,Es regiert Misstrauen‘

- Buchautor Joachim Zyla berät Firmen weltweit
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Top-Berater Joachim Zyla ist überzeugt: Vertrauen in Unternehmen steigert die Produktivität der Mitarbeiter.
Der Management-Berater und Buchautor Joachim Zyla ortet fehlendes Vertrauen im Wirtschaftssystem und sieht Notwendigkeit einer Wiederherstellung.
WOCHE: Sie sagen, unsere Welt basiert auf Misstrauen. Woran machen Sie das fest?
Joachim Zyla: Wenn Sie die Leitbilder von großen Unternehmen durchlesen, steht da: Teamwork, Vertrauen, die Menschen sind das wichtigste Gut im Unternehmen. Das wird nicht gelebt. Denn: Würden wir ihnen vertrauen, bräuchten wir nicht so viele Verträge und Controller, Absicherungen, Budgets und Rückversicherungen. Wir würden nicht Armeen von Rechtsanwälten beschäftigen. Mit jedem Vertrag, der ein Mindestmaß überschreitet, sagt man ganz klar: Ich vertraue Ihnen nicht.
Welche Folgen wird das aus Ihrer Sicht haben?
Ich sehe seit sechs Jahren – mit massiver Beschleunigung nach 2008 –, dass sehr viele Leute in Führungspositionen völlig ausgehöhlt sind. Da kann man soviel Druck geben, wie man will – der kann nicht mehr. Ich sehe einen Wirtschaftszusammenbruch, weil die Leute nicht mehr können. Nicht nur wegen Burnout, sondern auch dem Verlust der Sinnhaftigkeit. Wenn sie keinen Sinn mehr in der Arbeit sehen, gibt Sie Ihnen keine Kraft und zerstört buchstäblich Ihre Lebensenergie. Das ist ein Resultat von Misstrauen, Konkurrenzdenken und Druck.
Was funktioniert in Unternehmen, die auf Vertrauen basieren, besser?
Unternehmen, in denen Vertrauen herrscht, haben eine bis zu 70 Prozent höhere Produktivität der Mitarbeiter. Krankenstände sind bis zu einem Drittel weniger. Das ist messbar. Mobbing ist fast nicht vorhanden. Dafür muss man Vertrauensstrukturen aufbauen.
Das funktioniert?
Wenn jemand selbst kein Vertrauen in andere hat – und das ist systembedingt –, kann er schwer Vertrauen ausstrahlen. Den Prozess kann man nicht auf Knopfdruck ändern, sondern nur versuchen ein Vertrauensmanagement aufzubauen. Man kann empfehlen es in einem kleinen Bereich auszuprobieren.
Kann man in einer vernetzten Wirtschaft solche Systeme in einzelnen Unternehmen etablieren?
Das ist das Gute. Es funktioniert definitiv in einzelnen Unternehmen, in meinem zum Beispiel. Wir hatten 2008 ein Rekordjahr. Für 2009 haben wir die Entscheidung getroffen, es einfach laufen zu lassen – ohne Budget und ohne Druck. Und die Zahlen waren erneut gut.
Wo fängt Vertrauen im Unternehmen an?
Es kann nicht von oben dekretiert, aber von oben initiiert werden.
Lernen das Führungskräfte in Ihrer Ausbildung?
Man lernt an den Universitäten Finanzen, Marketing, Controlling. Aber es gibt das Curriculum „Vertrauensmanagement“ als Manager-Ausbildung noch nicht. Das einzubauen ist nicht nur mein Ziel, sondern ich habe vor einem Monat die erste Blockveranstaltung gehalten: Vertrauensaufbau und -wiederherstellung.
Warum soll es sich durchsetzen? Aus wirtschaftlicher Notwendigkeit oder Sehnsucht?
Beides. Die Sehnsucht der Menschen ist ganz wichtig und so stark wie noch nie zuvor. Das ist die individuelle Ebene. Es geht darum, Methoden zu finden, wie man Institutionen und Konzernen eine Möglichkeit aufzeigt, ihre Profitabilität zu steigern, aber nicht auf Kosten anderer.
Zur Person:
Seit rund 20 Jahren wählt Joachim Zyla Führungskräfte für zum Teil weltweite Konzerne aus. Als Buchautor verfasste er „Am achten Tag erschuf der Teufel das Business“.
Im Jahr 2010 gründete er die „Management Lounge“ und hält europaweit Seminare für Top-Manager. Kürzlich war er Gast beim Open-Space-Congress in Ossiach.
Autor: Gerd Leitner
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