„Ich bin nervös wie ein werdender Vater“

Peter Turrini, im Gespräch mit Christian Lehner: „Nach 100 Jahren Stadttheater ist eine Intendantin fällig“
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Peter Turrini, 66, geboren in St. Margarethen im Lavanttal, einem Stadtteil von Wolfsberg, aufgewachsen in Maria Saal und am dortigen „Tonhof“ durch den Komponisten und Freidenker Gerhard Lampersberg mit Vertretern der Wiener Kultur- und Avantgardeszene bekannt und vertraut geworden.
Über das Leben auf dem Tonhof schrieb Turrini das Stück „Bei Einbruch der Dunkelheit“, uraufgeführt im Jänner 2006 am Stadttheater Klagenfurt, Regie: Dietmar Pflegerl. Im März 2007 brachte Pflegerl die Volksoperette „Jedem das Seine“ zur Uraufführung, ein Gemeinschaftsprodukt Turrinis mit Silke Hassler, Schriftstellerin und Gefährtin. Es war Pflegerls letzte Premiere eines Turrini-Stücks.
Im Herbst darauf begann Intendant Josef Ernst Köpplinger sein Wirken am Stadttheater, er eröffnete seine erste Saison mit einer Neufassung von Turrinis „Die Eröffnung“, einem Stück übers Theater, Regie: Sibylle Broll-Pape. Und hier schließt sich der Kreis des (sehr rudimentären) biographischen Bogens: Am Samstag gelangt Turrinis jüngstes Opus „Silvester“ zur Uraufführung, Regie: Köpplinger.

Offenes Ohr für Verrücktheiten
„Den Köpplinger kenne ich schon seit etlichen Jahren“, erzählt Turrini. „Er hat mein Stück ,Der tollste Tag‘ am Wiener Volkstheater inszeniert, auf eine bravouröse Art und Weise. Die Zusammenarbeit mit ihm läuft sehr gut: Er hat ein offenes Ohr für meine Verrücktheiten und ich für die Seinen.“
Das Gemunkel, dass nach Pflegerls Tod kein Turrini mehr am Stadttheater zu sehen sein werde, geschweige denn eine Uraufführung, ist damit wohl endgültig Geschichte. Köpplingers Zeit als Klagenfurter Intendant hingegen ebenfalls (seine Intendanz endet bekanntlich mit der Spielzeit 2011/2012).
Turrinis Wunsch an die künftige Intendanz: „Als dramatischer Fieberkopf wünsche ich mir natürlich mehr Dramatik im Stadttheater Klagenfurt. Viele Ur- und Erstaufführungen auch von Kärntner Dramatikern, die im Land geblieben sind. Und viele Irritationen für die Mächtigen. Die Theaterleute müssen die Hand, die sie füttert, beißen. Und was den neuen Intendanten betrifft, nach 100 Jahren ist wirklich eine Intendantin fällig. Es gibt ein paar sehr tolle Frauen in unserem Gewerbe.“

In die Abgründe schauen …
Turrinis Ausdrucksform Nummer 1 ist das Theater, und er hat genaue Vorstellungen, was Theater kann und soll: „Das Theater hat jene Aufgaben, die es sich selbst stellt, von seichtem Unterhaltungstheater bis zu heiß engagiertem politischem Theater. Bekanntlich ist ja die Kunst frei, und jeder darf sich seine Methode aussuchen. Ich verfolge meine eigene Methode: Ich möchte in meinen Theaterstücken in die Abgründe der Menschen schauen, und das auf möglichst komödiantische Art und Weise.“

In die „Abgründe der Menschen“ schaut der Autor auch im neuen Stück „Silvester“: „Ich habe meist etliche Ideen in meinem Theaterkopf und eine setzt sich dann durch und wird zum Stück. In diesem Falle war es die Tatsache, daß wir immer mehr Kommunikationsmittel zur Verfügung haben, vom Fernseher mit Hunderten Programmen bis zum iPhone, dass jedoch gleichzeitig die Einsamkeit unter den Menschen sehr zunimmt. Was ist da los? Obwohl wir alle miteinander reden könnten, jede Möglichkeit, vor allem technische, dazu hätten, warum ist es so still und verloren in uns? Für alles gibt es einen Ratgeber, aber die Einsamkeit der Menschen wird nicht weniger.“

