Goldhauben des Bezirks Schärding in Pose für's Trachtenbuch
Jede Gemeinde im Bezirk Schärding hat nun eine eigene Ortstracht. Das hat bisher noch kein Bezirk in Oberösterreich geschafft. Und zu verdanken ist es der Goldhaubengemeinschaft Unteres Innviertel.
BEZIRK SCHÄRDING, DIERSBACH (kpr). Zwei Jahre Arbeit stecken im Trachtenbuch, das die Goldhaubengemeinschaft Unteres Innviertel Ende April veröffentlicht. Auf 250 Seiten werden orginielle Goldhaubenkleider und die Ortstrachten der 30 Gemeinden des Bezirks samt Neuhaus am Inn vorgestellt. "Wir sind der erste Bezirk im Land, der es geschafft hat, dass jede Gemeinde eine Ortstracht hat", erzählt Obfrau Erni Schmiedleitner stolz.
Stattliche Männertrachten
Neben Fest- und Sommertrachten sind im Buch auch stattliche Männertrachten, das Innviertler Häubchenkleid und die Innviertler Huttracht dargestellt. Insgesamt 10.000 Fotos haben Schmiedleitners Mann und Sohn für das Trachtenbuch geschossen. Als Models stellten sich die Goldhaubenfrauen aus den Gemeinden zur Verfügung.
"Die Bilder sollen den Frauen als Anregung dienen, sich selbst eine Tracht zu machen oder sie schneidern zu lassen", sagt Schmiedleitner. Denn zum Kaufen gibt es die originellen Kleider nicht. Für Frauen, die die Tracht gerne selbst nähen möchten, veranstaltet die Goldhaubengemeinschaft regelmäßig Trachtennähkurse. "Je nach Verzierung und Machart braucht man für ein Dirndl etwa sieben Tage", sagt Schmiedleitner.
Kurze Dirndln nicht "verteufeln"
Gemeinsam mit den Goldhaubenfrauen der jeweiligen Ortsgruppen hat der Bezirksvorstand die Ortstrachten entworfen. Damit diese als solche erkennbar sind, finden sich gemeindespezifische Details in der Tracht. So wurde laut Schmiedleitner jene aus Waldkirchen mit dem Eichenblatt aus dem Gemeindewappen bestickt. Die Obfrau ist sich sicher: "Auch in der schnelllebigen Zeit ist Tradition immer noch wichtig." Deshalb will sie die modernen kurzen Dirndl der jungen Mädchen nicht "verteufeln", wie sie sagt. "Wenn sie sich darin wohl fühlen, entscheiden sie sich vielleicht irgendwann für eine traditionelle Tracht."
Samt Handstiezel-Nähanleitung
1500 Trachtenbücher lässt die Goldhaubengemeinschaft drucken. "Es soll ein Nachschlagewerk mit Informationen in Wort und Bild für alle Generationen sein", erklärt die Obfrau. Deshalb sind im Buch nicht nur die Trachten zu finden, sondern auch eine Anleitung zum Häkeln der "Handstiezel" – die Halbhandschuhe der Goldhaubenfrauen – die Schmiedleitner als Handarbeitslehrerin selbst zusammengestellt hat. Und: Damit Brauchtum in der Region nicht in Vergessenheit gerät, stellt jede Gemeinde eine spezielle Tradition vor. So ist unter anderem vom "Weisattragen" in Vichtenstein (siehe unten) und vom Schnurkrapfen-Backen in St. Florian die Rede. "Das Trachtenbuch ist ein perfektes Geschenk für den Muttertag", sagt Schmiedleiter abschließend mit einem Schmunzeln.
Buch-Präsentation
Das Buch "Tracht & Goldhaube tragen – Brauchtum leben" wird am 30. April um 20 Uhr beim Kirchenwirt in St. Aegidi präsentiert – samt Vorstellung der neuen Goldhaubenkleider und Ortstrachten. Das Trachtenbuch ist anschließlich bei allen Goldhaubenobfrauen erhältlich.
"Weisattragen" in Vichtenstein
Dieser alte Brauch wurde bereits vor 1900 beschrieben als Besuch der Taufpatin in den ersten drei Tagen nach der Geburt. Die Bezeichnung ist vermutlich auf das lateinische Wort "visitare" – zu deutsch: besuchen – zurückzuführen. Die von der Geburt geschwächte Wöchnerin bekam Kaffee, Zucker, Brot, Eier eine alte Henne für eine kräftige Suppe und Wein oder guten Honigwein. Die Goldhaubenfrauen in Vichtenstein halten diesen Brauch am Leben. Sie überbringen der frisch gebackenen Mutter einen "Weisatkorb" mit zwei Semmelwecken oder einem Hefezopf, zwei Kilogramm Zucker, eine Packung Kaffee, ein Glas Honig, eine ungerade Anzahl (7 bis 13) Eier und ein Spielzeug oder Kleidungsstück für das Kind. Als Dank dürfen sich die Weisatüberbringer bei einer Jause und Kaffee und Kuchen stärken.
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