Schizophrenie und bipolare, affektive Störungen: Gesunde Geschwister von Betroffenen gesucht

Forscher der medizinischen Universität wollen den Zusammenhang zwischen emotionaler Kompetenz und Schizophrenie sowie bipolaren Störungen ergründen. | Foto: MEV
  • Forscher der medizinischen Universität wollen den Zusammenhang zwischen emotionaler Kompetenz und Schizophrenie sowie bipolaren Störungen ergründen.
  • Foto: MEV
  • hochgeladen von Katja Urthaler (kurt)

(kurt). „Gesunde Geschwister gesucht“ lautet der Aufruf international renommierter Forscher der Medizinischen Universität Innsbruck. Weltweit erstmals wollen die Wissenschaftler durch eine direkte, vergleichende Studie die Rolle Emotionaler Kompetenz bei schizophrenen und bipolaren affektiven Störungen untersuchen. „Wir bitten gesunde Geschwister von Betroffenen um ihre Mitarbeit“, erklären Assoz.-Prof. Alex Hofer sowie Prof. W. Wolfgang Fleischhacker am Freitag in einer Presseaussendung.

An schizophrenen und bipolaren affektiven Störungen leidet weltweit jeweils ein Prozent der Bevölkerung. In Österreich sind 160.000 Menschen von diesen chronischen Erkrankungen betroffen. Einige wenige Studien weisen bisher darauf hin, dass Schizophreniekranke und PatientInnen mit bipolaren affektiven Störungen unter anderem aufgrund beeinträchtigter Botenstoffe – sogenannter Neurotransmitter - Probleme im Umgang mit Emotionen haben können.
„Welche Rolle emotionale Kompetenz bei diesen chronischen Erkrankungen spielt, wurde bisher nicht gebündelt untersucht. Das ist überraschend, gilt doch unsere Fähigkeit eigene Gefühle und jene anderer zu erkennen sowie mit diesen umzugehen für unseren Alltag, unseren Beruf, als unabdingbar. Wir gehen nun den anderen Weg, jenen, diese Fähigkeiten nicht als selbstverständlich zu betrachten und mögliche Beeinträchtigungen sozialer Kompetenz als Frühwarnsystem für schizophrene und bipolare, affektive Störungen zu untersuchen“, sagt Hofer, der Leiter der neuen Studie.

Gesunde Geschwister bitte melden

Im Zuge des klinischen Forschungsprojektes sollen Emotionale Kompetenz, Lebensqualität und kognitives Leistungsvermögen von jeweils 60 Schizophreniekranken und Patient/innen mit bipolaren affektiven Störungen, deren gesunden Geschwistern sowie einer Gruppe gesunder Kontrollpersonen untersucht werden. Ihre Daten erheben die Forscher/innen mittels Fragebögen, strukturierter Interviews sowie mit dem „Mayer-Salovey-Caruso-Intelligence-Test (MSCEIT)“. Das ist der weltweit am häufigsten eingesetzte Test zur Erfassung von Emotionaler Kompetenz. Gesunde Geschwister Betroffener im Alter zwischen 18 und 65 Jahren aus Tirol mögen sich bitte bei Dr. Beatrice Frajo-Apor am Department für Psychiatrie und Psychotherapie zwischen 08.00 und 16.00 Uhr unter der Telefonnummer +43 512 504 81533 oder der Mailadresse beatrice.frajo-apor@uki.at melden. Die Gesamtdauer der Untersuchung beträgt rund drei Stunden. In der Regel sind dafür ein bis zwei Termine notwendig. Alle personenbezogenen Daten unterliegen dem Datenschutz und werden anonymisiert bearbeitet.

Forscher kämpfen gegen Stigmatisierung

Ziel der bis 2016 laufenden Studie ist, festzustellen, ob und in welchem Ausmaß Schizophreniekranke und Patient/innen mit bipolaren affektiven Störungen im Vergleich zu ihren gesunden Geschwistern sowie gesunden Kontrollpersonen an möglichen Problemen ihrer Emotionalen Kompetenz, Beeinträchtigungen ihrer Lebensqualität sowie ihres kognitiven Leistungsvermögens leiden. Gefördert wird das Projekt vom österreichischen Forschungsfonds FWF. „Erhält jemand die Diagnose schizophrene oder bipolare, affektive Störung, so ist das für den Betroffenen selbst, aber auch für die gesamte Familie eine große Belastung. Geschwister als Verwandte erster Linie treten in den Hintergrund, dabei könnten gerade sie einen wichtigen Beitrag zur verbesserten Diagnose und Therapie dieser Erkrankungen liefern“, betont Hofer. Die ForscherInnen der Innsbrucker Universitätsklinik für Biologische Psychiatrie arbeiten seit langen Jahren minutiös daran, schizophrene und bipolare, affektive Störungen frühzeitiger und umfassender zu behandeln. Sie kämpfen dabei ebenso gegen die Stigmatisierung Erkrankter und deren sozialem Umfeld.

Aufstrebendes Forschungsfeld

Vorherzusagen, wie ein anderer reagiert. Angst oder Trauer erkennen. Bestimmte Gefühle im eigenen Gesicht ausdrücken. Mit eigenen sowie fremden Gefühlen bewusst umgehen. All diese Fähigkeiten zählen zur Emotionalen Kompetenz. Dieses Konzept wurde 1990 von den US-Psychologen John D. Mayer und Peter Salovey ausgearbeitet. Beide entwickelten in weiterer Folge mit dem amerikanischen Managementpsychologen David R. Caruso den „Mayer-Salovey-Caruso-Intelligence-Test (MSCEIT)“. Das Konzept der Emotionalen Kompetenz wird international intensiv im Managment, zum Beispiel im Führungskräftetraining, eingesetzt. Diesen Ansatz zur Behandlung chronischer, psychiatrischer Erkrankungen, wie zum Beispiel der Schizophrenie oder bipolarer affektiver Störungen einzusetzen, ist seit wenigen Jahren ein international neuer Weg, den die Gruppe rund um Hofer sowie Fleischhacker von der Innsbrucker Universitätsklinik für Biologische Psychiatrie nun verfolgen will.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.