TOMATEN. Märchen und Geschichten für Erwachsene, Kindsköpfe und Kind gebliebene - Teil 81

Diese farbenprächtige Auswahl heimischer Tomatensorten hab ich kürzlich in der Gärtnerei Schützenhofer in Rohr entdeckt. Die orange-roten Rispenfrüchte gelten als absolute Stimmungsaufheller und halten ganz offensichtlich die geballte Kraft der Sonne in sich. Daheim haben wir diese Woche begonnen, die ersten roten Paradeiser vom Busch zu naschen. Gestern reichten sie schon für eine leckere Tomatensuppe: geschmacklich eine Wucht! Im krassen Gegensatz zu den herkömmlichen "longlife"Tomaten aus dem Supermarkt, die häufig auf Steinwollmatten oder Nährstofflösung gewachsen, oder gar genverändert sind. Diese saftigen Paradeiser wirken sich auf den Körper ausgesprochen positiv aus. Ihnen wird eine Kreislaufunterstützende, immunstärkende und sogar aphrodisierende Wirkung nachgesagt...

Tomaten - Tausend und Eine Nacht 2000+

"Trouble ahead! Das sieht gar nicht gut aus!" sagte der Pilot des königlichen Privatjets in dessen Inneren es sich der Emir von Nasar gerade bequem gemacht hatte. Vor ihm türmten sich Kilometer hohe Wolkentürme auf. Die musste er wohl oder übel umfliegen. "We have to circumnavigate!"

Als 2 Stunden später auch noch Sturm und Gewitter die kleine Maschine kräftig durchschüttelten, und diese von einem Gewitterloch ins nächste sackte, traf der Kapitän eine gewichtige Entscheidung: "Eure Hoheit! Der Treibstoff wird durch das lange Umkreisen der Unwetterherde nicht ausreichen. Wenn Ihr erlaubt, versuche ich, die Maschine bei der nächsten Gelegenheit am Flughafen Lüttich herunter zu bringen." "Wo sind wir?!" fragte der Emir besorgt, während er die Kopfhörer einem Diener in die Hand drückte. "Belgien, Eure Hoheit! Ich werde mein Möglichstes tun, um Euren Aufenthalt dort so kurz wie möglich zu halten!" Und schon tippte der Personal Assistant des Emir wie verrückt auf seinem Notebook herum.

"Hauptsache wir kommen gut runter!" dachte der Emir bei sich und rieb sich die pochenden Schläfen. Heute plagten ihn wieder heftige Kopfschmerzen: "Verflixte Frauenzimmer - المرأة الرتق !" zischte der Emir zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Die wär ich bei einem Absturz zumindest los!"

Als reichster Mann der Welt, wurde er von vielen beneidet: ein Heer von Dienern gehorchte auf einen Wink mit der Hand, Geld hatte er soviel, wie Blätter an den Bäumen hingen, plus... ein Harem mit 20 Frauen! Tausend und eine Nacht im 21. Jahrhundert! Oh süßer Rausch der Sinne! "Wenn die westlichen Männer nur wüssten!"

Erst am Morgen war sein persönlicher Berater aufgeregt in seine Gemächer gestürmt, weil Nebenfrau Aysha versucht hatte, die Mutter seines ältesten Sohnes im Schlaf mit einem Kopfkissen zu ersticken. Und letzte Woche war es Ramiye, die Neuzugang Ghada mit der empfindlichen Verdauung, mit nicht abgekochtem Wasser auf direktem Weg zu Allah befördern wollte... Die ständigen Stutenbissigkeiten und Intrigen ließen dem Emir die Magenflüssigkeit hochkommen. "Verführerische Haremsdamen und guter Sex? My ass! Von wegen!" Der große Emir von Nasar sehnte sich mehr denn je nach Ruhe, Frieden und maximal trauter ZWEIsamkeit.

"Rums! Hart prallte das Flugzeug auf dem Boden auf, raste in Schlangenlinien über die Rollbahn und kam mit einer wilden Notbremsung zum Stehen. "Allah sei uns gnädig! Was war das??? Ich hätte doch auf den Rat des Kapitäns hören sollen, und heute den Airbus nehmen!" "Reifen verloren, Hoheit!" Hallte es aus dem Cockpit. "Die Reparatur dürfte etwas dauern, aber um Eure Sicherheit zu garantieren ist ein genauer Check notwendig!" Dem Emir war noch zu Übel, um an mögliche Konsequenzen für die Bordtechniker zu denken. "Eure Hoheit!" Wie immer griff sein Assistent sofort zum Notebook, um Plan B ins Leben zu rufen: " Wir haben Glück im Unglück. Ganz in der Nähe gibt es die Welt größte Zucht alter Tomatensorten! So könnt Ihr wenigstens die Zeit nutzen, um Eurem Hobby nachzugehen."

