5 Minuten Wien: Die lachende U-Bahn
WIEN. Wenn ich eine längere Strecke mit der U-Bahn fahre, dann beobachte ich gerne meine Mitmenschen. Es ist doch aufschlussreich, was die anderen während der Fahrt machen.
Vorneweg: Menschen beobachten habe ich noch niemanden gesehen. Die meisten Leute, die ich gesehen habe, sind vielmehr nach innen gewandt. Der häufigste Fall: am Handy tippen. Sei es, um auf Facebook zu surfen, Mitteilungen zu schreiben oder einfach nur zu spielen, den Blick stur auf das Display gerichtet.
Andere blättern in den Zeitungen oder schauen ganz einfach ins Narrenkastl. Ganz selten findet man noch Pärchen, die miteinander reden. Noch seltener schauen sich die Menschen dabei an. Lächeln habe ich noch kaum jemanden gesehen – als wäre das von den Wiener Linien verboten.
Einmal habe ich den seltenen Fall erlebt, dass zwei Menschen nebeneinander gesessen sind und ein Buch gelesen haben. Das wurde noch übertroffen, als der Mann auf einmal herzlich zu lachen begonnen hat. Die Frau neben ihm wurde von dem Lachen angesteckt – und auch der eine oder andere Fahrgast kicherte verschämt mit. So fuhr die "lachende U-Bahn" von der Leopoldstadt nach Favoriten.
Dieser Vorfall hat einen ganz besonderen Ehrenplatz in meinem Gedächtnis: Immer, wenn ich mit den Öffis unterwegs bin und mir die streng blickenden und trotzigen Gesichter zu viel werden, stelle ich mir die lachende U-Bahn vor. Das zaubert immer wieder ein Lächeln auf meine Lippen. Und dass mich die anderen Menschen dann böse ansehen, das ist mir dann auch egal. Vielleicht kann ich so doch den einen oder anderen zum Lächeln bringen.
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