Vandalismus im Weihnachtswald
Ende vom Waldzauber in Feldkirch-Tosters

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Ein Trauerspiel in drei Akten

Drei Frauen und ihre Freunde gestalten aus privater Initiative einen dekorierten Waldzauber im Forst oberhalb von Tosters. Das Ziel ist es, Kindern Freude zu bereiten. Nach zwei Wochen ist es vorbei mit dem Zauber – kindliche Freude wird von kindischer Zerstörungswut abgelöst. Eine Weihnachtsgeschichte der anderen Art in drei Akten.

1. Akt: Adventfreude für Kinder
Die drei Frauen bringen die Idee eines geschmückten Weihnachtswaldes aus dem Montafon nach Tosters. Für ein wenig Weihnachtsstimmung in Zeiten wie diesen für Kinder und Waldspaziergänger und Reiter und Jogger. Beim bekannten Kraftplatz „Kreuz im Wald” unter dem Schellenberg dürfen sie ein paar Bäume und Sträucher weihnachtlich schmücken – mit ausdrücklicher Zustimmung der Wald- und Dorf-Offiziellen.

Der Waldzauber auf der Lichtung sorgt für kleine Freuden bei den Großen und große Freude bei den Kleinen: über hundert Weihnachtsmärchen werden von Wanderern aus der Holzkiste genommen – um vielleicht am Hl. Abend in den eigenen Stuben vorgelesen zu werden. Die Kinder dürfen einen eigenen Baum mit bereit gestellten kleinen Figuren selbst schmücken und haben großen Spaß daran. Jogger bleiben stehen und machen ihr Selfie für Freunde. Eine Dame bringt eigenen Weihnachtsschmuck mit und setzt die Dekoration fort. Alles in allem eine erfreuliche private Initiative, die niemanden etwas kostet aber vielen etwas bringt.

Und natürlich einige stört. Wie sehr, ist dann doch überraschend.

2. Akt: Vandalen:innen im Wald

Was in anderen Regionen des Landes seit langem funktioniert, ist im Tostner Forst nicht so willkommen: eine alte vermeintliche Dame schreit „Zeter und Mordio” und bittet einen Spaziergänger mit Hund, ihr beim Abräumen der scheußlichen Kugeln zu unterstützen – was sie mangels an Helfern dann aber selbst tun muss. Ein Querulantenpaar führt empörte Telefonate zum Skandal im Wald. Eine verbitterte Barbie und ihr Blockwart fühlen sich persönlich auf ihrem Waldspaziergang belästigt. Andere vermuten das Unwesen einer Sekte am Hl. Platz.

Und schließlich üben sich fleißige Waldvandalen:innen im Zerstören von Schildern und Abreißen der Dekoration. Nach dem Motto „Jeden Tag eine böse Tat” werden zuerst leicht erreichbare Christbaumkugeln entsorgt, zwei Tage später wird der hoch hängende Nikolaus fachmännisch enthauptet, mit den abgerissenen Lichterketten fein säuberlich im Müllkübel verstaut und mit Tannenreisig bedeckt – schließlich ist man (oder eher frau) ja ghörig und auf Sauberkeit im Wald bedacht.

3. Akt: Das Ende vom Lied
Den Initiatorinnen wird es schließlich zu dumm, den Platz laufend aufzuräumen und das Gejammer der sich gestört Gefühlten anzuhören, nie wissend, was am nächsten Tag wieder passieren wird. Sie nehmen zur Kenntnis, dass der Waldzauber nicht nur verzaubern kann, sondern auch Verbitterung, Wut und Aggression auslöst. Vor allem bei den Alten. Die drei Frauen lernen, dass es von ein paar psychischen Grenzgänger:innen im Ort zu viel Kraft und Toleranz verlangt, einfach weg zu schauen, wenn ihnen etwas nicht gefällt. Dass dabei auch Tatbestände wie Sachbeschädigung, Vandalismus und Diebstahl in Kauf genommen werden, zeugt von überraschend gut entwickelter kriminieller Energie und zumindest von Null Respekt. Also entscheiden sich die drei Frauen, den Waldzauber frühzeitig zu beenden.

Die Vandalen:innen und Kämpfer:innen für Zucht und Ordnung in Tosters müssen sich ab sofort neuen Objekten ihrer Verbitterung zuwenden.

Epilog
Die Abräumarbeiten am 3. Advent bieten noch jede Menge Emotionen: zwei Frauen sind entsetzt über die sinnlose Schändung, ein rüstiger Greis bedankt sich giftig für die „Entrümpelung”, mehrere Spaziergänger danken für den Weihnachtsgruß am Wegesrand und ganz zum Schluss kommen noch zwei Familien, die den Kindern die besondere Stimmung bei Dämmerung zeigen wollten. Die Mädchen sind tief enttäuscht über den leeren „Schmück-mich-Baum”, dürfen sich aber noch eine Figur aussuchen, bevor der Zauber für immer erlischt.

Und in Tosters ist endlich wieder Ruhe eingekehrt und Frieden, beim Kreuz im Wald.

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