Eigene Terror- und Cybercrime-Abteilung
Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt zog Bilanz
WIENER NEUSTADT (Red.). Im Jahr 2022 gab es einige organisatorische Änderungen bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt. Einerseits wurde die Anzahl der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die mit der Bearbeitung von Strafsachen im Zusammenhang mit Gewalt im sozialen Nahraum befasst sind, erhöht, andererseits wurden zwei Abteilungen geschaffen, die auf terroristische Straftaten (§§ 278b -g, 282a, 247a und b StGB) spezialisiert sind, um in beiden Bereichen aufgrund der zu erwartenden Konzentration der spezifischen Expertise der Kolleginnen und Kollegen eine fokussierte und zügige Verfahrensführung zu gewährleisten.
Weiters wurde zum Ende des Geschäftsjahres 2022 entsprechend den Vorgaben des Bundesministeriums für Justiz eine Kompetenzstelle „Cybercrime“ geschaffen, die als Anlaufstelle für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie für die Bezirksanwältinnen hinsichtlich rechtlicher und technischer Fragen im Zusammenhang mit Cybercrime-Delikten dienen, spezifisches Wissen vermitteln und gleichzeitig als Sammelstelle für Schulungsunterlagen, Leitfäden, Muster und als Monitoringstelle für Cybercrime-Phänomene fungieren soll. Damit soll den zunehmenden Herausforderungen durch die stetig anwachsende Zahl an auch komplexen Cybercrime-Straftaten Rechnung getragen und durch eine gewisse Spezialisierung erfolgversprechende Ermittlungsansätze gesucht und eine effiziente, zielgerichtete Verfahrensführung gefördert werden.
Sämtliche beschriebenen organisatorische Änderungen wurden bei
unveränderter personeller Ausstattung umgesetzt.
Neueingänge:
Insgesamt wurden bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt im vergangenen Jahr mehr Fälle registriert als 2021. Bei den in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fallenden Straftaten (St-Bereich) konnten wir einen deutlichen Anstieg von 13% von 3122 auf 3537 Verfahren für das Jahr 2022 feststellen; auch bei den in die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes fallenden Straftaten (BAZBereich) stieg der Anfall mit 13070 gegenüber 11719 Verfahren im Jahr 2021 signifikant an, also ebenfalls über 10%. Die Anzahl der Verfahren gegen unbekannte Täter ist im Bereich der in die Zuständigkeit der Landesgerichte fallenden Taten gegenüber dem
Vorjahr sogar um mehr als 27% angestiegen, und zwar von 3304 auf 4210. Etwa gleich blieb der Bereich der Rechtshilfe, und mit 201 Verfahren in 2022 gegenüber 206 Verfahren im Jahr 2021.
Zusammengefasst zeigt sich daher, dass die Anzahl der Anzeigen von gerichtlich strafbaren Handlungen im Sprengel der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt im Jahr 2022 deutlich gestiegen ist, was unter anderem auf den Wegfall der meisten Corona-Maßnahmen und der Reisebeschränkungen zurückgeführt werden kann.
Ermittlungstätigkeit
Im Rahmen der Ermittlungstätigkeit kam es im Jahr 2022 auch zu einem merkbaren Anwachsen des Ermittlungsaufwandes. Die Zahlen stiegen besonders deutlich im Bereich der Festnahmeanordnungen (209 gegenüber 181 im Jahr 2021), der molekulargenetischen Sicherstellungsanordnungen (von 148 auf 163 im Jahr 2022). Die Zahl der erlassenen Europäischen Haftbefehle hat sich sogar verdoppelt ( von 19 auf 38).
Wegen des höheren Anfalls im BAZ-Bereich war für 2022 auch hier ein Anstieg betreffend Hausdurchsuchungen (45 gegenüber 34 im Jahr 2021), Bankauskünfte (21 gegenüber 5 im Jahr 2021) und Kontoregisterabfragen (74 gegen 55 im Jahr 2021) festzustellen. Die Notwendigkeit von Rechtshilfeersuchen an das Ausland hat sich mehr als verdoppelt (26 gegenüber 12 im Jahr 2021).
Deutlich zugenommen hat der Ermittlungsaufwand im ebenfalls wachsenden Ut-Bereich. Dort steigerte sich die Anzahl von Anordnungen auf Bekanntgabe von Stamm- und Zugangsdaten (25 gegenüber 17 im Jahr 2021), der Bankauskünfte (14 gegenüber 8 im
Jahr 2021) und der molekulargenetischen Untersuchungen (181 gegenüber 113 im Jahr 2021) merklich.
Aus der Erhöhung des gesamten Anfalls und dem weiter steigenden Ermittlungsaufwand ist erkennbar, dass die Verfahren komplex und umfangreich bleiben, und die Personalsituation vor allem im Hinblick auf die nunmehr ausgebauten Spezialzuständigkeiten bei Gewalt im
sozialen Nahraum, Terrorismusbekämpfung und Cybercrime (siehe dazu die Ausführungen zu den organisatorischen Änderungen) angespannt bleibt.
Verfahrenserledigung
Im Geschäftsjahr 2021 wurden von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt von den in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fallenden, gegen bekannte Täter geführten Verfahren im
vergangenen Jahr 3531 Verfahren zum Abschluss gebracht (3120 im Vorjahr). Es wurden 158 Anklageschriften und 875 Strafanträge erhoben. Die Zahl der diversionellen Erledigungen ist mit 154 leicht gestiegen. 1378 Verfahren wurden eingestellt. Die Zahl der anhängig verbliebenen Verfahren im St-Bereich ist im Vergleich zum Vorjahr in etwa gleich geblieben.
Im BAZ-Bereich wurden 1012 Strafanträge eingebracht (891 im Jahr 2021) und 1539 Verfahren mit Diversion beendet (1492 im Jahr 2021).
Die Zahl der offenen Verfahren ist im BAZ-Bereich – trotz des höheren Anfalls - noch einmal von 428 auf 412 gesunken.
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