Zucker-Eigenversorgung nicht möglich
Kämpfende Bauern, weil Rübenanbau dramatisch schrumpft
- In Zellerndorf übernahmen Johann Schmied und Bernd Rohringer die Zuckerrüben.
- Foto: Josef Messirek
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Rübenbauern beklagen die erschwerten Bedingungen bei der Anlieferung infolge der Agrana Sparmaßnahmen.
BEZIRK. „Mit Hektarerträgen von 80 Tonnen und einem Zuckergehalt von 17 Prozent bin ich mit der Rübenernte zufrieden“, erklärt Manuel Bauer aus Zellerndorf, „aber die Anlieferung der Rüben wurde uns durch die Sparmaßnahmen bei Agrana erheblich erschwert.“
- Am Rübenplatz in Zellerndorf zeigt Victoria Edlinger die Mengen an gelagerten Rüben.
- Foto: Victoria Edlinger
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War die Anlieferung am Zellerndorfer Rübenplatz bisher von Montag bis Freitag möglich, so hat man sie heuer auf Montag und Dienstag verkürzt. Lange Wartezeiten und Warteschlangen waren die Folge. „Wenn es am Wochenende geregnet hat, konnte man am Montag nicht roden und die Rüben anliefern. Das war frühestens ab Mittwoch möglich, aber da war kein Personal mehr am Rübenplatz“, beklagt sich Manuel.
Wenig Rücksicht auf Landwirte
Die Gründe für die Missstände bei der Anlieferung erläutert Kammerobmann Fritz Schechtner so: „Weil es nach der Schließung von Leopoldsdorf ja nur eine Zuckerfabrik in Tulln gibt, hat Agrana die Zeiten für die Anlieferung verkürzt. Es können jetzt nur mehr 23.000 Tonnen verarbeitet werden, früher waren es 38.000.“
Durchschnittliche Ernte
Er bestätigt, dass sowohl die Erträge als auch der Zuckergehalt bezirksweit im guten Durchschnitt liegen, dass aber bei der Anlieferung wenig Rücksicht auf die Rübenbauern genommen wurde. Manuel Bauer: „Wir konnten erst ab 3. November anliefern, das war viel zu spät. Wir müssen jetzt noch roden, wo die Niederschläge den Boden aufgeweicht haben.“
- Zur Feststellung des Zuckergehalts werden Proben fürs Labor entnommen.
- Foto: Josef Messirek
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So mancher Rübenbauer denkt bei diesen erschwerten Bedingungen und sinkenden Preisen ans Pausieren oder Aufhören.
Rübenpräsident: Alles muss nach Tulln
Zufrieden mit Ertrag und Qualität, doch Erschwernisse bei der Anlieferung der Zuckerrüben.
Rübenbauernpräsident Ernst Karpfinger zeigt sich zwar mit der aktuellen Ernte zufrieden, wirft aber auch ein skeptischen Blick in die Zukunft.
- Jede Woche werden 2.000 Tonnen mit einem Güterzug abtransportiert.
- Foto: Josef Messirek
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„Wir rechnen mit rund 78 Tonnen pro Hektar im Durchschnitt, auch der Zuckergehalt liegt im guten Bereich“, sagt Karpfinger. Alle Rübenlagerplätze seien heuer in Betrieb, etwa die Hälfte davon mit Bahnanschluss. Die übrigen Standorte werden per Lkw abgeholt und in die einzige österreichische Zuckerfabrik in Tulln gebracht.
Agrana: Rückgang Anbaufläche
Die Schließung der Zuckerfabrik Leopoldsdorf führt zu einem signifikanten Rückgang der Anbauflächen für Zuckerrüben in Österreich: "Die kontrahierte Zuckerrübenanbaufläche ist konkret von 44.000 Hektar (Anbaujahr 2024) auf 28.000 Hektar (Anbaujahr 2026) zurückgegangen", bestätigt Markus Simak von der Agrana.
- Manuel Bauer beim Roden der Zuckerrüben.
- Foto: Josef Messirek
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Dieser Rückgang um 16.000 Hektar bedeutet eine große Herausforderung für die betroffenen Landwirte, die nun auf alternative Kulturen umsteigen müssen.
Die Rübenverarbeitung (Kampagne) im verbleibenden Werk Tulln startete Anfang September und wird als "sehr zufriedenstellend" bewertet. Es werden durchschnittliche Hektarerträge und Zuckergehalte erwartet. Die aktuelle Kampagne soll bis Anfang Februar abgeschlossen sein.
Sorgen für die Zukunft
Doch der Wegfall des zweiten Standorts Anfang des Jahres bleibt spürbar, dass weniger Rüben angebaut werden. Nach dem Rübenkäferbefall blieben heuer rund 25.000 Hektar übrig.
- Heuer gab es Warteschlangen beim Anliefern.
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„Mehr geht auch gar nicht von der Kapazität her für Tulln“, erklärt Karpfinger. Früher waren es bis zu 42.000 Hektar in Österreich. Die zukünftige Entwicklung bereitet ihm Sorgen: „Es wird immer schwieriger, diese Flächen überhaupt zu halten, weil der Zuckerpreis aufgrund der Importmöglichkeit extrem niedrig ist.“
Appell an die EU und Sorge um Versorgungssicherheit
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt die Preisspirale nach unten: Vor 20 Jahren lag der Preis pro Tonne bei 730 Euro, aktuell bei nur noch rund 500 Euro. „Das ist viel zu wenig. Jedes Jahr sank der Preis um 1,5 Prozent, während die Kosten gleichzeitig um rund 3 Prozent stiegen. Für die Bauern ist das extrem schwierig – da muss schon sehr viel Leidenschaft dahinterstecken.“
- Zuckerrübenverarbeitung in der Zuckerfabrik in Tulln
- Foto: apa_schedl/agrana
- hochgeladen von Alexandra Goll
Gleichzeitig warnt der Präsident vor den Auswirkungen auf Österreichs Versorgungssicherheit: „Wir müssen für unsere Eigenversorgung kämpfen.“ Sein klarer Appell richtet sich an die Politik und die EU: „Die EU muss Schluss machen mit Importen aus Ländern ohne Regeln beim Pflanzenschutz. Diese Konkurrenz zerstört unsere bäuerliche Produktion.“ Schon jetzt könne der Eigenbedarf nicht vollständig gedeckt werden.
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