Rübenrüsselkäfer
Hollabrunn: Landwirte fürchten um Rübenpflanzen
Landwirte fürchten um ihre Erträge auf den Rübenäckern, denn die große Gefahr geht weiterhin vom Rübenrüsselkäfer aus. Manche Äcker sind komplett abgefressen, auf manchen hat es die Pflanze geschafft, zu wachsen. Die BezirksBlätter sahen sich einen "Tatort" genauer an.
BEZIRK HOLLABRUNN. Ernst Weilner aus Weyerburg hat einige Rübenäcker im Raum Ziersdorf und auch ihn hat der Rübenrüsselkäfer erwischt: "Von diesem fünf Hektar großen Acker steht auf rund 3,5 Hektar nur mehr das Pflanzengerippe. Erst vor zehn Tagen flogen die Käfer ein, da war die Pflanze schon gut gewachsen. Dennoch hat der Käfer 70 Prozent der Blattmasse gefressen. Ich werde die Kultur stehen lassen und hoffen, dass der Käfer nach dem Reifungsfraß in Ruhe lässt", bangt der junge Landwirt um den Ertrag.
Beize würde helfen
Das Aufstellen von Küberln ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein: "Mit der entsprechenden Beize hätten wir unsere Bestände gut durchgebracht und nicht tausende Hektar verloren", ärgert er sich, weil ihm das Werkzeug weggenommen wird, um wirtschaftlich arbeiten zu können: "Man nimmt einem Beamten ja auch nicht den Computer weg und sagt, schick die Mails mit der Schreibmaschine."
Befall ist sehr unterschiedlich
Die Rübenpflanzen sind auch bei vielen Landwirten, sofern sie noch vorhanden sind, sehr geschwächt. "Normalerweise sollten sich die Blätter Ende Juni in den Reihen berühren, davon sind wir weit entfernt", weiß Liane Bauer aus Viendorf. Sie berichtet auch, dass der Rübenrüsselkäferbefall sehr unterschiedlich ist. Etwa in Grabern waren die Äcker schon zeitig befallen, hingegen in Göllersdorf kam der Käfer erst vor einer Woche angeflogen.
Günther Mayer aus Kleinstelzendorf hat den Kampf auf einem Acker verloren: "Ich habe zwei Mal angebaut und die Pflanzen sind komplett abgefressen worden. Jetzt hab ich einen Teil Mais angebaut."
Verlust von 1.400 Fußballfeldern
Im Bezirk Hollabrunn haben rund 40 Betriebe gleich nach dem ersten Kahlfraß die Rüben im heurigen Jahr aufgegeben. Viele versuchten es mit einem teilweisen oder kompletten Neuanbau. Schätzungen zufolge bedeutet das einen momentanen Verlust von rund 1.000 Hektar von gesamt 3.700 Hektar Rübenkulturen im Bezirk.
Probleme mit Fruchtfolge
Landwirten, die massiv vom Befall betroffen sind, fehlt jetzt der Handlungsspielraum, denn für den Neuanbau einer anderen Kultur sei der Sommer zu weit fortgeschritten um einer Ernte entgegenzusehen. Zudem gibt es Probleme mit der Fruchtfolge, denn es dürfen nur maximal 75 Prozent Getreide/Mais angebaut werden.
Massive Population erwartet
"Wir haben alle Angst vor dem nächsten Jahr und einer massiven Population der Schädlinge, denn vielleicht könnte die Versorgungssicherheit mit österreichischem Zucker nicht mehr gewährleistet sein, dann wird importiert, wo man nicht weiß, welche Mittel eingesetzt wurden", befürchtet Liane Bauer und dann betrifft es nicht nur die Landwirte sondern die ganze Bevölkerung.
Ball liegt bei der EU
Bis 2030 sollen 50 Prozent der Pflanzenschutzmittel eingespart werden. Ein Entwurf sieht vor, dass in Natura 2000-Gebieten kein Pflanzenschutz mehr erlaubt sein soll. "Ich sehe hier grenzenlose Bereitschaft, sich überall auf der Welt zu bedienen, Hauptsache die EU wäscht sich grün", ist Liane Bauer auch am Verzweifeln, wie sie die Problematik der Bevölkerung verständlich machen kann: "Vielleicht ist Hunger die einzige Möglichkeit. Ich wünsche es mir nicht. Die Versorgungssicherheit muss im Land bleiben."
Neonicotinoide
"Die Neonicotinoide in der Saatgutbehandlung waren die effektivste Möglichkeit, die Schädlingspopulation in Griff zu halten“, erklärt Bezirksbauern-Kammerobmann Fritz Schechtner, „alternative Insektizide für die Flächenbehandlung gibt es kaum und diese haben nicht einmal ansatzweise eine vergleichbare Wirkung.“ Da die Rübenpflanze auch nicht blüht, ist sie für Bienen nicht interessant und schadet folgedessen den Bienen nicht. Der gleiche Wirkstoff, die Neonics, wie sie abgekürzt genannt werden, sind auch in Hunde- und Katzenhalsbänder gegen Zecken und Flöhe enthalten. "Da kuschelt man mit Hund und Katze, vielleicht auch noch im Bett und hat den Wirkstoff an sich, und am Boden ist es ein ach so böses Mittel, das aber unsere Existenzen sichern würden", bringt Landwirt Ernst Weilner die Sache auf den Punkt.
Verliert Freude und Mut
Liane Bauer sprach auch die psychische Komponente der Landwirte an: "Wenn man mit Herzblut dabei ist, viel Zeit, Mühe und Geld investiert für nichts und wieder nichts, weil einfach das Werkzeug fehlt, dann verliert man die Freude an der Arbeit und am Bewirtschaften."
Weitere Probleme folgen
In weiterer Folge wird es auch zu Problemen beim Kürbis- und Erdäpfelanbau kommen, denn die Beize würde auch dafür den notwendigen Schutz der Pflanzen bieten.
"Im nächsten Jahr werd ich keine Rüben mehr anbauen ohne dieser Beize, die das unschädlichste für die ganze Umwelt ist", resümiert Erich Weilner. Regen würde jetzt enorm helfen, denn Kälte und Regen mag der Käfer nicht und die Pflanzen hätten wieder Zeit, um kräftiger zu werden.
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