Darüber spricht man (nicht): Tabukrankheiten
BEZIRK. Ob Angina, Gelenkschmerzen oder Migräne: Den meisten Menschen fällt es weder sonderlich schwer, mit dem Hausarzt über körperliche Beschwerden zu sprechen, noch anderen Menschen ihr Leid darüber zu klagen. Wesentlich anders verhält sich dies jedoch bei jenen Krankheiten, die mit Scham verbunden sind und als Tabu gelten. Was man unter Tabukrankheiten versteht und wie man am besten damit umgeht, weiß Reinhard Aumayr, Allgemeinmediziner in Alkoven.
Inkontinenz, Herpes und Co
Unter Tabukrankheiten versteht man jene gesundheitlichen Beschwerden, die gesellschaftlich mit einem gewissen Stigma belegt sind. Die Palette an Tabukrankheiten ist breit: "Häufig sind dies urologische Erkrankungen, wie beispielsweise Inkontinenz, Bettnässen, Impotenz oder sexuelle Krankheiten", betont Reinhard Aumayr. Doch auch Herpes, Kopfläuse, Blähungen, Hämorrhoiden, Fußpilz oder Verstopfungen zählen zu jenen Erkrankungen, über die Menschen nicht allzu gerne sprechen. Tabukrankheiten betreffen jedoch nicht nur ältere, sondern oft auch junge Menschen. Warum es Menschen so schwer fällt, über diese Erkrankungen zu sprechen? "Dies hängt vor allem von prägenden Faktoren wie zum Beispiel Erziehung oder Kultur ab", so Aumayr.
Das Schweigen brechen
Wie geht man mit vermeintlichen Tabukrankheiten am besten um? "Wichtig ist dabei zunächst die Kontaktaufnahme mit dem Arzt des Vertrauens", erklärt Aumayr. "Der Arztbesuch sollte auf keinen Fall lange aufgeschoben werden, ansonsten riskiert man unter Umständen, den Krankheitsverlauf negativ zu beeinflussen. Generell gilt: Je früher der Arztbesuch, desto besser." Schließlich sollten die Symptome beschrieben werden – auch wenn dies von Patienten zunächst oft als unangenehm wahrgenommen wird.
Kein Patentrezept
"Seitens des Arztes ist es natürlich besonders wichtig, behutsam mit der jeweiligen Erkrankung des Patienten umzugehen. Dabei gibt es kein Patentrezept, denn es handelt sich meist um diffizile und sehr unterschiedliche Geschichten." Weiters ist es häufig nicht nur vom Patienten selbst, sondern vielmehr auch vom Arzt abhängig, inwieweit sich der Patient öffnet. Dementsprechend ist ein kommunikatives Feingefühl im Umgang mit sogenannten Tabukrankheiten notwendig. "Wichtig ist auch, dass es sich um ein Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patienten handelt", so Aumayr. "Dabei sollte man alle körperlichen und seelischen Probleme offen besprechen können, die unter Verschluss bleiben."
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