Raubüberfall: So viele Zufälle kann's nicht geben
BEZIRK TULLN / ST. PÖLTEN (ip). „Es ist ein Indizienprozess“, meinte der St. Pöltner Richter Slawomir Wiaderek bereits in der ersten Verhandlung gegen ein Geschwisterpaar aus dem Bezirk Tulln, das sich unter anderem im Zusammenhang mit einem Raubüberfall zu verantworten hatte.
Laut Staatsanwältin Barbara Kirchner soll der 29-jährige Michael W. (Name von der Redaktion geändert) mit einem Wertkartenhandy Brennholz bestellt haben. Am 18. Dezember 2014 wurde per Lkw geliefert. Als der Lkw-Fahrer die Geldtasche zum Wechseln holte, soll ihm W. Pfefferspray ins Gesicht gesprüht und mit 2.000 Euro und 15.000 tschechischen Kronen das Weite gesucht haben. Der Schwester des Beschuldigten legte Kirchner zur Last, ihrem Bruder ein falsches Alibi gegeben zu haben.
Schöffensenat wies Beweisanträge ab
„Da wurde ihm eindeutig eine Tat untergeschoben“, meinte der Verteidiger des Angeklagten, der Vertreter von Mobilfunkunternehmern penibel nach technischen Details fragte, um die entsprechende Rufdatenrückerfassung, die den Beschuldigten belastete, in Zweifel zu ziehen. Darüber hinaus habe sein Mandant mehr tschechische Kronen gewechselt, als er der Aussage des Lkw-Fahrers nach gestohlen habe. Auch die DNA-Spuren auf jener Haube, die am Tatort gefunden wurde, beweise noch nicht, dass der 29-Jährige sie dort verloren habe. Neuerliche Beweisanträge des Verteidigers wurden vom Schöffensenat abgewiesen.
„So viele Zufälle kann es nicht geben“, meinte die Staatsanwältin. Das Opfer habe W. eindeutig identifiziert und auch jener Zeuge, mit dem der Beschuldigte schon vor der Tat über einen geplanten Raubüberfall gesprochen habe, sei absolut glaubwürdig gewesen. „Er hatte Schulden, brauchte das Geld und kannte die Örtlichkeiten“, so Kirchner, die weiters betonte, dass der Angeklagte unter anderem auch im Zusammenhang mit einer Urkundenunterdrückung nachweislich mehrfach falsch ausgesagt hatte.
Berufung eingelegt
„Nicht schuldig“, erklärte das Paar bis zum Ende des Prozesses. Gegen die Urteile – drei Jahre Haft für den mutmaßlichen Räuber, vier Monate bedingt für die 25-Jährige – legten beide Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Die Urteile sind damit nicht rechtskräftig.
„Sie haben von Beginn an nichts unversucht gelassen, Ihre Unschuld zu beteuern“, führte der Richter in seiner Urteilsbegründung aus. „Sie sind derartig unglaubwürdig, wie Sie sich einlassen“, so Wiaderek, der die einzelnen Indizien als „Mosaiksteinchen“ bezeichnete. Für den Schöffensenat bestehe kein Zweifel, „dass Sie der Täter sind!“
An die Schwester gewandt, die wegen falscher Beweisaussage verurteilt wurde, meinte der Richter: „Es war ein Versuch, aber wenn Sie das machen, müssen Sie auch die Konsequenzen tragen!“
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