Feuerwehr wählt im Bezirk Eisenstadt
„Man muss sich auch nach der Niederlage in die Augen sehen können“
Dieser Tage finden erstmals verpflichtende Wahlen bei der Feuerwehr statt. Die Bezirksblätter im Gespräch mit Bezirksfeuerwehrkommandant Gerald Klemenschitz.
Wer ist zu den Wahlen des FF-Kommandanten berechtigt? Wie viele Personen im Bezirk Eisenstadt sind das?
Gerald Klemenschitz: „Wahlberechtigt für die Wahl zum Kommandanten und -stellvertreter sind alle aktiven Feuerwehrmitglieder der jeweiligen Feuerwehr. Im Bezirk sind das rund 1.400 Feuerwehrmitglieder.“
Wie sehen Sie persönlich das neue FF-Wahlsystem?
„Ein demokratischen Wahlsystem ist immer gut. Die Mitglieder können sich nach demokratischen Prinzipien ihre Kommandanten wählen. Natürlich ist das Ganze mit einem gewissen administrativen Aufwand verbunden, der sich aber in Grenzen hält. Einzig, dass der Wahlzeitraum mit dem aktuellen Lockdown zusammenfällt, kann als kleiner Wermutstropfen gesehen werden. Die Organisation und Durchführung der Wahlen ist somit aufwendiger, aber unsere Feuerwehren haben das gut im Griff. “
Wo sind die großen Unterschiede zum bisherigen System?
„Im ,alten' System wurde der Kommandant bzw. Stellvertreter vom Bezirksfeuerwehrkommandanten auf Grund eines Vorschlages des Bürgermeisters ernannt. Der Bürgermeister hatte, bevor er diesen Vorschlag macht, die Aktive Mannschaft anzuhören. Wie diese Anhörung durchzuführen ist wurde nicht geregelt. Bei uns im Bezirk wurde auch früher schon, fast immer, diese Anhörung in Form einer Wahl durchgeführt. Es gab Fälle im Land, wo sich die Mannschaft für einen Kandidaten ausgesprochen hat, der Bürgermeister aber jemand anderen vorgeschlagen hat. Dies ist nun nicht mehr möglich. Das Ergebnis der Wahl ist bindend.“
Als bekannt wurde, dass FF-Kommandanten periodisch gewählt werden sollen, kam Kritik vor allem aus dem Bezirk Eisenstadt – was waren hier die Argumente gegen das neue Gesetz?
„Wahlen haben auch immer eine Form von ,Wahlkampf' als Begleiterscheinung. Als Kommandant kommt es vor, dass man auch manchmal unliebsame Entscheidungen treffen muss. Es gab die Befürchtung, dass dies Auswirkung auf die Wahl haben kann. Auch das Argument, dass sich Wahlwerber mit Versprechen oder ähnlichem Stimmen kaufen könnten.“
Wurden diese Bedenken mittlerweile ausgeräumt?
„Solche Argumente lassen sich nie ganz ausräumen. Zumal finden aktuell eben die ersten Wahlen nach dem neuen Feuerwehrgesetz statt. Die bisher durchgeführten Wahlen im Bezirk haben auf jeden Fall die bisherigen Amtsinhaber bestätigt.“
Die ersten Wahlen finden mitten in einer Pandemie statt, zum Teil während eines Lockdowns samt Ausgangssperren – wie sehen Sie es, dass die Wahlen zu diesem Zeitpunkt durchgeführt werden?
„Das ist aktuell der häufigste Kritikpunkt an diesem System. Die Gesetze und Verordnungen zur Corona-Pandemie lassen auf jeden Fall die Durchführung dieser Wahlen zu. Als Wahlzeitraum ist im Gesetz der 1. Jänner bis zum 28. Februar definiert, also sind die Wahlen auch in diesem Zeitraum abzuhalten. Ich denke schon, dass man Lösungen hätte finden können um diesem Zeitraum zu umgehen. Seitens der Feuerwehr wurde auf jeden Fall alles versucht, um dies zu ermöglichen. In der Kürze war aber anscheinend keine Gesetzesänderung möglich. Ich kann aber versichern, dass unsere Feuerwehren mit ihren Corona-Maßnahmen alles Mögliche unternehmen um eine eventuelle Ansteckung bei einer Wahl zu vermeiden. Ich selbst war schon bei einigen Wahlen dabei und konnte mich vor Ort von den getroffenen Maßnahmen überzeugen – alles vorbildlich, von zugewiesenen Sitzplätzen mit entsprechend großem Abstand, über Maskenpflicht und bereitgestelltes Desinfektionsmittel bis zu Pausen zum Lüften wurde an alles gedacht.“
In der Folge werden ja auch Kommandanten aus Abschnitt, Bezirk und Land gewählt – wie wahrscheinlich ist ein Landesfeuerwehrkommandant aus einem der nördlichen Bezirke?
„Die Wahlen für die überörtlichen Funktionäre werden 2022 durchgeführt. Eine Prognose für den Wahlausgang kann ich nicht machen. Bei der Wahl zum Landesfeuerwehrkommandanten sind alle Kommandanten aller Ebenen (Ort, Abschnitt und Bezirk) wahlberechtigt, also etwa 400 Personen.
Es stimmt, dass der Großteil der Wahlberechtigten aus dem Landessüden kommt, aber ich denke schon, dass diese nicht nur die Herkunft des Wahlwerbers für Ihre Entscheidung heranziehen. Also wenn es einen Kandidaten mit den entsprechenden Voraussetzungen gibt und der die Akzeptanz der Feuerwehrkommandanten hat, warum nicht? Ich darf aber auch anmerken, dass ich persönlich absolut kein Freund dieser Nord/Süd Debatte bin. Wir sind alle bei der Feuerwehr und haben überall die gleichen Aufgaben zu erfüllen, egal ob in Kalch oder in Kittsee.“
In wie vielen Gemeinden wurden die Wahlen bisher durchgeführt?
„Aktuell wurde bei vier Feuerwehren gewählt, am Freitag finden in Siegendorf die fünften Wahlen statt. Bis Ende Februar sind aber alle 23 Feuerwehrkommandanten im Bezirk neu gewählt.“
Gab es auch weibliche Kandidaten?
„Bei den bisher durchgeführten Wahlen nicht. Und ich denke auch bei den ausstehenden Wahlen, werden ausschließlich männliche Bewerber zur Wahl stehen.“
Im „Normalfall“ wird ein Kommandant und ein Stellvertreter zur Wahl stehen – gab es auch schon Wahlen im Bezirk, wo sich mehrere Kandidaten zur Wahl stellten?
„Auch hier ein ,nein'. Wie es bei den ausstehenden Wahlen aussieht kann ich noch nicht sagen, weil hier noch die Vorschlagsfrist läuft und die Kandidaten somit noch nicht feststehen. Es ist ja nicht so, dass die Kandidaten für die Funktion eines Feuerwehrkommandanten ,Schlange stehen'. In einigen Orten ist es schwer genug einen Kandidaten zu finden. Wenn es mehrere Kandidaten gibt, hoffe ich auf die Vernunft der Feuerwehrmitglieder, dass eine Wahl nicht zu großen Unstimmigkeiten führt. Man muss sich auch nach einer Wahlniederlage noch in die Augen sehen können.“
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