Wien
Aufklärung nach Anzeige gegen Stadt und Kinderfreunde gefordert
Die Liegenschaft in der Josefstädter Albergasse 23 steht im Fokus einer 20-seitigen Anzeige. Der Vorwurf: Untreue in Millionenhöhe. Im Mittelpunkt stehen die Stadt Wien sowie die Organisation Kinderfreunde Wien.
WIEN/JOSEFSTADT. Ein Bericht über einen Immobilien-Deal sorgt derzeit bei der Wiener Opposition für Aufsehen. Und dieser könnte ein strafrechtliches Nachspiel haben. Denn "Kurier.at" (Paywall) berichtet über einen fragwürdigen Deal zwischen der Stadt Wien und der SPÖ-Vorfeldorganisation "Kinderfreunde Landesorganisation Wien". Kürzlich ist bei der Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA) und bei der Oberstaatsanwaltschaft Wien eine 20-seitige Sachverhaltsdarstellung eingegangen.
Mögliche Verdächtige: der damalige Wohnbaustadtrat und heutiger Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), zwei hochrangige Magistratsbedienstete, zwei Vereinsorgane der Kinderfreunde Wien, einige SPÖ-Politiker sowie ein Liegenschaftsgutachter. Der Vorwurf: Untreue in Millionenhöhe.
Worum geht es? Es geht um die Rückabwicklung der Immobilie Albertgasse 23 in der Josefstadt. Die Stadt hat laut dem Bericht diese Liegenschaft im Jahr 1920 von einer Vorläuferorganisation der Kinderfreunde gekauft. Dabei handelt es sich um ein mehrstöckiges Wohn- und Bürogebäude, das 1910 errichtet wurde.
2010 kamen die Stadt und die Kinderfreude überein, dass sie den Kaufvertrag rückabwickeln. Eine historische Recherche stellte fest, dass die Stadt damals nur 13 der 30 Monatsraten des Kaufpreise bezahlt haben - 2,3 Millionen Kronen bzw. heute 168.500 Euro. Diesen Beitrag sollten dann die Kinderfreunde Wien als Rückabwicklungspreis bezahlen. Laut der Anzeige liege es auf der Hand, dass der Marktwert auch 2010 bereits mehrere Millionen Euro betrug - im Bereich von etwa zehn Millionen Euro. Deshalb wäre ein Betrag von 186.500 eine Art Verschenken der Immobilie, behauptet man.
"Selbst wenn die Stadt Wien, aus welchem Grund auch immer, sich zu einer Rückabwicklung eines 90 Jahre zurückliegenden Kaufvertrags entscheidet, muss sie den jetzt 2009/2010 gültigen Marktwert dieser Rückabwicklung zugrunde legen", heißt es in der Anzeige, die "Kurier.at" zitiert.
"De facto kein Rückkauf"
Doch das ist nicht alles: Die Kinderfreunde hätten den Preis nicht einmal bezahlt, sondern haben von der Stadt noch 91.400 Euro erhalten. Denn die Organisation hat zugleich ein Grundstück in Dornbach geräumt, das sie von der Stadt angemietet haben und dafür erhielte man 260.000 Euro. „Das Verschenken der Liegenschaft und die Ansetzung der Freimachungskosten haben keinerlei sachliche und rechtlich Grundlage und sind bewusst getroffen worden, um Vermögen der Stadt Wien rechtswidrig an den Verein Kinderfreunde Wien zu verschieben“, wird aus der Anzeige zitiert.
Die Stadt sowie die Kinderfreunde weisen die Vorwürfe zurück: Kinderfreunde-Geschäftsführer Daniel Bohmann sagte der Zeitung, dass das Haus nie zur Gänge ins Eigentum der Stand überging, "weil die Kinderfreunde noch vor Ableistung aller Ratenzahlungen nach Machtübernahme der Austrofaschisten verboten und enteignet wurden". Das wurde im Zuge der historischen Recherche festgestellt und so wurde der Kauf 2009 von Seiten der Stadt als "Restitutionssache rückabgewickelt", so Bohmann. Und: Die Rückabwicklung wurde im Gemeinderatsausschuss, im Stadtsenat und im Gemeinderat einstimmig beschlossen, fügte er hinzu.
Aus dem Büro von Wohnungsstadträtin Kathrin Gaál (SPÖ) heißt es, dass es sich bei der Transaktion um eine Rückabwicklung des Kaufvertrages von 1920 und "de facto nicht um einen Rückkauf" handelt: "Damit einhergehend wurden die ursprünglich vereinbarten Bedingungen rückgängig gemacht. Ein externes Gutachten war entsprechend nicht erforderlich, da die Umrechnung nach dem allgemein gültigen Umrechnungsschlüssel der ÖNB erfolgte".
ÖVP: "Steuerzahler werden geschädigt"
Anschließend meldete sich am Donnerstag, 4. Mai, die Wiener Volkspartei zu Wort. Wohnbausprecher und Gemeinderat Peter Sittler teilte mit, dass die im Raum stehenden Vorwürfe umfassend aufgeklärt werden müssen. Und: "Dieses Muster zieht sich wie ein roter Faden durch die Politik der Wiener Stadtregierung. So werde auf Basis der Freunderlwirtschaft seitens der Stadt stets zu billig verkauft, was letztendlich zu einem großen Schaden für die Steuerzahler gereicht".
Wenn der Vorwurf stimmt, "dann stellt sich mir die Frage, ob es sich hierbei nicht um Untreue oder gar schweren Betrug handeln könnte", so FPÖ Wien-Klubobmann Maximilian Krauss. "Einmal mehr wird in der Bundeshauptstadt Günstlingswirtschaft vom Feinsten betrieben, während sich die Wiener ihre Wohnungen nicht mehr leisten können", fügte er hinzu. Krauss forderte ebenfalls eine rasche Aufklärung.
Bei den Wiener Kinderfreunden handelt es sich um Wiens vielfältigsten Dienstleister für Familien bei Bildung, Betreuung, Beratung und Freizeitgestaltung. Derzeit sind mehr als 2.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier beschäftigt. Ihr Angebot umfasst etwas mehr als 150 Kindergärten und Hörte.
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