"Tomaten!" Ein Strahlen breitete sich über das dunkle Gesicht des Herrschers aus. Würde ihm Allah eine zweite Chance geben - er würde an einem idyllischen Ort eine Tomatenzucht betreiben - großer grüner Garten inklusive! "Stimmungsaufheller Tomaten - ja, das ist genau das, was ich jetzt brauche!"

"Schlechte Nachrichten, Eure Hoheit!" klagte der Personal Assistant wenig später. Der Anrufbeantworter sagte, dass die Tomatenfarm aufgrund eines Todesfalles eine Woche geschlossen ist. Der Besitzer ist nicht erreichbar. "Ich will sie mir trotzdem ansehen!" bestand der Emir leicht genervt. Rufen Sie die Limousine. Wir brechen gleich auf...

Das Anwesen nahe dem Belgischen Lüttich wirkte ruhig und gepflegt. Zu ruhig für den Geschmack des Emir. Offenbar war hier wirklich keine Menschenseele zu finden. Sein Blick schweifte über die niederen Backsteingebäude, die dem Gesamtbild etwas ländliches, idyllisches gaben. "Kann ich Ihnen behilflich sein?" sprach ihn eine Frauenstimme von hinten an, die wie aus dem Nichts aufgetaucht zu sein schien. "Ich bin Sofia Meylaers - die Nachbarin."

"Danke, sehr freundlich. Ich wollte mir die Tomatenfarm ansehen, doch leider ist sie geschlossen!" "Ja, leider. Mein Nachbar hat einen schmerzlichen Verlust erlitten, muss sich erst von dem Schock erholen... Aber wenn Sie wollen, zeige ich Ihnen gerne meinen Garten. Ich züchte alte Gemüsesorten, darunter auch diverse Tomatenraritäten... Freilich in viel kleinerem Rahmen, aber vielleicht ist doch das eine oder andere Interessante für Sie dabei?"

Die fremden Herren in ihren dunklen Anzügen waren für Sofia eine willkommene Abwechslung. Sie liebte die Stille und die Arbeit in ihrem Garten, aber manchmal plagte sie doch die Einsamkeit. In jungen Jahren hatte Sofia einen kometenhaften Aufstieg in der Werbebranche hingelegt. Auch beziehungstechnisch lief alles wie im Bilderbuch. Bis sich herausstellte, dass sie keine Kinder bekommen konnte. Als dadurch ihre Beziehung zerbrach, warf sie alles hin und konzentrierte ihre ganze Energie auf die Errichtung ihres Traumgartens und die Zucht alter Gemüsesorten, die sie liebevoll "ihre Babys" nannte.

Erfreut willigte der Emir ein, ließ sich in ein kleines Paradies entführen, wie er es auch aus seinen eigenen Träumen kannte. Die protestierenden Bodyguards verfrachtete er hinter die Gartenmauern. Ausgehungert nach einem Seelenpartner - einem Menschen der sie bis ins tiefste Innere verstand, diskutierten und scherzten sie, teilten ihr Wissen und spürten plötzlich, dass es da etwas gab, dass sie aus tiefster Seele verband.

"Danke! šukran! Das war wirklich wunderbar! Darf ich bei Gelegenheit wieder kommen?" "Gerne!" antwortete Sofia mit einem Lächeln, dass für den Emir kostbarer war, als der neue Airbus A320, den er erst kürzlich als besonderes Gadget erworben hatte.

Als er wenige Wochen später wieder kam, ergriff er beim Abschied traurig Sofias Hand. "Fühlst du sie auch - diese Verbindung, als wären wir seelenverwandt! Doch es gibt zu viel, dass uns trennt. In meiner Welt würdest du verwelken. Bist viel zu einzigartig und wertvoll für ein Leben im Harem!"

"Es ist gut!" warf Sofia ein. "Als ich damals erfuhr, keine Kinder bekommen zu können, habe ich mir geschworen, keine Beziehung mehr einzugehen. Lass uns Seelenfreunde bleiben - ohne Erwartung und ohne Verpflichtung. Ich werde mein Leben leben und du das deine. Doch wenn du bei mir bist, zählen weder Raum noch Zeit - nur unsere Gespräche, der Garten und das, was wir sein möchten..."

So gingen sie auseinander - der hohe Fürst und die einsame Frau. Nur dass sich dieser Abschied diesmal ausnahmsweise ausgesprochen gut anfühlte - so wie ein großer gewichtiger Anfang.

So eine Geschichte gibt's doch nur im Märchen, meinen Sie? Vielleicht... Aber vielleicht sind es gerade die Märchen und Träume, die uns Menschen beim Bau einer neuen, vielleicht sogar besseren Wirklichkeit helfen...

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