"Die Banken kommen ihren Verpflichtungen nicht nach"

Foto: Koch
2Bilder

Sind Sie froh, dass Sie das Amt des Bürgermeisters angenommen haben?
Klaus Luger: Es freut mich jeder Tag, den ich ins Rathaus arbeiten gehen darf. Ich bereue es keine Sekunde.

Sie haben den Job in einer schwierigen Finanzsituation angenommen, vor allem die Kreditsituation ist keine einfache. Wie leicht kommen Sie noch an das benötigte Geld?
Die Situation ist derzeit nicht einfach. Dieses Problem hat aber nicht nur die Stadt Linz. Das betrifft auch Top-Unternehmen, die immer schwarze Zahlen schreiben. Die Banken nehmen derzeit ihre volkswirtschaftliche Aufgabe nicht wahr. Sie ziehen sich völlig zurück und sind überhaupt nicht bereit, größere Kreditsummen in dem Ausmaß wie früher zur Verfügung zu stellen. Durch die Finanzkrise hat sich das Verhalten der Banken radikal verändert.

Ist es denn ein großes Risiko, der Stadt Geld zu leihen?
Nein. Wir als Stadt Linz haben noch immer jeden Cent zurückgezahlt. Auch im Budget 2014 sind sämtliche Kreditverpflichtungen gedeckt.

Hat das Verhalten der Banken Folgen für die Entwicklung der Stadt?
Wenn die Banken weiter so einen restriktiven Kurs fahren, ist das für die ganze Wirtschaft mittelfristig ein Problem. Es gibt aber Anzeichen, die optimistisch stimmen, dass sich die Situation verbessert.

Wie sehr gefährdet die finanzielle Situation Großprojekte wie den Westring?
Man muss erst mal den UVP-Bescheid abwarten. Aber ja, ich glaube, wenn es eine Bedrohung für das Projekt gibt, sind das in der Tat finanzielle Gründe. Allerdings gibt aus meiner Sicht nichts zu zweifeln.

Wie sieht es in der Hinsicht mit der zweiten Schienenachse aus?

Ohne dass das Land mindestens 50 Prozent mitfinanziert, ist diese nicht leistbar. Man muss das aber in einem größeren Zusammenhang sehen, es geht auch um die Finanzierung der Medizin-Fakultät und die finanziellen Beziehungen zwischen Stadt und Land, die wir vereinbaren müssen, um all diese Projekte langfristig finanzieren zu können.

Apropos Land: Wird die Stadt Linz tatsächlich unfair behandelt?

Objektiv werden die Gemeinden in Oberösterreich von allen Bundesländern am schlechtesten behandelt. Und Linz muss im Vergleich der Landeshauptstädte am meisten an das Land abführen, wesentlich mehr als Graz, Salzburg oder Innsbruck.
Das Land zahlt beim AKh nur 82 Prozent, während es bei den Ordensspitälern 99 Prozent der Kosten deckt. Wäre das nicht der Fall, hätten wir in der laufenden Gebarung fünf Millionen Euro plus, anstelle eines Minus von zehn Millionen Euro. Dadurch ist auch ein Teil der Finanzsituation erklärbar. Dazu kommt, dass wir in den vergangenen 25 Jahren viel investiert haben. Linz hatte großen Aufholbedarf, diese Investitionen sind jetzt, bis auf die großen Verkehrsprojekte, abgeschlossen. In diesem Bereich ist nicht das Land schuld oder die Wirtschaftskrise, diese Investitionen haben wir, mit einer eindeutigen Mehrheit im Gemeinderat, beschlossen.

Wie geht es Ihnen mit der neuen ÖVP?
Viel besser als vor dem Umbruch. Das Klima ist viel wertschätzender geworden und viel weniger untergriffig. Differenzen wird es immer geben. Mit Herrn Baier habe ich eine wesentlich bessere Gesprächsbasis als mit seinem Vorgänger.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Dobusch?
Das ist freundschaftlich, wie es 22 Jahre lang gewesen ist. Wir sprechen so wie früher die Dinge an, aber die Alltagspolitik ist in der neuen Stadtregierung, es gibt auch keine Gespräche über die tägliche politische Arbeit.

Wie sehen Sie die Entwicklung in der Tabakfabrik, Stichwort: Kontrollamtsbericht?
Der Bericht war schon sehr ernüchternd, da gibt es nichts zu beschönigen. Es steht nur auch drin, dass mit der Bestellung von Chris Müller bereits einige Missstände abgestellt wurden und dass Verbesserungen gemacht werden. Aber man kann aus diesem Kontrollamtsbericht Grundsätzliches lernen. Es geht um die Frage, wie sehr der Eigentümer Stadt in diesen ausgegliederten Gesellschaften tatsächlich seine Vorstellungen und Wünsche, notfalls auch Probleme, direkt lösen kann. Wie können wir in Zukunft auftretende und erkennbare Probleme schneller erfassen und in den Griff bekommen. Inwieweit ist ein Management eigenmächtig handlungsberechtigt und wo beginnt das Recht des Eigentümers zu sagen: bis hierher und keinen Schritt weiter. Bei der Tabakfabrik ist eindeutig ersichtlich, dass das Eingreifen sehr, sehr spät erfolgt ist.

