Als die Pest in Rum wütete

Die Rumer Pestkapelle ist ein Bau aus dem 19. Jahrhundert. | Foto: Leitzsche
  • Die Rumer Pestkapelle ist ein Bau aus dem 19. Jahrhundert.
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RUM (sf). Allein die Nennung des Namens ließ die Menschen erstarren und jagte ihnen Schauer durch den Körper: die „Pestilenz“! In früheren Jahrhunderten ging sie immer wieder in Wellen über Europa hinweg und dezimierte jedes Mal die Bevölkerung gewaltig. Ihr erstes epidemisches Auftreten auf dem Kontinent geschah zur Zeit des Kaisers Justinian (um 450 n. Chr.), hielt rund 300 Jahre an, erlosch dann, flackerte um 1350 neuerlich stärker auf und erreichte zu Beginn des 17. Jahrhunderts einen neuen Höhepunkt. Als Überträger dieser Krankheit wurde der Rattenfloh identifiziert; bei Epidemien konnte sie aber auch von Mensch zu Mensch durch sogenannte „Tröpfcheninfektion“ übertragen werden. Zwei Formen dieser gemeingefährlichen Krankheit gab es: die Beulenpest (der „Schwarze Tod“) und die Lungenpest. Infolge strengster hygienischer Maßnahmen gilt die Krankheit heutzutage in Europa als besiegt.

Um die Jahrhundertwende von 1600 hörte man in Tirol, dass dieser Schrecken wieder einmal von Osten her im Kommen sei. Von Bayern erreichte sie Kufstein, Rattenberg und das Zillertal. In Schwaz, der alten Bergbaustadt, forderte die Seuche zahlreiche Opfer.

Im Gericht Thaur (von Mühlau bis Gnadenwald) waren nur die beiden Ortschaften Arzl und Rum betroffen. Sieben Pesttote in den zwei Dörfern erwähnt der Thaurer Gerichtsschreiber bis September 1611; weitere Opfer folgten. Die Seuche muss aber schon im Abklingen gewesen sein, denn im März 1612 wird die Gegend bereits wieder als seuchenfrei gemeldet. Thaur selbst blieb infolge drastischer Vorsichtsmaßnahmen überhaupt verschont. Nachtwachen riegelten das Dorf strengstens ab und schossen auf jeden, der sich unerlaubt näherte; es gab einen Toten. Der Gemeinde Rum, die unter Quarantäne stand, lieferten sie einmal wöchentlich Brot zum „Pfliderbichl“, die sogenannten „Thaurer Loabelen“, die später zum Spottnamen wurden („Undank ist der Welt Lohn!“). Die Rumer Pestopfer wurden unterhalb des Aurains, wo sich heute der „Römerpark“ befindet, bestattet.

Wie viele Opfer forderte nun die Pest in Rum wirklich? Es existieren keine namentlichen Aufschreibungen, aber das Sterbebuch des Gerichtssprengels weist für diese Zeit keine auffallende Mehrung der Todesfälle auf. Der Schrecken und die Panik muss also wohl größer als die tatsächlichen Auswirkungen gewesen sein. Erst die Folgezeit dramatisierte und übertrieb maßlos. Mündliche Überlieferungen vom „Aussterben des ganzen Ortes“ reichten bis ins 20. Jahrhundert herüber. Immer wieder tauchte hier auch die Zahl 16 auf. Nur so viele hätten überlebt. Dem liegt möglicherweise eine Überlieferungs-Verwechslung zugrunde: Denkbar wäre, dass die Seuche allenfalls im Ort allein oder mit Arzl insgesamt 16 Opfer gefordert hätte. Für Rum wären dies gerade fünf Prozent der damaligen Einwohnerzahl. Es wurde aber eine Gedenkstätte errichtet; ihre Fundamente kamen beim Bau des Sickerbeckens östlich des Römerparks ans Tageslicht – weiter nachgeforscht wurde jedoch nicht. Die heutige Pestkapelle am Aurain ist ein Bauwerk aus dem 19. Jahrhundert. Auch ein jährlicher Bittgang für die Pesttoten zum Romedikirchl wurde auf den „Schwarzen Freitag“ (= der Freitag vor dem fünften Fastensonntag) „auf ewige Zeiten“ verlobt. In der Nachkriegszeit um 1950 nahm die Teilnahme stark ab, im Jahre 1982 fand der letzte Gedenk-Bittgang statt.

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