Behinderung darf kein Handicap sein
Die WOCHE zu Besuch bei Hannes Ueli Wadl. Über Chancen, Herausforderungen und Vorurteile.
FELDKIRCHEN (pdk). Behinderung darf kein Handicap sein. Diesen Satz liest man, wenn man auf die Homepage von Hannes Ueli Wadls Unternehmen klickt. Der gebürtige St. Ulricher und Gründer einer Marketingfirma erkrankte zwei Jahre nach seiner Geburt an Kinderlähmung. Nach langer Krankengeschichte und Rehabilitationsversuchen inklusive einjährigem Steiermark-Aufenthalt – mit dem Ergebnis, die steirische Landeshymne fehlerfrei interpretieren zu können – musste Wadl nach Abschluss der Hauptschule feststellen, dass für Behinderte in den 70er-Jahren ein Platz in der Arbeitswelt eigentlich nicht vorgesehen war.
Bildung als Plan B
So entschied sich der ambitionierte Feldkirchner den Weg der Bildung zu gehen, doch auch das sollte nicht ohne bürokratische und persönliche Hürden vonstatten gehen. In der HAK aufgrund seiner Behinderung abgewiesen, kam es zu einem kurzen Intermezzo an einer Wiener Handelsschule. „In Wien war es aber mehr die Stadt, die mich interessierte, weniger die Schule“, erzählt Wadl mit einem Lächeln im Gesicht. Zurück in Feldkirchen wurde ihm seitens der Behörden während der Feststellungs-untersuchung eine absolute Erwerbsunfähigkeit bescheinigt.
Road Trip
Diese Diagnose, die viele in die Isolation treiben würde, bewirkte in ihm das Gegenteil. „Ein Freund, ein Fernfahrer, kam auf die Idee ihn auf seinen Reisen zu begleiten. Ich hatte Zeit und er gern eine Begleitung. So startete die erste Fernreise eines "Schwerbehinderten" per Lkw. Insgesamt 10 Jahre habe ich ihn begleitet, von Bulgarien bis Marokko“. Nicht immer ohne Zwischenfälle, wie Wadl zugibt: "Zweimal wurden wir ausgeraubt". Auf diesem Wege lernte der Werbemann mehr über Land und Leute verschiedenster Kulturen kennen als die meisten gesunden Menschen in ihrem Leben. „Meine Behinderung war da mehr treibend als lähmend, statt 100 % musste ich halt oft auch 200 % geben um meine Ziele zu erreichen".
PC als Chance und Gefahr
Bereits in den frühen 80er-Jahren erkannte er das Potenzial der technischen Innovationen und fing an sich kleineren Projekten am PC zuzuwenden. Zwar bietet der PC als Arbeitsgerät, das auch von zu Hause aus bedient werden kann, Behinderten neue Möglichkeiten sich in den Arbeitsprozess zu integrieren, doch gibt Wadl auch zu bedenken: „Bei allen Vorteilen besteht die größte Gefahr vor allem darin, dass sich körperlich Behinderte durch die Arbeit im Homeoffice noch weiter in die Isolation zurückziehen".
Gesellschaft
Auf die Frage hin, ob der Umgang mit dem Thema Behinderung noch immer ein zu verkrampfter sei, sieht Hannes Ueli Wadl die größte Problematik in der Terminologie: "Die einen sagen körperlich behindert, die anderen körperlich beeinträchtigt und wiederum andere sprechen von körperlich benachteiligten Menschen – selbst in den Betreuungsinstitutionen ist das so. Meinen tun sie dabei alle das Gleiche: Früher waren’s die Hascher, heute sind es die Klienten. Der Begriff ändert sich, der Inhalt bleibt derselbe". Diese Diskrepanz gilt es zu überwinden.
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