Wien
Über 80 Iraner und ihr vereinter Protest im Zeichen der Hoffnung
Es ist eine eingeschworene Gemeinschaft, die sich zum Protest vor dem Kaisermühlner UNO-Gebäude eingefunden hat. Die BezirksZeitung hat sich mit den Aktivistinnen und Aktivisten zum Gespräch getroffen.
WIEN/DONAUSTADT. Zahlreiche Fotos wehen im Wind von Kaisermühlen - sie alle erzählen von einem individuellen Schicksal. "Einige von ihnen wurde im Zuge der Proteste im Iran getötet, andere von ihnen warten aktuell in einer Todeszelle auf ihre Hinrichtung", erzählt Narges. Sie ist eine von über 80 Aktivistinnen und Aktivisten, die seit nun über einem halben Jahr vor dem UNO-Gebäude in Kaisermühlen ausharren.
Der Anstoß dazu, so Narges, waren die Proteste im Iran anlässlich des Todes der 22-jährigen Mahsa Amini. Als Zeichen der Solidarität mit den Menschen in ihrem Heimatland und ihrem Kampf gegen die Unterdrückung hat sich eine Gruppe dazu entschieden, in Kaisermühlen zu campieren.
Ausharren trotzt Schnee und Sturm
Bei eisigen Temperaturen und unter schwierigsten Bedingungen harren sie seitdem aus. "Einmal drohte das Zelt infolge eines schweren Sturms in die Luft geschleudert zu werden, wir hatten damals große Angst. Zudem wurde unser ganzes Lager verwüstet", erzählt eine Aktivistin. Auch musste man lange Zeit auf Strom verzichten, das hat sich seit ein paar Wochen geändert.
Den Protest zu beenden, war für die Gruppe aber zu keinem Zeitpunkt eine Option. "Seit Jahrzehnten werden zahlreiche Menschen im Iran von einem skrupellosen Regime unterdrückt - damit muss Schluss sein. Wir wollen hier in Wien unseren Teil beitragen. Das erste Mal haben wir Hoffnung, dass sich wirklich etwas ändern könnte", so Narges kämpferisch.
Auch Kinder unter den Opfern
Eine ihrer Freundinnen, Jinus, deutet auf ein kleines symbolisches Gräberfeld, das nahe dem Camp errichtet wurde. Darauf finden sich Kerzen, Blumen und die Fotos von Kindern und Jugendlichen. "Die Regierung schreckt auch nicht davor, Kinder anzugreifen. Unser Ziel hier ist es, Wien und ganz Österreich auf diese schrecklichen Vorgänge aufmerksam zu machen", erklärt sie mit Tränen in den Augen.
Die Aufmerksamkeit sei glücklicherweise schon gewachsen, ergänzt Narges. So sei die Gruppe dankbar dafür, dass immer wieder Leute vorbeikommen, auch politische Verantwortliche und die Sache unterstützen würden. Doch das sei noch nicht genug: "Wir wollen, dass auch Österreich aufhört, mit dem verbrecherischen Regime in Teheran zu handeln. Die wirtschaftlichen Beziehungen müssen gekappt und der internationale Druck erhöht werden".
Nicht die Zeit, um Angst zu haben
Der lange Arm des Regimes würde auch bis nach Wien langen, da ist sich die Gruppe sicher. Sie fühlen sich immer wieder beobachtet. Allerdings könnten sie sich in Österreich sicher fühlen. Viel mehr rührt die Sorge um Verwandte, Bekannte und ihre Mitkämpfer, die weiterhin im Iran auf die Straße gehen.
Über die sozialen Medien hält man Kontakt und die Sorge um deren Gesundheit ist der Gruppe deutlich anzumerken. Immer wieder würden zudem Iranerinnen und Iraner zum Camp kommen und von ihren persönlichen Schicksalen erzählen. Dann versuche man sich gegenseitig Halt zu geben: "Solange die Missstände nicht beseitigt sind, geben wir nicht auf", betont Narges überzeugt. Das sei man allen Opfern des Regimes, aber vor allem der iranischen Jugend schuldig.
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