Wachablöse für Erwin Pröll nach 20 Jahren?

Am 22. Oktober 1992, also vor knapp 20 ½ Jahren, ist Erwin Pröll Landeshauptmann von Niederösterreich geworden und vor rund 32 Jahren in die Landesregierung eingezogen. Kein anderer, amtierender Landeshauptmann ist so lange an der Macht wie er.

Pröll hat in der Vergangenheit die Popularität seiner Partei deutlich übertroffen. Das hängt vor allem mit seinem Image als „starker Mann“ zusammen, was auch in einer demokratischen Republik vielen Menschen gefällt.
In letzter Zeit ist er allerdings zunehmend umstritten geworden – und das nicht nur bei politischen Mitbewerbern sondern auch innerhalb der eigenen Partei.

Der 20. September 2007

Am 20.09.2007 ist der damalige NÖ Landeshauptmann-Stellvertreter Ernest Gabmann senior nach Gablitz gekommen und hat dort rückblickend gleich mehrere bemerkenswerte Aussagen zur absoluten Mehrheit und damit absoluten Macht der ÖVP-NÖ und Erwin Pröll gemacht.

Er hatte damals gemeint, dass man Niederösterreich weiterhin [2008] mit absoluter Mehrheit Schwarz halten müsse, damit die Situation nicht eine wahnsinnige werde und die Handlungsfähigkeit von Regierung und Land nicht blockiert sei.

Am bemerkenswertesten war die auf Jörg Haider bezogene Aussage: „ja, und auf der anderen Seite haben wir in Kärnten einen Unberechenbaren, der - sage ich einmal unter Anführungszeichen ‚einen Wahnsinnigen’, der das macht, was ihm gerade einfällt.“

Nachdem Prölls Ex-Stellvertreter Gabmann 2009 die Landesregierung Richtung Flughafen Wien verlassen und dort 2011 nach dem Skylink-Debakel seinen Vorstandposten aufgeben hat müssen, erweist sich jetzt vor allem seine Aussage über Haider als Bumerang für die Pröll-ÖVP.

Missstände in Niederösterreich, Parallelen zu Kärnten

Fangen wir damit an, dass nicht nur bei der Hypo-Bank Alpe-Adria, sondern auch bei der Hypo-Niederösterreich Spekulationsverluste im Raum stehen. Nachdem die NÖ-Landesregierung die Bücher der Fonds bisher nicht transparent gemacht hat, so ist einmal fix, dass der Bundes-Rechnungshof das Ergebnis der niederösterreichischen Finanztransaktionen um 1 Milliarde Euro unter dem langfristigen Ergebnisziel festhält.
Und, dass – ebenso wie in Kärnten – erst nach jahrelangen (in NÖ 2009-2012), vom eigenen Bundesland ausgehenden Verzögerungen die gerichtliche Aufklärung der Causa in Gang gekommen ist.

Machen wir weiter mit der Thayatalbahn:
Rund 18 Jahre lang (1991-2009) hat sich Erwin Pröll wiederholt und klar zum Ausbau der Thayatalbahn und zur Wiederherstellung der Anbindung ans tschechische Eisenbahnnetz bekannt und sogar eine schriftliche Vereinbarung mit den tschechischen Nachbarn unterzeichnet. Dann hat er urplötzlich eine Kehrtwende gemacht: 2011 war von Ausbau nicht nur keine Rede mehr, sondern Pröll hat die Einstellung der Thayatalbahn und Abtragung der Bahntrasse verkündet.
Der Verein „Neue Thayatalbahn“ hat diese Entwicklung minutiös dokumentiert, inkl. einer Rede Erwin Prölls mit einem Bekenntnis zur Thayatalbahn 2009.

Solch unzureichende Aufklärungsbereitschaft und unvermittelte Kehrtwenden hätten auch einem Jörg Haider zu allen Ehren gereicht!

Widerstand gegen Pröll auch innerhalb der ÖVP wächst

Erwin Pröll genießt den Ruf, besonders machthungrig zu sein und politische Gegner seine Macht bei unerwünschtem Verhalten spüren zu lassen – auch solche innerhalb der eigenen Partei.

Die Anzahl der schwarzen Renegaten ist jedenfalls beträchtlich, wie zum Beispiel:
• Ex-ÖVP-AK-Vizepräsident Alfred Dirnberger kritisiert das „System Pröll“ frontal und unterstützt dieses Mal Sepp Leitner und die SPÖ
• Ernest Gabmann junior und Karin Prokop – beide Kinder ehemaliger ÖVP-Landeshauptmann-Stellvertreter – sind bei Frank Stronach an Bord
• Ex-VP-Stratege Robert Moser hat die Mutbürgerpartei mitbegründet

Sicherlich steht eine klare Mehrheit der ÖVP-Basis noch hinter Pröll – noch.
Denn vergessen wir nicht, dass die Wahlerfolge 2003 und 2008 entscheidend mit einer eklatanten Schwäche von Mitbewerbern zusammen gehangen haben:
2003 ist die FPÖ nach vorheriger Implosion bei den NR-Wahlen am Boden gelegen, 2008 hat sich die Gusenbauer-SPÖ in einem permanenten Umfrage-Debakel befunden.
Weiters ist Erwin Pröll auch der einzige Landeshauptmann, der 1993 und 1998 die absolute Mandats-Mehrheit der ÖVP in Niederösterreich verspielt hat.
Und wenn sich der Wahlerfolg einmal nicht mehr einstellt, dann schwindet auch der Nimbus.

Fazit

Auf Grund dieser Punkte ist es heuer sehr gut möglich, dass Erwin Pröll nach 20 bzw. 32 Jahren in der Landesregierung abgelöst wird.
In der Demokratie ist ein regelmäßiger Wechsel normal. Auch Niederösterreich würde es gut tun, wenn 2013 Normalität einkehrt!