Kulturszene Kottingbrunn
Extrawurst
Am Sonntag gastierte die Neue Bühne Wien mit der „Komödie“ Extrawurst von Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob in der ausverkauften Kulturszene Kottingbrunn.
Die Mitgliederversammlung eines Tennisclubs in einem Provinznest soll über die Anschaffung eines neuen Grills für die Vereinsfeiern abstimmen. Normalerweise kein Problem – gäbe es nicht den Vorschlag, auch einen eigenen Grill für das einzige türkische Mitglied zu finanzieren. Denn gläubige Muslime dürfen ihre Grillwurst bekanntlich nicht auf einen Rost mit Schweinefleisch legen. Eine gutgemeinte Idee, die aber unfassbare und absurde Diskussionen auslöst und den eigentlich friedlichen Verein vor eine Zerreißprobe stellt. Wie viele Rechte muss eine Mehrheit einer Minderheit einräumen? Muss man Religionen tolerieren, auch wenn man sie ablehnt? Gibt es auch am Grill eine Leitkultur?
Und sind Vegetarier auch eine Glaubensgemeinschaft?
Immer tiefer schraubt sich der ursprünglich kleine Konflikt um den Grill in die Beziehungen der Mitglieder. Ebenso respektlos, wie herrlich komisch, stoßen Atheisten und Gläubige, Österreicher und Türken, „Gutmenschen“ und Hardliner frontal aufeinander. Und allen wird klar: Es geht um mehr als einen Grill…
Worum geht es?
Es geht darum, wie wir zusammenleben. Zumal die Grenzen zwischen „rechts und links“, „tolerant und intolerant“, „religiös und ungläubig“ viel fließender sind, als man denkt. Die Zuschauer sind als Vereinsmitglieder direkter Teil des Geschehens und erleben mit, wie sich eine Gesellschaft komplett zerlegen kann. Und das in einer schnellen, genial pointierten und sehr aktuellen Komödie.
Was die „Extrawurst“ besonders interessant macht, ist, dass die Zuschauer als Vereinsmitglieder direkter Teil des Geschehens sind und miterleben, wie sich eine Gesellschaft komplett zerlegen kann.
Marcus Strahl hat dieses witzigste Stück der letzten Jahre, in einer österreichischen Fassung wunderbar inszeniert. Böse, ehrlich, herrlich komisch und doch sehr gesellschaftskritisch. Es wird uns ein Spiegel vorgehalten der uns zum Nachdenken anregt.
Bereits in der Pause – aber vor allem am Ende – gab es ausführliche Diskussionen.
Eine wahre Glanzleistung der Darsteller: Reinhard Nowak, Anna Sophie Krenn, Alexander Hoffelner, Johannes Petautschnig und Anatol Rieger.
Bühne: Martin Gesslbauer; Kostüm: Petra Teufelsbauer
Alle, die keine Karten mehr bekamen haben am
6. März die Möglichkeit in Baden im Theater am Steg die Extrawurst zu sehen
oder finden hier die nächsten Spielorte: https://www.nbw.at/produktionen/extrawurst/
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