Heimbewohner starben an Vernachlässigung

Bernhard Perz,  Alexander Zanesco und George McGlynn arbeiteten seit 2011 in der von der TILAK eingesetzten Expertenkommission. | Foto: Hubmann
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  • Bernhard Perz, Alexander Zanesco und George McGlynn arbeiteten seit 2011 in der von der TILAK eingesetzten Expertenkommission.
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Die Entdeckung eines aufgelassenen Anstaltsfriedhofes mit 228 zwischen November 1942 bis April 1945 angelegten Gräbern auf dem Gelände des Landeskrankenhauses (Psychiatrie) in Hall in Tirol im Zuge von geplanten Baumaßnahmen fand Anfang 2011 große internationale Aufmerksamkeit.

Da in der ersten Kriegshälfte 360 PatientInnen aus der damaligen Heil- und Pflegeanstalt Hall (HPA Hall) in die Tötungsanstalt Schloss Hartheim und in die Anstalt Niedernhart in Linz verbracht und dort ermordet wurden, stand der Verdacht im Raum, dass auch die Toten des Friedhofs Opfer systematischer Tötungen waren. Die Frage war, ob die HPA Hall damit in die zweite Phase der NS-Euthanasie, die als "dezentrale Euthanasie" bezeichnet wird, verstrickt war.

Zur Klärung dieser Thematik wurde eine unabhängige Expertenkommission eingesetzt, die jetzt ihren Abschlussbericht vorstellten.
Die Kommission kam zum Schluss, dass die Haller Psychiatrie nicht Schauplatz gezielter Tötungen war. Über alle Insassen wurden Krankenakten geführt, die Verstorbenen wurden ordentlich beerdigt, der Friedhof auf dem Anstaltsgelände war nicht angelegt worden, um etwas zu verheimlichen, sondern nur weil der städtische Haller Friedhof unter Platzmangel litt. Der Friedhof verwilderte in der Nachkriegszeit, später wurden Bäume dort gepflanzt und die Gräber gerieten in Vergessenheit.

Schreckliche Zustände

Aber auch ohne gezielte Tötungen war die Sterberate unter den PatientInnen sehr hoch, sie stieg von 4,4% 1938 bis auf 21 % im Jahr 1945. Die Insassen wurden, auch durch den zunehmenden Mangel an Pflegepersonal, immer mehr vernachlässigt, die Arbeitsunfähigen unter ihnen wurden außerdem noch bei der Lebensmittelzuteilung benachteiligt und mussten hungern. Die geschwächten Menschen wurden dann oft Opfer von Infektionskrankheiten. Bei den untersuchten Skeletten konnten auch ungewöhnlich viele Knochenbrüche festgestellt werden. Möglicherweise kamen diese Verletzungen durch die brutalen Methoden der Pfleger zu Stande (Rippenbrüche durch das Festbinden auf den Betten) oder durch offene Gewalteinwirkung (Schlagen) oder auch durch Unfälle (aus dem Bett fallen) der vernachlässigten Patienten.
Die Anstalt muss vor allem gegen Kriegsende ein Ort des Schreckens gewesen sein.

Bernhard Perz,  Alexander Zanesco und George McGlynn arbeiteten seit 2011 in der von der TILAK eingesetzten Expertenkommission. | Foto: Hubmann
Die Kommission stellte Unter Leitung von Bertram Perz (M.) nach dreijähriger Tätigkeit ihren Schlussbericht vor. | Foto: TILAK
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