"Auf dem Rad findest du zu dir selbst"
Er ist der Streckenchef des Austria Rush 2017: Michael Strasser aus Niederösterreich. Der Rad- und Triathlon-Experte radelte schon einmal in 35 Tagen von Kairo nach Kapstadt. Klar, dass er beim Austria Rush durch sechs österreichische Bundesländer auch selber mit von der Partie ist. Am 1. April ist Startschuss in Wien. Ein Interview.
Derzeit touren Sie mit Ihrem Buch durch ganz Österreich von Vortrag zu Vortrag. Im kommenden April geht es dann wieder auf dem Rad einmal quer durch die Republik. Was hat Sie zum Austria Rush gebracht?
Michael Strasser: "Mir gefällt einfach die Idee des Events so gut. Das Format taugt mir unheimlich. Ich glaube sogar, dass der Rush für die Zukunft des Sports steht. Es wird in Zukunft für viele Menschen nicht mehr darum gehen, mit einer Startnummer am Lenker um Millisekunden zu kämpfen. Es wird nicht mehr darum gehen, ob ich für die gleiche Strecke noch einmal irgendwo ein paar Sekunden herausschinde. Sondern es geht einfach immer mehr um das gemeinsame Erleben auf der Strecke, um die Erfahrung in der Gruppe. Was gibt es Schöneres, als mit Freunden und Sportkameraden gemeinsam so ein Event zu erleben, wenn man am Abend gemeinsam vollkommen kaputt den Tag Revue passieren lässt und sich auf die kommende Etappe freut und jeder dieses positive Gefühl in sich trägt, dass man einfach was geschafft und einen coolen Tag erlebt hat. Das ist sehr befriedigend."
Ihren Einstand feiern Sie ja gleich als Streckenchef.
Michael Strasser: "Ich freu mich sehr. Den Rush verfolge ich seit drei Jahren intensiv – und ich habe mich oft geärgert, dass ich es nicht rechtzeitig zur Anmeldung geschafft habe. Und auf einmal ist wieder in Jahr um und ich sehe wieder nur die Nachberichterstattung. Umso mehr freue ich mich, dass ich nicht nur dabei sein, sondern auch die Strecke entwerfen darf. So ein Event recht früh im Jahr, das passt einfach sehr gut rein, das ist ein tolles Ziel, auf das man sich im Winter gut vorbereiten kann."
Die drei Rush-Etappen kennen Sie ja schon ganz gut? Die sind nicht am Rechner entstanden.
Michael Strasser: "Allenfalls die grobe Übersicht. Aber dann bin ich selber mit dem Rad losgefahren und habe mir alles persönlich angeschaut. Ich liebe Landkarten auf Papier. Die hatte ich in der Trikottasche und bin jeden Meter abgefahren. Das war ein großer Spaß. Ich denke, dass die Strecke für alle ein großes Erlebnis wird. Mir war es wichtig, dass es eine Herausforderung wird, die aber zu machen ist. Ich lebe mein leben für Ziele, die es nicht für Geld zu kaufen gibt, die man sich selber machen muss. Genau darum soll es beim Austria Rush gehen. Ich freue mich, wenn es am 1. April losgeht."
Ihre Rekordfahrt durch Afrika haben Sie mehr oder weniger alleine bestritten. Trotzdem ist Ihnen gerade beim Rush immer der Teamgedanke so wichtig.
Michael Strasser: "
Ich habe den Eindruck, das viele Menschen den Alltag als ein ständiges Gegeneinander erleben. Beim Rush geht es um das genaue Gegenteil, das mag ich. Der Sport bietet allgemein eine Alternative. Ich erlebe sehr stark, dass es unter den Athleten noch einen Zusammenhalt gibt. Als Sportler musst du Idealist sein – objektiv betrachtet ist es vollkommen sinnlos, möglichst schnell auf einen Berg zu rennen oder zu schauen, wer am Schnellsten an Punkt X ist. Trotzdem ist es für uns unvorstellbar, das nicht zu tun. Es ist einfach wunderschön, in dieser Familie unterwegs zu sein. Das schweißt zusammen. Und du triffst immer wieder spannende Menschen, mit denen du gleich eine Basis hast. Sport hat auch etwas sehr demokratisches – auf dem Rad oder auf Ski zählt nicht, wovon Du lebst und was du verdienst."
