Aufstand gegen das Garderoben-Sitzen
Berufstätige Eltern fordern eine "echte" Frühbetreuung in der Volksschule Neulengbach.
NEULENGBACH (mh). Schon im Sommer gab es Beschwerden über die unzureichende Betreuung der Kinder vor Unterrichtsbeginn in der Neulengbacher Volksschule (die Bezirksblätter berichteten).
Warten in der Garderobe
Mit Beginn des neuen Schuljahres platzte nun Michaela Rauschka der Kragen. In einem offenen Brief an Bürgermeister Franz Wohlmuth (ÖVP) machte die Mutter einer "Taferlklasslerin" ihrem Ärger Luft. "Kann man nicht auch für die Volksschulkinder eine kindergerechtere Betreuung vor dem Unterricht anbieten und dafür den Bedarf erheben?", fragt sie den Ortschef. Die berufstätige Frau muss um 8 Uhr in der Arbeit sein, vor 7.50 Uhr wird aber ihre Tochter mit allen anderen Kindern nur von den Schulwarten in der Garderobe beaufsichtigt – für Rauschka keine zufriedenstellende Lösung. "Ich möchte nicht, dass meine Tochter die Freude an der Schule verliert, weil sie vor dem Unterricht eine halbe Stunde herumsitzen muss." Für Bürgermeister Wohlmuth ist die derzeitige Lösung völlig ausreichend: "Das Schulwartehepaar leistet sensationelle Arbeit." Eine pädagogische Frühbetreuung sei für ihn nur vorstellbar, wenn Bund und Länder die Finanzierung übernehmen. "Man kann nicht alles auf die Gemeinden abladen", so Wohlmuth.
Maria Anzbach: Schule ab 7 Uhr geöffnet
Die Nachbargemeinde Maria Anzbach scheint damit kein Problem zu haben. "Wir haben viele berufstätige Mütter, daher ist es für uns ein Muss, dass die Schule ab 7 Uhr geöffnet ist", sagt Bürgermeisterin Karin Winter (ÖVP). "Die Kinder werden in einer Sammelklasse beaufsichtigt und haben Spiele und andere Beschäftigungsmöglichkeiten." Die Aufsicht werde von der Gemeinde finanziert und auf jeden Fall auch in der Zukunft beibehalten, so Winter.
KOMMENTAR
Kinder, Küche und Mottenkisten
Die Gesellschaft hat sich verändert. Das Gedankengut, nach dem sich die soziale Rolle der Frau auf Kinder und Küche beschränkten soll, entspringt der Mottenkiste und sollte auch dort bleiben. Berufstätige Frauen zählen zu den Selbstverständlichkeiten des 21. Jahrhunderts und dürfen kein Widerspruch zu ihren Aufgaben als Mutter sein. Dass es noch immer Regionen gibt, in denen die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür nicht geschaffen wurden, ist mehr als traurig. Ob die "Frühbetreuung" in der Volksschule Neulengbach durch die Schulwarte zu diesen Versäumnissen gezählt werden kann, soll an kompetenterer Stelle beurteilt werden. Fest steht, dass Eltern deutlich entspannter in die Arbeit gehen können, wenn sie ihre Kinder auch vor Unterrichtsbeginn gut versorgt wissen. Zwischen der von manchen befürchteten "Verstaatlichung der Kinder" und einem sinnvollen Betreuungskonzept ist viel Luft.
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