Analyse
Der Trotz des Kind-Kaiser Kanzler und die Farce um den Basar der Schuld

Die Farce um die Impfkontingente und der farblich korrekte Sündenbock
Mit dem Rückzug des von der ÖVP gestellten Impfkoordinators Clemens Auer im grünen Gesundheitsministerium wurde wohl ein parteifarblich abgestimmte Klärung für eine peinliche Impfdiskussion gefunden - ob sachgemäß oder nicht ist wohl nicht eruierbar. Die Angelegenheit selbst ist dadurch jedoch zu einer weitaus blamableren Farce geraten.

Wie kann ein Regierungschef eiligst eine Pressekonferenz im großen Stil einberufen und dabei den Bürgern dieses Landes – und somit EU-Bürgern - von Hörensagen berichten, wonach es in der EU Absprachen in der Art eines Basar über Impfdosen außerhalb der nach Bevölkerungsschlüssel zugeteilten Kontingente gegeben hätte, und damit einige Länder übervorteilt worden wären. Wortwahl und Duktus von Bundeskanzler Kurz, so muss man festhalten, waren ein direkter Angriff auf die EU. Zusätzlich erwähnt er Mitgliedstaaten namentlich, die aus diesem vermeintlich unlauteren Vorgehen Vorteile gezogen hätten.

Postwendend kann die Generalsekretärin im Gesundheitsministerium die Angelegenheit mit der korrekten Beschreibung der „Tathergänge“ für die Bürger entgegen den Aussagen des Kanzlers erläutern. Diese sind durchaus kritikwürdig für eine Staatengemeinschaft, besonders aus Sicht der ärmeren Mitgliedsstaaten, jedoch waren sie zwischen den Staaten abgesprochen, transparent und im Nachhinein auch allgemein bekannt.

Der Aufgabenbereich - Fotos oder Fakten?
Von einem Bundeskanzler muss man sich erwarten, dass er sich vorab in seinem eigenen Land informiert, bevor er andere Länder angreift, insbesondere, wenn der dafür zuständige Impfkoordinator auch noch seiner eigenen Partei angehört (Clemens Auer, Kabinettchef unter GM Rauch-Kallat, Leiter der politischen Abteilung unter Schüssel).

Noch nicht genug der Farce greift die Gesundheitssprecherin der Kanzlerpartei sofort die korrigierende Beamtin an, die die sehr ungenauen und von den Fakten weit entfernten Aussagen des Kanzlers für die Öffentlichkeit aufklärt und korrekt darstellt, und fordert deren Suspendierung.

Nach den bedenklichen Angriffen auf die Justiz durch den Regierungschef nähern wir uns mit dieser Pressekonferenz aus reinen Angriffen mit Halbwahrheiten und Unwissenheiten und den Drohungen gegen Staatsdiener, die diese für die Bürger korrigieren, einem erschreckenden Bild von trotzig-kindlicher Verantwortungslosigkeit und diktatorischen Zügen.

Unser Regierungschef findet die Zeit mitten in der Pandemie und der Ausgangsbeschränkungen des soft lockdowns im eigenen Land, nach Israel zu fliegen um Publicity wirksame Fotos mit dem „Impfweltmeister“ schießen zu lassen, der so nebenbei erwähnt immer noch mit enormen Ansteckungen zu kämpfen hat. Und das unter dem Vorwand einer gemeinsamen Strategie zur Impfstoffproduktion in weiter Zukunft. Gleichzeitig fehlt ihm anscheinend die Zeit um zu Gerüchten die entsprechenden Fakten bei seinem zuständigen Parteikollegen einzuholen?

Wir sind nicht Großbritannien und Kurz ist nicht die Queen. Seine Aufgabe ist nicht die Repräsentation des Landes, sondern die Führung. Ein Minimum Voraussetzung für die Führung eines Landes wäre die Einholung der notwendigen Informationen. Mit seiner Darstellung der Vorgänge in der Verteilung der Kontingente stellt sich die Frage, wie genau der Bundeskanzler selbst seinen Aufgabenbereich definiert und was er davon in den letzten Monaten wahrgenommen hat.

