Umfahrung Schützen: Verwaltungsgerichtshof hebt Bewilligung auf – Grundlage für Enteignungen hinfällig
Verwaltungsgerichtshofurteil hebt wasserrechtliche Bewilligung wegen Rechtswidrigkeit auf. Ein Rückbau ist laut dem Umweltdachverband theoretisch einforderbar
SCHÜTZEN. Die Umfahrung Schützen sorgt auch mehr als einem Jahr nach ihrer offiziellen Inbetriebnahme für reichlich Diskussionsstoff: Ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom 13. Jänner 2016 entzog der 5,5 km langen Straße die wasserrechtliche Bewilligung und hob dadurch auch die Grundlage für die damals getätigten Enteignungen von knapp 30 Grundeigentümern – darunter auch Esterhazy – auf. Der Umweltdachverband spricht von einer "Blamage für das Land" und räumt den Enteigneten sogar theoretische Chancen auf einen Rückbau der Umfahrung ein.
"Land bekommt Rechnung präsentiert"
"Jetzt bekommt das Land – allen voran LH Niessl, der dieses Desaster politisch zu verantworten hat – die Rechnung präsentiert", erklärt Michael Proschek-Hauptmann, Geschäftsführer des Umweltdachverbandes in einer Stellungnahme zum Urteil des VwGH. Aufgrund einer Beschwerde der enteigneten Anrainer erklärte der VwGH die wasserrechtliche Bewilligung der BH Eisenstadt-Umgebung vom 14.12.2011 für die B50 für inhaltlich und verfahrensrechtlich rechtswidrig. Der VwGH merkt zudem eine unvollständige Beweisaufnahme sowie nicht eingeholte Ergänzungsgutachten an.
Straße ohne Bewilligung
Betroffen sind u.a. die Genehmigung für Rückhaltebecken, Versickerung in das Grundwasser, Grundwasserableitung, Verlegung von Gräben und Bächen sowie die Errichtung von Brücken – alles zentrale Voraussetzungen für den ordnungsgemäßen Betrieb einer Straße. Laut Umweltdachverband stehe das Land nun mit einer Straße da, für die die zentrale Bewilligung fehle. Weil die Grundlage für die Enteignungen damit ebenfalls hinfällig sei, könnten die Betroffenen theoretisch sogar den Rückbau der Umfahrung einfordern.
"Hätte man ordnungsgemäß eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, wie dies vom Umweltdachverband mehrfach gefordert wurde, wäre die betroffene Öffentlichkeit mit ihren berechtigten Einwänden ernst genommen worden. Damit hätte sich das Land diese Blamage sparen können", so Proschek-Hauptmann.
"Spottet jeder Form von Rechtsstaatlichkeit"
Der Verein "Pro Region Neusiedler See", der sich für eine vernünftige Verkehrspolitik sowie die Erhaltung der Umwelt und Natur rund um den Neusiedler See einsetzt, fühlt sich mit dem Urteil des VwGH in seiner Meinung bestätigt. Der Beschluss einer Ortsumfahrung spotte laut dem Verein "jeder Form von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie", was nun auch durch das Urteil des VwGH belegt worden sei. Seit Jahren warne der Verein vor den "nicht absehbaren" Folgen der Umfahrung für den angrenzenden Natur- und Lebensraum.
"Zu Recht beschwert"
Auch die Enteigneten meldeten sich zu Wort: "Gemäß der nun rechtskräftigen Erkenntnis des VwGH haben die betroffenen Anrainer zu Recht ihre Bedenken gegen die ungereinigte Ableitung des Oberflächenwassers der Straße angebracht. Diese Ableitung des verschmutzen Wassers kann das Grundwasser erheblich beeinträchtigen und zu Boden- und Vegetationsschäden führen", erklärt Harald Theuer stellvertretend für 29 Grundeigentümer. Darüberhinaus habe stärkerer Regen bereits mehrere Grundstücke in Schützen unbrauchbar gemacht und bedrohe die abführenden Wassergräben, was zur Überflutung ganzer Ortsteile führen könne.
Wie geht es weiter?
Wolfgang Heckenast, Baudirektor des Landes Burgenland und Abteilungsvorstand für Straßenbau, kann die konkreten Folgen des VwGH-Urteils für die Umfahrung "nicht abschätzen".
Laut Heckenast habe der VwGH das Verfahren zur erneuten Überprüfung an das Landesverwaltungsgericht zurückgeleitet. Dieses werde nun über die weitere Vorgehensweise in der Kausa "Umfahrung Schützen" entscheiden.
"Ich kann nicht sagen, was passieren wird. Wir müssen einfach abwarten", erklärt Heckenast.
Nach Ansicht des Umweltdachverbandes werde das Land Burgenland nun wohl aber versuchen, die Umfahrung zu modifizieren, um dadurch im Nachhinein zu einem gültigen Wasserrechtsbescheid zu gelangen. Die Enteigneten halten es hingegen für "wahrscheinlich, dass das gesamte bisherige Verfahren des Landes als rechtswidrig eingestuft wird und alle Prüfungen und Gutachten neu aufgerollt werden müssen".
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