100 Tage Rot-Blau im Burgenland
Seit mehr als drei Monaten waltet die neue Landesregierung seines Amtes. Die verschiedenen Parteien im Bezirk Jennersdorf und Güssing ziehen erste Bilanz zu den bisherigen Ergebnissen. Die Meinungen gehen stark auseinander.
Landesrätin Verena Dunst, SPÖ Güssing
Mit der neuen Regierung kann man auch neue Wege gehen. Das beste Beispiel ist hier die Bildung. Es gibt jetzt nur mehr einen Zuständigen für alle Angelegenheiten vom Kindergarten bis zur Fachhochschule. Früher war dies auf drei Positionen aufgeteilt. Die gemeinsame Zusammenarbeit mit der FPÖ bewirkt, dass man viel Unnötiges einsparen kann. Zuvor gab es in vielen Bereichen Doppelbesetzungen und das ging auf Kosten der Steuerzahler. Beispielsweise gab es einen Landesschuldirektor, der für nur vier Berufsschulen zuständig war. Die neue Regierung fährt hier eine deutlich andere Linie. Alles geht jetzt effizienter, schneller und sparsamer voran. Die Zusammenarbeit in Güssing mit Johann Richter funktioniert hervorragend. Ich möchte weg von der Parteipolitik und auf alle Themen offen reagieren. Daher habe ich auch einen Runden Tisch ins Leben gerufen, wo alle Bezirksmandatare eingeladen wurden. Alle sind gekommen bis auf die ÖVP. Dabei geht es um gemeinsame Ziele für Güssing, vor allem weil die neue Förderperiode vor der Tür steht. Ich möchte einfach eine gute Zusammenarbeit für die BürgerInnen erzielen und weg von diesem parteipolitischen Hick-Hack.
LAbg. Walter Temmel, ÖVP Güssing
Die neue Landesregierung hat kein Fettnäpfchen ausgelassen. Die Äußerungen des Landeshauptmann-Stellvertreters Tschürtz zum Asylthema waren geradezu peinlich. Die Forderung der Grenzzäune stört hier besonders. Anstatt einen freien Wirtschaftsraum zu fördern, will man sich abgrenzen.
Was mich besonders gestört hat, war die einseitige Besetzung der Beiräte. Sei es für den Wohnbau, Bildung, Sport oder Tourismus, alle kommen aus demselben Lager.
Ein konkretes Beispiel ist die Uhudler-Debatte: Anstatt in der Sache etwas weiterzubringen, macht man einen sogenannten runden Tisch, womit nur Emotionen geschürt werden. Das ist eine reine Selbstbeweihräucherung der Landesrätin, mit einem Lösungsansatz hat das nichts zu tun.
Gefallen hat mir die Einführung der Flüsterkästen. Damit hat man die Möglichkeit, sich anonym zu beschweren. Man kann Kritik einbringen, der dann auch nachgegangen wird.
Johann Richter, FPÖ Güssing
100 Tage mit der Sommerpause, diese Zeit ist einfach zu kurz. Die meisten Dinge sind erst in der Ausarbeitung. Die Doppelgleisigkeiten sollen abgeschafft werden, Verwaltungsreformen oder ein Gemeindesicherheitskonzept sind auszuarbeiten. Das alles geht nicht von heute auf morgen. Ein Problem ist, dass die ÖVP mit ihrer Rolle als Opposition nicht zurecht kommt. Sie spielen die beleidigte Leberwurst. Das führt zur Blockierung in der Landtagsarbeit.
Weltbewegendes für das Land ist einstweilen noch nicht passiert. Es ist viel geplant, aber es ist einfach noch zu früh, um Ergebnisse zu erwarten. Das Klima in der Koalition passt gut.
Hermann Frauenberger, Die Grünen Güssing
Es wäre unfair, nach 100 Tagen über die politische Arbeit der Landesregierung zu urteilen. Menschlich aber haben sie in dieser Zeit absolut versagt, das kann man in fünf Jahren nicht gut machen. Und für den Landeshauptmann ist das Südburgenland sowieso ein Stiefkind.
Josef Hochwarter, LBL Jennersdorf
Ich sehe keine positiven Veränderungen speziell für das Südburgenland. Man merkt gar nicht, dass eine neue Regierung im Amt ist. Die FPÖ fristet nur ein Schattendasein. Die großen Themen, wie die Flüchtlingskrise, Arbeitslosigkeit, Schuldenstopp oder das Gesundheitswesen, wurden überhaupt nicht angegangen. Es scheint, es wäre eine Weiterverwaltung des Stillstandes. Die Problematik ist, dass man als Landesregierung zu wenig Kompetenzen hat und so immer nur der Bundesregierung nachlaufen kann.
Bezirksparteiobmann Thomas Börner, FPÖ Jennersdorf
Momentan gibt es eine gute Zusammenarbeit. Das habe ich auch von Kollegen Tschürz gehört. Bei der neuen Regierung ist ein schnelleres Tempo dahinter. Meines Wissens wurden bis jetzt über 170 Anträge im Landtag behandelt, was vorher nicht der Fall war. Und das alles in der kurzen Zeit. Die Vorschläge von LH-Stellvertreter zum Thema Asyl und Grenzsicherung stießen auf viel Zustimmung in der Bevölkerung. Leider wurden diese vom Bund abgelehnt. Das war nicht erfreulich, nicht nur für die Partei, sondern auch für die BürgerInnen selbst.
Johann Schabhüttl, SPÖ Jennersdorf
Ich habe das Gefühl, dass der Umgang miteinander in dieser Koalition sehr positiv ist, es ist ein direktes, ehrliches und besseres Miteinander. Die Dinge werden schneller angesprochen und versucht zu erledigen. Das ist der Hauptunterschied zu vorher. Vieles in der Kommunikation ist einfacher geworden. Die Themen werden ohne langes hin und her in Angriff genommen. Das ist der größte Vorteil gegenüber vorher. Viele haben die Befürchtung gehabt, dass sich das Burgenland jetzt in eine andere Richtung bewegt. Aber wir hatten die größte Flüchtlingskrise überhaupt und wir sind nicht weniger menschlich geworden. Wenn jemand in der Verantwortung steht, überlegt man sich einfach besser, was man sagt und in welche Richung man geht.
Fazit vom Landeshauptmann
LH Hans Niessl lobt die intensive Zusammenarbeit der rot-blauen Landesregierung. Insgesamt mehr als 200 einstimmig gefasste Beschlüsse verdeutlichen dieses konstruktive Miteinander. Die neue Geschäftsordnung ist von klaren Kompetenzen für rasche Entscheidungen geprägt. "Konkret wurden Doppelgleisigkeiten beseitigt, eine Trennung zwischen Umweltschutz und Agrarwesen herbeigeführt, sowie in den Bereichen Bildung, Jugend, öffentlicher Verkehr und vor allem beim Thema Sicherheit klare Zuständigkeiten geschaffen", so Landeshauptmann Niessl.
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