Macht und Kontrolle
Buchpräsentation von ZIB2-Moderator Martin Thür im Wiener Thalia
- hochgeladen von Oliver Plischek
Martin Thür kennt man in der österreichischen Medienszene als profunden Investigativjournalisten und akribisch fragenden ZIB 2-Moderator, jetzt hat der aus St. Pölten stammende Journalist ein Buch geschrieben: „Macht und Kontrolle – Wie Journalismus Macht kontrolliert und wann er daran scheitert“. Die Buchpräsention fand im Wiener Thalia-Mitte statt, in Form eines spannenden Gesprächs mit dem ehemaligen Profil-Chefredakteur Herbert Lackner. Dieser konfrontierte ihn leicht ironisch mit dem Attribut „Babler-Macher“. Tatsächlich hat Thür – „sitzend in Jogginghosen vor dem Fernseher“ – erkannt, dass beim Ergebnis der SPÖ-Kampfabstimmung zwischen Babler und Doskozil eine Stimme fehlte. Ein dementsprechender Tweet führte dazu, dass die Stimmen am Tag danach neu ausgezählt wurden. Dadurch stieß man auf einen viel folgenschwereren Fehler: Eine Person hatte die Zahlen verkehrt in die Excel-Tabellen eingetragen. Der neue Parteiobmann hieß somit Babler und nicht Doskozil.
Sein Job sei es, „Fakten auf den Tisch zu legen“, so Thür im Gespräch mit Lackner. Gebracht wird, was man beweisen kann. Thür verweist dabei auf den ehernen journalistischen Grundsatz „Check. Recheck. Doublecheck.“ Bei der Babler-Causa hätte man theoretisch schon zu Mittag in die mediale Öffentlichkeit gehen können, eine einzige Quelle reichte allerdings nicht aus zur Einhaltung der journalistischen Sorgfalt. Leider würden sich immer öfter klickgesteuerte Online-Medien über dieses Prinzip hinwegsetzen.
Die durch den digitalen Umbruch finanziell schwer angeschlagenen Tageszeitungen stehen vor einem nicht immer transparenten Balance-Akt. Einerseits sollen sie als „vierte Gewalt“ die Mächtigen kontrollieren und politische und wirtschaftliche Missstände aufdecken, andererseits sind sie von Inseraten und Förderungen abhängig. Thür selbst „kann mit Blattlinien nichts anfangen“, die Redaktion müsse unabhängig vom Eigentümer agieren können. Bei der Washington Post wurde zuletzt gegen dieses Prinzip verstoßen. Deren Eigentümer, der Amazon-Gründer Jeff Bezos, ließ eine Wahlempfehlung der Redaktion für Kamela Harris zurückziehen, er selbst ist erklärter Trump-Unterstützer und war Gast bei seiner Amtseinführung.
Thür ist neben seiner Tätigkeit als ZIB 2-Moderator ständig mit längeren Recherchen beschäftigt, und das auch medienübergreifend wie im bewährten Team ORF, Standard und Profil. Grund der Kooperationen ist nicht nur die Komplexität der Sachverhalte, sondern das zunehmende personelle Ungleichgewicht zwischen den Redaktionen und den PR- und Kommunikations-Teams der Politiker, Ministerien und Unternehmen. Die internen Quellen ergeben sich je nach Fallkonstellation, das können enttäuschte Ex-Parteimitglieder, aber auch Aktivisten und Anwälte sein. Informanten können sich auch aus früheren Bekanntschaften ergeben wie beim Watergate-Skandal: Journalist Bob Woodward hatte den „Spitzel“, FBI-Ermittler Mark Felt (aka „Deep Throat“) als Marineoffizier im Weißen Haus kennengelernt. Entscheidend sei für Thür, dass er die Motive der Informanten kenne und dass die übermittelten Informationen verifiziert werden können.
Dass die gesamte Politik korrupt sei und sich nur selbst bereichern wolle, das verneinen Thür und Lackner unisono. Umgekehrt herrsche seitens der Bürger ein „legerer Umgang“ mit Korruption. Dies betreffe nicht nur die versuchte Einflussnahme bei Postenbesetzungen oder diversen behördlichen Genehmigungen, sondern auch den scheinbar rechtmäßigen Hausbau per Schwarzarbeit. Vielleicht auch ein Mitgrund, warum die politische Rücktrittskultur in Österreich sehr mäßig ausgeprägt ist…
www.oliverplischek.at
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