„Mammographiescreening“ – Ein programmiertes Debakel?

Mammographie verhindert Brustkrebs, aber die Tiroler Ärztekammer ist mit dem Mammographie-Screening nicht zufrieden. | Foto: Sven Bähren/Fotolia
  • Mammographie verhindert Brustkrebs, aber die Tiroler Ärztekammer ist mit dem Mammographie-Screening nicht zufrieden.
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Das Mammographiescreening oder Brustkrebsfrüherkennungsprogramm ist ein österreichweites Vorsorgeprogramm, bei dem alle Frauen im Alter von 45 bis 69 alle 2 Jahre von ihrer Krankenversicherung eine Einladung zur Mammographie erhalten. Diese Einladung ersetzt die bisher übliche Überweisung durch GynäkologInnen oder HausärztInnen.

Tirol hatte bis 2013 ein sehr gut funktionierendes und gut dokumentiertes Einladungssystem mit sehr hoher Akzeptanz bei den Patientinnen. Eine Kombination dieses alten Systems mit dem neuen erschiene sinnvoll, d.h. die Einladungen sollten weiter verschickt werden, aber alle Patientinnen, die das wollen, sollten sich weiterhin die Überweisung zur Vorsorgemammographie in jährlichen Intervallen beim Arzt oder Ärztin ihres Vertrauens holen können. Damit wäre ein optimaler Zugang zur Früherkennung von Brustkrebs gewährleistet.

Was hat sich durch das österreichweite Mammografiescreening verändert?

Vor allem für Tirol bringt das Programm eine Verschlechterung für die betroffenen Frauen. Seit 2008 gab es das Mammographie Screening Modell Tirol, bei dem alle sozialversicherten Frauen im Alter von 40 bis 59 Jahren jährlich und von 60 bis 69 2-jährlich eine Einladung zur Mammographie erhielten, in der sie aufgefordert wurden, sich zur Mammographie zuweisen zu lassen – üblicherweise vom Hausarzt oder der Hausärztin bzw. vom Gynäkologen oder der Gynäkologin. Die Teilnahmerate lag zuletzt bei über 60 Prozent. Die Zahl der sogenannten Intervallkarzinome, das heißt der zwischen zwei Untersuchungen klinisch entdeckten bösartigen Tumore, konnte damit sehr niedrig gehalten werden. "Die neuen Einladungsbriefe haben offensichtlich viele Frauen sehr verunsichert, großteils wurden sie einfach weggeworfen. In den ersten zwei Monaten des Jahres 2014 sind deshalb die Mammographiezahlen deutlich rückläufig: im Feber 2014 wurden in Tirol um 18 Prozent weniger Mammographien durchgeführt als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, nur elf Prozent der Patientinnen kamen auf Basis einer Einladung, und nicht einmal ein Prozent kamen zu einer Erstuntersuchung aufgrund der Einladung. "Wenn dieser Trend anhält, werden die Zahlen weiter einbrechen und die Früherkennungsrate, um die es letztlich geht, wird sich deutlich verschlechtern", sagt Univ. Doz. Dr. Rudolf Knapp.

Wünsche der Ärzteschaft

"Tirol hatte bis 2013 ein sehr gut funktionierendes und gut dokumentiertes Einladungssystem mit sehr hoher Akzeptanz bei den Patientinnen. Eine Kombination dieses alten Systems mit dem neuen erschiene sinnvoll, d.h. die Einladungen sollten weiter verschickt werden, aber alle Patientinnen, die das wollen, sollten sich weiterhin die Überweisung zur Vorsorgemammographie in jährlichen Intervallen beim Arzt oder Ärztin ihres Vertrauens holen können. Damit wäre ein optimaler Zugang zur Früherkennung von Brustkrebs gewährleistet", heißt es aus der Tiroler Ärztekammer.

Hier die 16 Punkte, die die Tiroler Ärztekammer fordert:
Brustkrebsfrüherkennung 1. Quartal 2014

Univ. Doz. Dr. Rudolf Knapp
Regionalverantwortlicher Arzt Tirol BKFP

1. Das österreichweite Projekt ist aus medizinischer Sicht gut.

2. Unterschied zu Referenzprojekt Tirol in 2 jährigen Screeningintervallen für alle Frauen. (einjährige Intervalle für Frauen zwischen 40 und 59 wurden aber nur ca, 30% der Fälle angenommen)

3. Hauptunterschied ist der Ausschluss des betreuenden Arztes (Hausarzt und/oder Gynäkologen)

4. Jetzt wird die Frau direkt mittels Brief ( der als Zuweisung fungiert) eingeladen.

5. Einladungen direkt an die Frau sind unpersönlich, gar nicht oder unzureichend gekennzeichnet, und vor allem ungewohnt. Wurde in Ö über Nacht , ohne flankierende Maßnahmen eingeführt. (Niederlande Einführung über 8a, in anderen EULändern incentives – niedriegere Versicherungsbeiträge)

6. Das Einladungssystem hat sein Ziel bis jetzt klar verfehlt.

7. Einladungssystem wird zu 5-10% angenommen

8. Im Pilotprojekt Tirol lag die 2 jährige Inanspruchnahme bei ca 58% mit Zuweisung

9. Im Pilotprojekt Tirol wurden Die Frauen vom Hausarzt bzw Gynäkologen zur Untersuchung zugewiesen.

10. Derzeit sind Zuweisungen sind nur in einer Übergangsphase bis Ende Juni 2014 erlaubt.

11. TGKK und Land Tirol werden die versicherten Frauen nicht im Stich lassen.

12. TGKK und Land Tirol werden Ihre Vertragspartner (Radiologen niedergelassen und in den Krankenanstalten) nicht im Stich lassen.

13. An alle Frauen zwischen 40 und 75: Gehen Sie bitte alle 2 Jahre zur Früherkennung-Ihr Arzt stellt Ihnen eine Überweisung aus.

14. An alle Ärzte und Krankenanstalten in Tirol: es wird keine Probleme mit der Finanzierung geben.

15. Dzt. 25 Prozent weniger Mammographien würde bedeuten 40 unentdeckte Brustkrebsfäle im Jahr. Bedeutet rechnerisch eine Krebstote / Monat mehr.

16. Zuwarten wie vom Minister empfohlen ist nicht gerechtfertigt, es droht die Zunahme der Brustkrebsmortalität.

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