Interview mit Wiener Neustadts SP-Chef und 2. Vizebürgermeister Rainer Spenger
"Mit allen reden können, aber politisch Flagge zeigen"
Eine Straße ist nicht links oder rechts oder rot oder grün, sondern die ist grau und sie ist notwendig oder nicht notwendig.
Rainer Spenger
WIENER NEUSTADT. Die Bezirksblätter luden den Wiener Neustädter SPÖ-Vorsitzenden Rainer Spenger (50) zu einem Kaffee-Gespräch in die Redaktion ein. Im Gegensatz zu einem seiner Vorgänger, Bernhard Müller, nahm Spenger keinen Kuchen mit, sondern plausible Erklärungen, ehrgeizige Pläne und jede Menge Politerfahrung.
Haben Sie die Corona-Pause privat und politisch genutzt?
Rainer Spenger: Man musste das Beste aus der Situation machen. Man musste die Situation akzeptieren. Ich habe die Vorteile rausgeholt. Ich habe noch nie vorher so viel Zeit mit meiner Partnerin und Familie verbracht, war auch herausfordernd mit Homeoffice und Homeschooling, aber trotzdem eine schöne Zeit. Politisch war es für mich die Möglichkeit, nach sehr intensiven ersten Wochen wieder ein wenig herunter zu kommen und das Geschehene zu konzeptionieren. Das einzig Negative war, dass ich auf der Waage etwas zugelegt habe...
Im Gegensatz zu Ihren Vorgängern haben Sie einen starken Medienauftritt, vor allem auf Facebook. Was erhoffen Sie sich davon?
Ich komme ja aus der Medienbranche, habe das studiert und auch lange genug praktiziert. 2020 kannst Du ohne soziale Medien und soziale Vernetzung nicht mehr reüssieren. Wir sind da als SPÖ eh sehr weit hinten dran und haben jetzt einen riesigen Aufholbedarf. Es war in der Corona-Zeit, wo Du keine Veranstaltungen und keinen politischen Diskurs hattest, natürlich auch eine Möglichkeit, einen gewissen Bekanntheitsgrad aufzubauen und mit den Menschen in Dialog zu treten. Es gilt jetzt dran zu bleiben und meine Mitstreiter mitzureißen, sich auch eine Community aufzubauen. Es muss aber beides geben, es kann nicht nur die Onlinewelt geben. Wir müssen auch 'analog' wieder unterwegs sein. Also rausgehen in die Vierteln, wo es auch manchmal weh tut.
Links, ganz links oder eher die "Doskoschil'sche" Richtung? Wie legen Sie es an, um möglichst viele SPÖ-Wähler ins Boot zu holen?
Die Kunst ist es, alle unter einen Hut zu bringen. Mein Vorteil ist es, dass ich schon Funktionäre und Mitstreiter lange kenne und egal ob sie links oder rechts sind, mit allen sehr gut bin, also Brücken bauen kann parteiintern. Und grundsätzlich habe ich zu dem Thema einen sehr pragmatischen Zugang. Links - rechts ist für mich insbesondere in der Kommunalpolitik überhaupt keine Entscheidung. Eine Straße ist nicht links oder rechts oder rot oder grün, sondern die ist grau und sie ist notwendig oder nicht notwendig. 90 Prozent der Beschlüsse im Gemeinderat fallen eh einstimmig, weil es pragmatische Entscheidungen sind, da hat eine Ideologie wenig Platz.
Wo hat Ideologie Platz?
Wenn es zum Beispiel zu Aussagen wie zuletzt von Michael Schnedlitz kommt ("FPÖ ist Unkrautbekämpfungsmittel gegen ungezügelte Zuwanderung", Anm. d. Red.), dann musst Du schon politisch Flagge zeigen. Gewisse Aussagen können nicht einfach toleriert werden und es gilt, Stellung zu beziehen.
Also innerhalb der Partei können Sie mit allen reden, wie schaut's mit den bunten Regierungsmitgliedern aus?
Ich kann auch mit allen anderen Parteien reden. Ich glaube, das zeichnet mich auch aus, ich habe da keine Berührungsängste. Sie sind alle demokratisch gewählt und haben alle ihren Zugang, aber ja, es gibt Grenzen, wo ich ihnen dann sagen muss, das geht nicht aus meiner Sicht. Unterstreichen muss man auch, dass wir nur mit der ÖVP ein Arbeitsübereinkommen haben, an dieses fühlen wir uns gebunden.
Gibt es eine Schwerpunkt-Reihenfolge in Ihrer Planung?
Wir haben drei große Themen, die uns in den nächsten fünf Jahren beschäftigen. 1) Das soziale, zum Beispiel Kinderbetreuung. Wir haben 400 Geburten jedes Jahr und einen enormen Zuzug aus dem Umland, hierfür muss man Angebote schaffen. Bei Altenbetreuung und Pflegeheimen ist noch Luft nach oben. Bei diesen klassischen sozialdemokratischen Themen ist es uns wichtig, mit zu entscheiden. Da werden wir im Gemeinderat auch mit eigenen Anträgen kommen. 2) Der Umweltbereich, für diese Aufgabe ist Norbert Horvath als Umweltstadtrat die Idealbesetzung. Mit dem Grün-Thema kann man auch Jugendliche wieder begeistern. 3) Das Sicherheits-Thema. Du musst sicher heimgehen können in der Stadt. Da geht es auch viel um subjektive Sicherheit. Die Menschen sollen sich in Wiener Neustadt sicher fühlen. In diese Thematik werden wir uns auch ordentlich einbringen. Dazu haben wir auch den bekanntesten Wiener Neustädter Security-Chef Harald Fass mit an Bord geholt.
Gibt es schon Erfolge für die "neue" SPÖ zu verzeichnen?
Am Beispiel Breitenauer Siedlung ("Bäume sollten dem Schulausbau weichen, die SPÖ reagierte schnell, u.a. mit Flugblättern an die Anrainer, letztendlich wurden die Bäume gerettet, Anm. d. Red.) sieht man, dass wir mit einem gewissen Druck eine gemeinsame Lösung geschafft haben. Weiters haben wir auch bei den "neuen Parkzeiten" (Kurzparkzonen unter der Woche nur bis 16.30 Uhr gebührenpflichtig, Anm. d. Red.) als SPÖ federführend mitgewirkt.
Steht das endgültige SPÖ-Team?
Unsere Aufgabe ist es, dass wir die Partei wieder auf Vordermann bringen, das ist eine große, nicht einfache Aufgabe, das wird auch nicht von heute auf morgen gehen. Ich habe jetzt wirklich einige im Umfeld, die Gas geben, die motiviert sind, und ich habe auch das Gefühl, dass wir wieder sichtbarer sind. Man merkt und spürt uns wieder. Wir sind wieder unterwegs in der Stadt.
Rainer Spenger im Wordrap:
Welche App können Sie momentan empfehlen?
ligaportal.at
Welche Musik darf auf Ihrer Playlist nicht fehlen?
Tote Hosen, Elton John, Peter Maffay
Ihr liebstes Urlaubsziel?
grundsätzlich Griechenland, Kefalonia
Idole aus Ihrer Kindheit?
Friedl Koncilia (ich habe als Tormann begonnen)
Ihr Traumjob (außer Politiker)?
General Manager des FC Bayern München
Kochen Sie, wenn ja, was am liebsten?
Meine Lebensgefährtin kocht hervorragend, selbst am ehestens Steak mit Gemüse
Ihre Hobbies?
Fußball, Laufen, Lesen (Biographien)
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