nach Kühtai vordringen. So geschehen auch in diesem Winter: Bis zum 04.12. lag kaum Schnee bis Kühtai. Die Tiere waren noch unterhalb des Passes im Bereich der Zirmbachalm auf 1800m unterwegs,  als sie von einer unglaublichen Schneefallintensität überrascht wurden. Innerhalb von 12 Stunden schneite es 80 cm und in den darauffolgenden 24 Stunden noch einmal 45 cm!

Eingeschneit

Mehr als genug für die kleinen Wiederkäuer, um im tiefen, lockeren Neuschnee festzustecken und in der "weißen Hölle gefangen zu sein". Als am Montagabend die ersten Jäger des Gebietes Zirmbachalm nach dem Freifräsen der Straße wieder den Jagdschutz aufnehmen konnten, wurden die Rehe gesichtet und die Kollegen der angrenzenden Jagd St. Sigmund informiert.
Anton Steuxner, Jagdpächter des Reviers Zirmbachalm, schildert die Situation: „Die Rehe konnten weder vor noch zurück. Manche waren durch den Kampf mit den Schneemassen derart erschöpft, dass sie kaum ein Lebenszeichen mehr zeigten.“

Große Freude nach jeder Tierrettung für Jung und Alt. Den Tieren wurden lediglich mit einem T-Shirt die Augen verbunden, damit sie ruhig bleiben.
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  • Große Freude nach jeder Tierrettung für Jung und Alt. Den Tieren wurden lediglich mit einem T-Shirt die Augen verbunden, damit sie ruhig bleiben.
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Die Bergung der Tiere

Die St. Sigmunder Jägerschaft rückte am Dienstagmorgen mit Tourenski aus, um insgesamt sechs Geißen, Böcke und Kitze lebend zu bergen. „Bei den Schneemassen war die Rettung der sechs Tiere im Grunde eine leichte Aufgabe.“, sind sich die beiden „Reh-Bergretter“ Clemens Ruetz, Jagdaufseher des Reviers St. Sigmund und sein Bruder Lukas einig. „Die Tiere kamen kaum voran und einige schienen auf ihre Rettung gewartet zu haben. Nur die Spurarbeit mit den Tourenski durch den metertiefen Neuschnee stellte eine konditionelle Herausforderung dar. Mit vereinten Kräften aller Beteiligten konnten wir sie zur eineinhalb Kilometer entfernten und 300 Höhenmeter tiefer gelegenen Wildfütterung bringen – wo der Schnee tags zuvor mit einer Helfertruppe niedergetreten wurde.“

Dem sicheren Tod geweiht

Ruetz findet auch klare Worte zum Schicksal der Tiere ohne die Hilfeleistung: „Für die Rehe hätte die Gefangenschaft im weißen Verlies den sicheren Tod bedeutet. Unsere Aufgabe als Jäger ist nicht nur die Reduktion und die Erhaltung des Wildbestandes im Sinne einer ökologischen Ausgewogenheit, sondern vor allem auch die Hege des Wildes. Die Jagd ist ein essentieller Teil unserer Gesellschaft und Kulturlandschaft – verantwortlich für die Versorgung von Wildtieren, die durch die extrem dichte Besiedelung des Alpenraumes nicht mehr in ihre ursprünglichen Winterlebensräume in den früheren Auenlandschaften der tiefen Täler abwandern können. Die Alpen sind in den Tälern teilweise so dicht besiedelt wie die großen Ballungszentren Europas.“

Dringender Appell

Der passionierte Tierfreund richtet auch einen dringenden Appell an alle Wintersportler und Naturliebhaber: „Die derzeit großen Schneemengen in Teilen Tirols bedeuten eine drastische Lage für unsere Wildtiere! Ruhe ist jetzt das Um auf Auf! Bitte nehmt Abstand von Wildfährten im Schnee und beachtet lokale Wildruhezonen. Fütterungsgebiete sollen unbedingt großräumig umgangen werden.“ Wer auf Wild triff, soll am besten ruhig stehen bleiben und abwarten – keinesfalls die Tiere verfolgen. Wildbergungen sind Profis mit Vorwissen über das Verhalten der Tiere vorbehalten. Sollte jemand ein Wildtier in einer echten Notlage entdecken, meldet man das am besten im nächsten Gemeindeamt oder bei der zuständigen Polizeidienstelle. Von dort aus wird das Jagdschutzpersonal informiert."

Happy End

Die bezirks- und revierübergreifende Aktion wurde übrigens auch von nachhaltigem Erfolg gekrönt: Inzwischen konnten die Tiere regelmäßig und wohlauf wieder im Nahbereich der Fütterung gesichtet werden. „Im nächsten Frühling werden sie sicher wieder in ihren Sommer- und Herbstlebensraum bei der Zirmbachalm zurückkehren können. Dann hoffentlich ohne einen Wintereinbruch diesen Ausmaßes.“, resümiert der gesamte "Wildrettungs-Trupp"!

Weitere Berichte: www.meinbezirk.at/westliches-mittelgebirge

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