Bjelica verblüfft den Calcio: ,,Man hat mich angesehen, wie einen Außerirdischen!"

CLAUDIO TREVISAN

LA SPEZIA. Euphorie im italienischen La Spezia. Schuld daran ist Nenad Bjelica. Der Viktringer & Ex-WAC-Trainer ist mit dem Serie-B-Klub nach 13 Runden Dritter, nur zwei Punkte hinter Leader Frosinone. Das übertrifft in Ligurien alle Erwartungen. Denn so gut stand der Verein in dessen Geschichte noch nie da!

In La Spezia träumt man schon vom erstmaligen Serie-A-Aufstieg. Realistisch?
NENAD BJELICA: Wir haben einen Drei-Jahresplan. Dann wollen wir rauf. Wenn es heuer schon klappen sollte, umso besser. Klar ist es mein Traum, irgendwann gegen Juve, Roma & Co. spielen zu können.

Die Fans sind heißblütig. Können Sie noch unentdeckt außer Haus gehen?
Keine Chance. Ob bei der Tankstelle, beim Kiosk oder in der Bank – ich werde dauernd angesprochen. Es ist wahnsinnig schön. Die Fans sind eine enorme Bereicherung. Eine so einheitlich tolle Stimmung – vor allem im Stadion – habe ich zuletzt als Aktiver in Kaiserslautern erlebt. In Österreich gibt's das in dieser Form nicht, dort sind es nur einzelne Fangruppen.

Aus den vergangenen sieben Spielen holte man 16 Punkte!
Das war nicht zu erwarten, immerhin hatten wir im Sommer zwölf Neuzugänge und 14 Abgänge. Zudem kannte ich noch nicht viel vom italienischen Fußball. In so kurzer Zeit etwas aufzubauen, war nicht einfach.

Nun haben Sie sich eingelebt. Wie würden Sie den „calcio” beschreiben?
Taktik ist alles! Das Erste, was Journalisten hier wissen wollen, ist, mit welchem System ich spiele. Ich habe aber demonstriert, dass man mit jedem System gewinnen kann, damit alle eines Besseren belehrt. Zuletzt habe ich im Spiel drei Mal die Taktik geändert – und gesiegt!

Auch die Bedeutung des Konditionstrainers ist sehr groß.
Zu groß! Er ist fast heilig! Es werden sehr, sehr viele Kondi-Einheiten ohne Ball abgehalten. Das entspricht nicht meiner Philosophie. Daher habe ich mich vom Kondi-Betreuer getrennt. Plötzlich waren meine Trainings für alle etwas völlig Neues, das kannte keiner. Viele waren skeptisch, auch im Verein. Man sah mich an, als wäre ich ein Außerirdischer. Ich bin meiner Linie aber treu geblieben, jetzt diskutiert keiner mehr darüber.

Im Europa-Vergleich hinkt der italienische Fußball aber nach. Gibt's eine Erklärung?
Wie gesagt: Man glaubt hier, alleine mit Taktik und Kondition gewinnen zu können. Das Umschaltspiel von Defensive zu Offensive bekommt allerdings zu wenig Bedeutung. Neben der finanziellen Krise ist das bestimmt ein Mitgrund, wieso man hinter Spanien, Deutschland oder England liegt.

Und Österreich?
Sturm, Austria, Rapid, vielleicht der WAC könnten hier mithalten. Salzburg hat Serie-A-Potenzial. Das Niveau der Serie B ist deshalb so groß, da ca. 70 Prozent der Spieler als Leihe von Serie-A-Klubs kommen. Ich habe beispielsweise Kicker von Juve, Fiorentina oder Atalanta in meinen Reihen. Die Vereine teilen sich das Gehalt, die Liga-Qualität wird höher.

Ein paar Worte noch zu Ihrem Ex-Klub WAC?
Sie spielen eine tolle Saison! Man sieht, dass genau die richtigen Akteure im Sommer geholt wurden.