Gefangen in der eigenen Welt
Die Themen, die Turrini in „Silvester“ aufgreift, sind vielfältig – Beziehung, Beziehungsunfähigkeit, Abhängigkeiten, Behinderungen –, Kernthema aber ist die Einsamkeit: „Es ist die Einsamkeit, die Gefangenschaft in der eigenen Welt. Der alte Mann (Leo Waller) lebt nur noch in der Vergangenheit, will von dem, was draußen vor sich geht, nichts mehr wissen, weil es ihn bedroht. Der junge Behinderte (Herbert Stein) ist längst in seiner ganz eigenen Welt, auch eigenen und seltsamen Sprachwelt, versunken. Und die Operettensängerin (Ruth Maria Lippe) verbirgt sich hinter einer Lebenslüge. Sie gibt eine Karriere vor, die nie stattgefunden hat.“
In gewisser Weise erinnert „Silvester“ an das 1971 uraufgeführte (Skandal-)Stück „Rozznjogd“, ein Vergleich, den der Autor zulässt: „Sie haben Recht, es gibt eine Ähnlichkeit zwischen ,Rozznjogd‘ und ,Silvester‘. In beiden Stücken tragen die Akteure Masken, sie verstecken sich hinter Mauern und im Laufe des Stückes mit zunehmendem Vertrauen schauen sie hinter diesen Mauern hervor, demaskieren sie sich. Der Unterschied zwischen den beiden Stücken liegt darin, daß die Demaskierung in ,Rozznjogd‘ äußerst brutal vor sich geht, während die Figuren in ,Silvester‘ eher auf eine stille und langsame Weise zueinander finden.“

Werdender Vater im Kreißsaal
In den Wochen vor einer Uraufführung fällt es Turrini schwer, sich zu entspannen: „Ich bin bei einer Uraufführung viel zu nervös, um diese gelassen abzuwarten. Ich telefoniere ständig mit dem Köpplinger und fahre zu Proben. Ich renne wie ein werdender Vater vor dem Kreißsaal auf und ab.“
Nach der Premiere am Samstag ist aber noch keine Entspannung garantiert: „Fünf Tage nach der Uraufführung in Klagenfurt findet im Theater der Josefstadt die Aufführung einer Neufassung des ,Campiello‘ statt.“
Den Jahreswechsel – Silvester – feierte Turrini „mit Freunden“, Neujahrsvorsätze nicht inkludiert: „Ich nehme mir nicht die geringsten Vorsätze, ich würde sie ohnehin alle brechen.“

Sein dramatischer Fieberkopf arbeitet 2011 jedenfalls wie gewohnt: „Mir schwirrt eine ganze Reihe von Stückentwürfen im Kopf herum. Und mit der Silke Hassler würde ich auch wieder gern ein Stück schreiben, damit wir bei der Uraufführung gemeinsam zittern können.“

Peter Turrinis "Silvester":
„Silvester“, Theaterstück von Peter Turrini.
Ein Auftragswerk des Stadttheaters Klagenfurt, Uraufführung: 8. Jänner.

Regie: Josef E. Köpplinger,
Bühne: Julia Müer,
Kostüme: Dritan Kosovrasti,
Dramaturgie: Sylvia Brandl.

Es spielen:
Wolfgang Kraßnitzer (Leopold Waller, Pensionist),
Jan Nikolaus Cerha (Herbert Stein, Heimbewohner),
Helga Papouschek (Ruth Maria Lippe alias Fritzi Weber, Operettensängerin), Arthur Klemt (Rudi Rischka, Betreuer).

Zum Inhalt:
Der Pensionist Leo Waller sucht zum Jahreswechsel die Zweisamkeit. Nachdem er die Operettensängerin Ruth Maria Lippe „storniert“ hat, wird über die Caritas der geistig behinderte Heiminsasse Herbert Stein zwecks Familienanschluss an ihn vermittelt. Die Annäherung der beiden Männer ist zögerlich. Als dann die Operettensängerin doch noch auftaucht und ihr Engagement erfüllen will, verändert sich die Stimmung. Langsam fallen die Fassaden und verschüttete Sehnsüchte treten mit einer längst demolierten Hoffnung auf Erfüllung ans Tageslicht.

Premiere:
8. Jänner, 19.30 Uhr, Aufführungen bis 24. Februar.
Infos, Karten: 0463/54064, www.stadttheater-klagenfurt.at.

Autor: Christian Lehner

Peter Turrini, im Gespräch mit Christian Lehner: „Nach 100 Jahren Stadttheater ist eine Intendantin fällig“
"Silvester" | Foto: KK
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