Ein Stück Stoff verändert die Welt, ... oder wie der BH zum Synonym für Weiblichkeit wurde.

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Isa Rosenthal, ... eine stille Rebellin mit Visionen.

In den 1920ern hatten Frauen sich zwar vom lästigen Korsett befreit, schnürten ihre Brüste aber mit Bändern ab. Isa Rosenthal hatte das satt. Sie wollte zeigen, was sie hatte – und erfand den modernen Büstenhalter mit zwei Cups und verstellbaren Trägern.

Ein großer Busen ist in den USA der 1920er Jahre out. Hatten sich Jahrzehnte zuvor noch die Frauen eingeschnürt, um ihre Oberweite als eine große Masse hervorzuheben, geben sie sich jetzt betont sportlich. Die Haare kürzen sie sich auf Bubikopflänge, die Füße stecken sie in sportliche Schuhe. Auch die Brust soll flach sein. Sie binden sie mit einer Art Schal am Körper fest, damit sie so wenig wie möglich zu sehen ist.

Ida Rosenthal gefällt das nicht. Die 1886 in Kiew geborene Einwanderin hält zwar viel von der Gleichheit der Geschlechter. Den sportlichen Look ihrer Zeitgenossinnen mag sie auch. Aber dass sich Emanzipation darin zeigen soll, dass Frauen ihre Kurven verstecken, versteht sie nicht. „Why fight nature?“, fragt sie. Warum sollen Frauen mit großem Busen unbequeme Mode ertragen? Eine Frau hat Rundungen und soll sie auch zeigen dürfen.

Und plötzlich hatten Frauen zwei Brüste statt einer großen Masse

Also macht sich Rosenthal an die Arbeit. Zusammen mit ihrer Chefin und ihrem Mann entwickelt die Mitarbeiterin eines Modegeschäftes Kleider, die den Busen formen. Sie arbeitet in die Oberteile zwei „cups“ – Körbchen – ein, die mit einem Steg verbunden sind. Dadurch haben die Trägerinnen nicht nur einen rundlich geformten Busen. Nein, die Brüste sind auch noch geteilt. Damit wendet Rosenthal sich ab vom Design des matronenhaften Korsetts, das den weiblichen Busen als eine große Masse erschienen lässt. So wirken Frauen mit großer Oberweite nämlich immer korpulent. Mit dem Steg in der Mitte sieht der Busen in Rosenthals Augen weniger massig und somit vorteilhafter aus.

Ihre Kundinnen sind begeistert und kaufen ein Kleid nach dem anderen. Das Geschäft floriert. Aber die Kundinnen wollen oft gar nicht die Kleider. Sie wollen den BH. Aha, denkt sich Ida Rosenthal und bastelt weiter. Einen Standard für BHs gibt es zu dieser Zeit noch nicht. Zwar hatte die New Yorkerin Mary Phelps Jacob 1914 das Patent für einen Büstenhalter erhalten, der sehr beliebt war. Auch in anderen Ländern hatten Frauen Patente für dieses Kleidungsstück eingereicht – beispielsweise Christine Hardt 1899 in Dresden. Aber durchgesetzt hat er sich noch nicht.

Isa Rosenthal kümmert sich um „Männeraufgaben"

Rosenthal fügt den Körbchen und dem Steg noch ein Rückenteil und Träger hinzu. Der Clou: Die Träger sind verstellbar, mit einem – heute meist aus Plastik bestehenden – kleinen Halter. Dafür erhält sie 1924 das Patent. Ihr Mann William entwickelt die Standards für die Körbchengrößen A bis D sowie den ersten Still-BH. Ihre Firma „Maidenform“ produziert inzwischen nur noch BHs und eröffnet bald auch Filialen in Südamerika und Europa. 1928 verkaufen sie schon 500.000 Büstenhalter.

Zusammen mit ihrem Mann schafft sie die damals weltweit größte BH-Manufaktur. Bemerkenswert auch: In dieser Beziehung ist der Mann der Kreative, während die Frau sich um das Geld kümmert. Ida ist Managerin und Marketing-Expertin, verhandelt mit Gewerkschaften und führt die Fließbandproduktion in ihren Produktionshallen ein.

1973 stirbt Ida Rosenthal. Bis 1990 bleibt das Unternehmen im Familienbesitz, Rosenthals Tochter Beatrice war schon 1938 in die Firma eingetreten.

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