Auch Ihr Job dreht sich ums Radfahren, wenn auch auf einer anderen Ebene.
Michael Strasser: "Wenn man es ganz genau nimmt habe ich ja eigentlich keinen richtigen Job. Ich bin studierter Architekt und könnte in dem Beruf sicher arbeiten und vernünftiges Geld verdienen. Aber ich mach trotzdem etwas, mit dem ich gerade so viel habe, dass ich über die Runden komme. Für mich ist das perfekt – was gibt es schöneres, als sich vorm Zubettgehen auf den nächsten Tag zu freuen."
Aber immerhin sitzen Sie gerade noch an Ihrer Doktorarbeit.
Michael Strasser: "Die Promotion ist ehrlich gesagt in den vergangenen zwei Jahren etwas hinten angestanden. Die Forschungsfrage bleibt aber spannend: Es geht mir um die Entscheidungskriterien, die beeinflussen, wann ich zum Fahrrad greife und wann ich doch wieder ins Auto steige. Gerade in der Großstadt ist das Rad das Verkehrsmittel der Zukunft. Die Menschen spüren, dass es ihnen guttut, dass es oft schneller geht – trotzdem finden sie sich viel zu oft im Auto wieder. Ich bin darauf gekommen, dass ganz kleine Kriterien entscheidend sein können, ob ich beim Rausgehen zum Fahrrad greife oder eben nicht. Das sind Entscheidungen, die fallen in Sekundenbruchteilen. Hier kann eine bessere und fahrradfreundliche Architektur helfen. Mir geht es darum, eine Charta für Architekten zu entwickeln, eine Planungshilfe beim Bau der fahrradfreundlichen Stadt."
Was ist für Sie persönlich das Besondere am Austria Rush?
Michael Strasser: "Man kriegt auf dem Rad immer sehr viel mit. Du bist ja in einem Tempo unterwegs, bei dem Du rechts und links schauen und Dinge wahrnehmen kannst. Im Sattel hast Du immer viel zu schauen. Übrigens auch nach innen. Es gibt immer Phasen, in denen man recht viel Zeit zum Denken hat – und keine große Ablenkung. Ich denke, so eine lange Tour ist eine gute Gelegenheit für jeden, mit ein paar Dingen im Leben klarzukommen."
Beim Austria Rush sind Sie nicht nur Streckenchef, Sie sind selber im Feld unterwegs.
Michael Strasser: "Ja, darauf freue ich mich sehr. Ein Event wie der Austria Rush lebt ja von den Geschichten, die man sich nebenbei erzählt, sei es auf dem Rad oder abends, wenn man zusammensitzt. Und natürlich von den Geschichten, die wir dort gemeinsam erleben und schreiben. Das ist das Coole am Radeln und das ist auch das lässige, warum ich beim Austria Rush unbedingt mit dabei sein wollte: Es ist völlig egal, aus welcher sozialen Schicht man kommt. Ob Du ein Lehrberuf hast oder irgendwo Direktor bist – wenn wir auf dem Rad sitzen sind wir im Prinzip alle gleich. Vom ersten Moment sind wir per Du und rollen gemeinsam dahin, das mag ich so. Beim Austria Rush ist das sicher noch einmal verdichtet, gerade weil man aufeinander angwiesen ist. Ganz besonders freue ich mich auf das große Finale auf dem Großglockner. Das wird die Krönung von vier einzigartigen Tagen."
Alle Infos und die Anmeldung zum Austria Rush finden Sie aufwww.the-rush.eu
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