Hoffnung und Scheitern

Foto: Kurt Schartner

HALL. Eine Frau sitzt sinnend auf ihrem Fauteuil und feiert mit einem Glas Champagner, dass ihr Mann nach langer Abwesenheit wieder zuhause ist. Im Hintergrund das Zitat einer Fjordlandschaft, der Besuch ihrer Schwägerin kündigt sich an. Soweit die Eingangssituation im Drama „Klein-Eyolf“ von Henrik Ibsen, inszeniert von Klaus Rohrmoser mit drei Damen und drei Herren, sofern man zu Letztgenannten auch den elfjährigen Marco Stocker zählen darf.
Der Hausherr erscheint und gesellt sich zu den zwei Damen, es beginnt ein Disput über Beziehungen sowie über die Absicht des Mannes, seinem körperlich behinderten Sohn in Zukunft jede Förderung und Aufmerksamkeit zu widmen, um ihm den besten Start ins künftige Leben zu ermöglichen. Seine Frau, die Mutter des Jungen, wünscht sich jedoch, dass ihr weder das Kind noch dessen Tante im Wege stehen sollten, ihre Eifersucht und Besitzanspruch wirken uferlos. Die Gesellschaft wird durch das Auftauchen einer alten Frau gestört, welche die Gabe hat, die Ratten zu fangen und ins Wasser zu locken, eine magische Figur wie der Rattenfänger von Hameln. Der kleine Sohn wird offenbar verführt, ihr zu folgen und ertrinkt im nahe gelegenen Fjord. Nun gerät die Beziehung des Ehepaares aus den Fugen, auch die mögliche Annäherung der Schwester zu einem befreundeten Ingenieur scheint keine Zukunft zu haben. Nun, heutzutage würde wohl ein Kammerjäger mit den Ratten des kleinen Ortes fertig werden (das Stück entstand 1894!) , aber die Figur der Rattenfrau steht wohl auch als Metapher für jede Verführung – politische, religiöse, materielle.
In drei Szenen entwickeln sich die Stationen des Scheiterns, die als Strafe für sündhaftes Versagen der Eltern in die Resignation mündet und zur Flucht in die alten Bindungen führt. Amarilla Ferenczy als Rita und Michael Walde-Berger agieren auf Augenhöhe, sie als lähmende, keine Veränderung duldende Gattin, er als ideenreicher Gatte und leidenschaftlicher Vater, Nevena Lukic kann die Figur der Asta glaubwürdig umsetzen, Lucas Zolgar ist der hartnäckig werbende Ingenieur Borgheim, Marco Stocker überrascht mit Authentizität und coolness als behinderter Klein – Eyolf. Susanne Schartner gelingt eine bemerkenswert starke Umsetzung der Figur der zerlumpten Verführerin Rattenfrau.
Ein vielschichtiges Stück, das durch die vielen Zwischentöne bei gleichzeitigem klaren Naturalismus in der Tradition des seinerzeit modernen nordischen Theaters gesellschaftskritisch wirken will. Eine erstaunlich qualitätsvolle Produktion, die ein volles Haus verdient.

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