Tatsächliche Fehler in der Verteilung der Kontingente
Das Vorgehen in der Verteilung der Impfkontingente innerhalb der EU ist fragwürdig. Es ist kritisch, dass ärmere EU Länder auf die ihnen nach dem Bevölkerungsschlüssel zustehenden Kontingente der teureren Impfstoffe verzichten und diese dann von anderen (reicheren) beansprucht werden können. Dies ergibt am Ende eine indirekte Verteilung nach Finanzkraft auf Kosten der Bürger der ärmeren Staaten. Noch kritischer ist, dass eine fixe Verteilung für die einzelnen Impfstoffe geschah bevor absehbar ist, welche erfolgreich sein werden. Es wäre angebracht gewesen damals bereits ein Vorgehen dahingehend zu beschließen, wie die Verteilung abläuft bei unterschiedlich vorhandenen Impfstoffen. Dies sollte jetzt, spät aber doch, thematisiert werden.

Der Trotzkopf und die Schuldzuschiebungen
Doch Kurz hat sich in der Frage nicht wie ein wohl informierter Aufdecker verhalten. Wie ein trotziges Kleinkind hat er wild um sich geschlagen, die EU und EU Länder, die in diesen Verhandlungen aufs richtige Pferd gesetzt haben, unlauterer und unehrlicher Vorgehensweisen bezichtigt und dabei zufällig auch in ein Hornissennest geschlagen. Ein Hornissennest, das einen nicht zu Ende gedachten Mechanismus der Verteilung darstellt, den aber alle Mitgliedstaaten inklusive Österreich im letzten Sommer zusammen beschlossen haben. Jetzt gäbe es nur den diplomatischen Weg, von jenen Ländern, die mit Biontec Pfizer aufs richtige Pferd gesetzt haben, quasi einen Verzicht zu verlangen für Neuaufteilungen. Dies nachdem sie international von Kurz unlauterer Basarmethoden beschuldigt wurden.

Abgesehen von der Frage der mangelnden Fähigkeit zur Einholung vorhandener Informationen und der fehlenden diplomatischen Fähigkeiten stellt sich auch die Frage, ob es tatsächlich notwendig ist, die Impfung zu einem internationalen Wettbewerb zu degradieren und in diesem zu einem wilden Tier zu mutieren. Schnelligkeit kann überlebenswichtig sein - oder aber auch tödlich. Wichtig ist die Fähigkeit unterscheiden zu können, wo Schnelligkeit zielführend ist und wo es Geduld braucht für die Korrektheit in der Ausführung. Und wie man die Balance findet.

Die Verhandlungen um die Kontingente wurden im Sommer abgehalten zu einer Zeit als die meisten Länder, darunter auch Österreich die Pandemie nicht ernst nahmen. Erinnern wir uns kurz an unsere ÖVP Tourismus Ministerin Köstinger, die eine Woche vor der Verkündung des zweiten Lockdowns forderte, dass für Mitarbeiter in Tourismus und Gastronomie, wenn sie Kontaktperson 1 sind, eine kürzere Quarantäne gilt, damit einzelne Lokale nicht schließen müssten. Und dies von Kurz unterstützt wurde. Es ist somit wahrscheinlich, dass Österreich nicht genug Energie in die Verhandlungen zur weiteren Verteilung gesteckt hat, nichtsdestotrotz haben wir Kontingente für bereits entwickelten, zugelassenen und hochwirksamen Impfstoffen die für das zigfache unserer Bevölkerung reichen.

An uns allen nagt die Ungeduld über die negativen Folgen der Pandemie und ihrer Bekämpfung. Ein Trotzkopf als Kanzler, der voller Ungeduld um sich tritt und eine Kultur der vorsorglichen Schuldzuweisungen forciert, auch unter seiner gesamten Gefolgschaft, demoralisiert die eigenen Bevölkerung und verspielt wichtige Unterstützung, innerhalb des Landes und außerhalb.

Ein großer Vorteil der Demokratie ist, dass wir als fehleranfällige Menschen das Korrektiv des gleichberechtigten Anderen haben. Die Demokratie zwingt zu Abstrichen in dem, was der Regierende als richtig erachtet um Kompromisse mit den Vertretern der Meinung und Interessen anderer Wählerschaften zu erzielen. Dazu braucht es Geduld. Kurz befindet sich mit den Angriffen auf Ministerien des Koalitionspartners auf nationaler Ebene im Prozess der Sprengung der dritten Koalition seines ÖVP Vorsitzes. International attackiert er die EU und europäische Partner mit Schuldzuweisungen, entzieht sich in anderen Fragen einer gemeinsamen Verteilung von Verantwortlichkeiten.

In dem von ihm propagierten neue Stil erweist sich die vermeintliche Verjüngung der Politik leider als trotziges Verhalten verzogener Kleinkinder, den „little dictators“ und nicht als Modernisierung.

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