Polytechnische Schulen

"Poly" und Lehre kämpfen um besseres Image

An den Polytechnischen Schulen (PTS) in Eferding und Grieskirchen können Jugendliche herausfinden, wo ihre Stärken liegen und welcher Beruf ihnen wirklich Freude macht. Dennoch ist das „Poly“ für viele nur zweite Wahl.

EFERDING, GRIESKIRCHEN. Der Lockdown inklusive Homeschooling und Unterricht in geteilten Gruppen wurde laut Gespräch mit den beiden Schulleitern gut gemeistert. In Grieskirchen wurde der Unterricht über Videokonferenzen, streng nach Stundenplan abgehalten, „damit die Schüler im geregelten Tagesablauf bleiben“, so Franz Pilz, Leiter der PTS Grieskirchen. Im PTS Eferding wurden dagegen Arbeitsaufträge erteilt, die von den Schülern in einem bestimmten Zeitraum erledigt werden mussten. Der Unterricht mittels Videokonferenz wurde hier aufgrund teils fehlender oder beschränkter Zugänge zu Computern beziehungsweise schlechter Internetanbindung eingestellt. „Distance learning war für einige Schüler von Vorteil. Manche fühlten sich in den kleineren Gruppen wohler als im gesamten Klassenverband. Andere begrüßten, dass sie im eigenen Tempo arbeiten konnten“, so Gabriele Porod, Leiterin der PTS Eferding. Für sie ist der heurige Schulanfang dennoch nicht mit anderen zu vergleichen: „Mein erster Eindruck ist, dass Schüler etliche Defizite mitbringen. Es ist bei manchen spürbar, dass sie zu lange von der Schule weg waren.“ Das PTS Eferding ist in den Herbstferien 2020 an die neue Adresse in der Weser Straße 17, unmittelbar neben der Mittelschule Süd, umgezogen. „Wir haben durch den Umzug weniger Räumlichkeiten und Platz, aber dafür drei neu eingerichtete Werkstätten“, so Porod. Als erste Schule Oberösterreichs mit dem Gütesiegel „Gesunde Schule“ ausgezeichnet, hält das PTS Eferding diese Auszeichnung.

Volle Klassen

In beiden PTS sind die Klassen gefüllt. Da in Eferding nicht alle gestartet sind, die sich angemeldet haben und Lehrer mehr Lehrverpflichtung übernehmen, ist die Situation weniger angespannt als in Grieskirchen, wo laut Schulleiter zwei Lehrer fehlen. Hier haben sich heuer 98 Schüler angemeldet. Bis Weihnachten ist laut Pilz noch mit Schülern zu rechnen, die nach den ersten negativen Schularbeiten aus höheren Schulen ans „Poly“ wechseln. „Schüler, die nach dem 1. Oktober zu uns kommen, finden keinen Eingang mehr in die Berechnungen der Stundenzuteilungen“, spricht Grieskirchen PTS-Leiter ein Problem des bestehenden Schulsystems an. Nicht die einzige Schwierigkeit, die sich aus einem Wechsel nach Schulstart ergibt.

Berufsorientierung

Die Orientierungsphase zu Schulbeginn, die im PTS Eferding schon länger praktiziert wurde, ist mit dem neuen Lehrplan seit September 2020 für alle Polytechnischen Schulen vorgeschrieben. Alle Schüler lernen alle Fachbereiche – inklusive Werkstätte – kennen. Zudem stehen Firmenpräsentationen, Schnuppertage und Exkursionen zu Unternehmen auf dem Programm. Schüler fassen ihre Erfahrungen und Eindrücke im Orientierungskompass zusammen. Dieser bildet die Basis für ihre Entscheidung, in welchem Fachbereich sie das Schuljahr absolvieren, um gut ins Berufsleben zu starten. Wer also zu einem späten Zeitpunkt aus höheren Schulen wechselt, um ein positives Abschlusszeugnis zu erreichen, verpasst diese Eingangsphase. „Die Schüler müssen sich für einen Fachbereich bewerben und begründen, warum sie in diesem arbeiten möchten. Vorbilder oder Anregungen aus dem näheren Umkreis oder die Entlohnung sollten nicht den Ausschlag geben“, so Pilz.

Zukunft Lehre

Während sich immer mehr Mädchen für eine technische Ausbildung interessieren sind es zwar mehr, aber immer noch verhältnismäßig wenige Burschen, die zum sozialen Bereich tendieren. „Der Lehrberuf hat eine sichere Zukunft. Dieses Bewusstsein muss bei den Menschen verankert werden. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass wir Handwerk vor Ort brauchen. Es muss das Bewusstsein für die Bedeutung von Regionalität steigen“, so Franz Pilz. Er kritisiert die aktuelle Kampagne der Wirtschaftskammer, weil für ihn „Lehre kein Abenteuer ist“ und wünscht sich Unterstützung der WKO an anderer Stelle: „Unser Schulsystem, gerade im Mittelschulbereich, ist auf die Fächer Deutsch, Mathematik und Englisch aufgebaut. Alles andere sind Nebenfächer. Kochen, geometrisches Zeichen, Werkunterricht wurden gekürzt. Doch handwerkliches Geschick kann ich nur erlernen, wenn ich es selbst probiere. Vielleicht entscheiden sich mehr Schüler für eine Berufsausbildung, wenn das Praktische, das Begreifen, wieder gefördert wird.“ Auch für Gabriele Porod muss die Lehre wieder ein besseres Image erhalten. Als Leiterin einer Externistenprüfschule weist sie auf einen weiteren wichtigen Punkt hin: „Wir haben auch heuer wieder Schüler, die aus weiterführenden Schulen kommen und ein PTS machen für einen positiven Abschluss der neunten Schulstufe. Für viele Ausbildungen ist das Voraussetzung. Teilweise legen Erwachsene eine Prüfung ab, um etwa im Pflegebereich arbeiten zu können.“