Ärztechef: „Elga droht, ein Chaos zu werden“
Neuer Ärztekammer-Präsident Artur Wechselberger: „Wir brauchen ein funktionierendes System.“
Sie haben vor der Einführung der elektronischen Patientenakte Elga fünf Forderungen gestellt: Freiwilligkeit, Nutzerfreundlichkeit, Datenschutz und -sicherheit, Finanzierung und Pilotphase. Ist Ihnen Minister Stöger schon entgegengekommen?
WECHSELBERGER: Es geht nicht darum, den Ärzten entgegenzukommen, sondern darum, den Patienten mit einem funktionierenden System entgegenzukommen. Wenn man unsere Vorschläge nicht berücksichtigt, wird Elga ein Chaos und eine Verschwendung öffentlicher Gelder.
Es hakt am elektronischen System: In der Einführungsphase soll es für die Ärzte nicht möglich sein, die elektronische Akte nach Schlagworten zu durchsuchen.
Ärzte benötigen ein Arbeitsgerät, um zielgerichtet das zu finden, was sie im Moment der akuten Behandlung von Patienten brauchen. Wir wollen Elga nicht nur zum Archivieren.
Warum soll es diese Möglichkeit nicht schon mit der Einführung von Elga geben?
Das Gesundheitsministerium gibt uns zwar Recht, dass die Ärzte diese Suchfunktion brauchen. Man befindet es aber nicht für notwendig, das System schon jetzt mit dieser Zusatzfunktion auszustatten.
Elga soll Patienten die Möglichkeit einräumen, ihre Daten zu löschen. Die Ärzte fordern jedoch, dass Patienten vorher entscheiden dürfen, ob ihre Daten erfasst werden oder nicht.
Die Daten werden nicht gelöscht – das ist ein Irrglaube. Sie werden nur ausgeblendet und bleiben im System. Das ist ein grundsätzliches Problem.
Gesundheitsminister Stöger hat Mittel zur Datensicherung angekündigt.
Das sind Floskeln.
Stöger will, dass Elga heuer noch den Ministerrat passiert. Warum plötzlich diese politische Eile?
Das hängt mit der Gesundheitsreform zusammen. Für die Politik wird Elga als mögliches Mittel zum Sparen gesehen.
Sparen ist doch gut.
Sparen darf nicht die Gesundheit gefährden, auch nicht die Abläufe im Gesundheitssystem. Sparen darf nicht zulasten des Datenschutzes oder der Patientenrechte gehen. Man gibt vor, dass Elga allein durch die e-Medikation Einsparungen von 122 Mio. Euro im Jahr bringt. Sonst hat man keine Zahlen.
Und können Sie diese eine Zahl nachvollziehen?
Nein. Das ist eine Hausnummer. Sie ist aber die einzige Zahl, mit der derzeit hantiert wird. Elga ist Teil des Sparpakets, das bis Ende des Jahres fertiggeschnürt werden muss. Daher der enorme Zeitdruck. Es geht nicht um ein nützliches Gerät im Gesundheitsbereich, sondern um Zahlenpositionen, die im Sparpaket ausgewiesen werden.
Das ist Elga:
Elga soll, wenn es nach Gesundheitsminister Stöger geht, eine elektronische Gesundheitsakte werden. Diese elektronischen Befunddaten sollen Ärzten und Spitälern bundesweit einen elektronischen Zugriff auf Patientendaten ermöglichen.
Grundsätzlich wird Elga im Gesundheitswesen befürwortet. Die finanziellen, datenschutzrechtlichen und technischen Details seien noch offen, wie Ärztekammer-Präsident Wechselberger (siehe oben) betont.
Allein den niedergelassenen Ärzten würde die Einführung des Systems Elga Kosten von bis zu 30 Millionen Euro verursachen. Laut Ärzten sei Elga eine öffentliche Infrastruktur und auch durch die öffentliche Hand zu finanzieren. Dafür sind jedoch im Budget keine Gelder vorhanden.
Autorin: Karin Strobl
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