Soll da ein Mechanismus eingezogen werden?
Ja, ich glaube, dass es unbedingt einen Mechanismus braucht. Für gelernte Organisationstheoretiker, wir haben ja auch auf der JKU ein Institut, ist das keine Hexerei und da erwarte ich mir Vorschläge, welche Mechanismen da vernünftig wären. Dazu kommt, dass bei uns das Controlling völlig dezentralisiert ist und ein starkes, zentrales Controlling ist das Mindeste, was man aus dem Kontrollamtsbericht lernen kann.

Was können Sie dem Vorwurf, dass die Tabakfabrik nur von Event zu Event lebt, abgewinnen?
Das ist ein völlig unberechtigter Vorwurf. Es gibt viele Eventveranstaltungen, das finde ich auch hervorragend. Würden wir die Events dort nicht machen, würde die Kritik kommen: Da gibt es Leerstände, warum verwertet ihr sie nicht? Wir haben jetzt wieder so viele Beschäftigte wie vor der Schließung. Das sind Arbeitsplätze, die, wenn es die Tabakfabrik nicht gäbe, höchstwahrscheinlich nicht in Linz wären. Der Input von künstlerischen und technologischen Facts ist die Basis dafür, dass wir auch in Zukunft eine Industriestadt sind. Das hat viel mehr mit voest und dem Flaggschiff der Stadt zu tun, als man im ersten Moment glaubt. Kunst ist ein Teil, der da drin stattfindet. Es ist viel mehr als das. Langfristig muss sich die Tabakfabrik aber rentieren. Es muss ein Haus der Produktion sein.

Wie ist Ihr Eindruck von der neuen Koalition?
Inhaltlich ist das Regierungsübereinkommen natürlich ein Kompromiss, aber einer, den Sozialdemokraten ohne Verrenkungen mittragen können. Die Frage ist, gelingt es, diese Punkte auch umzusetzen. Wenn man gleich sagt, "wird eh nichts", dann kann man natürlich den Strache zum Hero machen. Inhaltlich ist das Programm sozialer und auch progressiver als das Regierungsübereinkommen CDU/CSU mit SPD.

Ist die SPÖ auf Landesebene jetzt mit Reinhold Entholzer und Gertraud Jahn gut aufgestellt?
Ich glaube, dass sie die SPÖ gut in die Wahl 2015 führen werden. Eine Wahl, in der wir stärker werden wollen und wo das Wahlziel lautet, dass wir die absolute Mehrheit der ÖVP brechen.

Ginge es der Linzer SPÖ ohne Landes-SPÖ besser?
Nein, das glaube ich nicht. Es hat sicher Zeiten gegeben, wo das völlig stimmt. Ich glaube, dass es derzeit in der SPÖ Oberösterreich um etwas anderes geht. Es geht darum, zu vermitteln, warum wir glauben, dass wir die bessere Alternative für Oberösterreich sind. Wir haben vier Vierteln und eine Landeshauptstadt, das heißt es geht darum, Regionalpolitik zu betreiben. Der ländliche Raum ist von der SPÖ vernachlässigt worden, sie hat sich in diesen Bereichen um die dort vorherrschenden Probleme nicht ausreichend gekümmert. Es gibt so gut wie keine Ganztagsschulen am Land und auch so gut wie keine Hortbetreuungen. Dass sie nicht in dem Ausmaß gebraucht werden wie in Linz ist klar, aber dass sie so gar nicht gebraucht werden, das glaube ich nicht. Ich denke, dass da mit Entholzer und Jahn zwei Menschen am Werk sind, die wieder landespolitische Aspekte in den Vordergrund stellen. Denn das ist die wahre Stärke der ÖVP, dass sie wirklich eine Landespartei ist. Es mag eine Stärke der SPÖ Linz sein, dass wir wirklich eine Stadtpartei sind. Mit Jahn und Entholzer haben wir jetzt die Möglichkeit, dass wir auch eine Landespartei werden. Vielleicht ist es daher gar nicht schlecht, dass zwei Nicht-Linzer in der Landespartei sind.

Was sind Ihre Ziele für die nächste Gemeinderatswahl?
Eines ist mit Sicherheit klar, was wir 2009 hatten, wollen wir wieder. Ein Vierer muss vorne stehen und natürlich ist es auch ein deklariertes SPÖ-Ziel, dass das Bürgermeisteramt auch nach der Wahl von mir ausgeführt wird.

Foto: Koch
Foto: Koch
Anzeige
1:46
1:46

WKOÖ Maklertipp
Rechtsschutzversicherung: Sichern Sie Ihr Recht!

Eine Rechtsschutzversicherung schützt Sie vor den Folgen von vielen möglichen Konfliktfällen – vor allem finanziell.  Es gibt viele Gründe für einen Streit vor Gericht: Angenommen, Ihr Vermieter erhöht den Mietzins in ungerechtfertigter Weise, Ihr Hund läuft einem Biker vor das Rad, Ihnen wird nach einem Verkehrsunfall das Schmerzensgeld verwehrt oder Ihr Arbeitgeber zahlt die Überstunden nicht. Von all diesen Fällen haben Sie schon gehört oder Sie haben sogar schon selbst eine solche oder eine...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Enns auf MeinBezirk.at/Enns

Neuigkeiten aus Enns als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Enns auf Facebook: MeinBezirk.at/Enns - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Enns und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.