Höhlen im Bezirk Kirchdorf
Eine eigene Welt – Faszination Höhle

Das Forschungsteam im Bezirk Kirchdorf:
Martin Schöngruber, Heli Steinmassl und Stefan Neudeck (v. li. n. re.) | Foto: Heli Steinmassl
38Bilder
  • Das Forschungsteam im Bezirk Kirchdorf:
    Martin Schöngruber, Heli Steinmassl und Stefan Neudeck (v. li. n. re.)
  • Foto: Heli Steinmassl
  • hochgeladen von Marion Aigner

Höhlen. Eine dunkle und spannende Faszination. Stefan Neudeck aus Roßleithen ist mit Höhlenforschern im Bezirk unterwegs und gibt einen Einblick in die finstere Welt unter uns.

ROSSLEITHEN. Der 24-jährige Roßleithner Stefan Neudeck ist schon seit fünf Jahren bei dem Höhlenforschertrupp im Bezirk Kirchdorf dabei. Die kleine Gruppe besteht aus dem Mentor Heli Steinmassl, dem Steirer Markus Tantscher, den drei Roßleithnern Martin Schöngruber, Daniel und Stefan Neudeck, sowie Wolfgang Buchbauer aus Vorderstoder und Christoph Moser aus Grünau. Einige von ihnen gehören auch den Vereinen für Höhlenkunde Sierning und Linz an.

Wasser ist Leben

Höhlenforscher verfolgen den Weg des Wassers. Von dort, wo es in den Untergrund verschwindet und seinen Lauf durchs Karstgebirge nimmt, bis dorthin, wo es als Quelle wieder ans Tageslicht tritt. Es werden Fragen beantwortet wie: Woher stammt unser Trinkwasser, welche Gebiete unterfließt es und werden Verunreinigungen eingeschwemmt, beispielsweise durch überdimensionierte Wildpopulation, intensiv genutzte Weideflächen, Skigebiete oder Hütten.  Oder kommt es aus gesunden naturnahen und geschützten Gebirgslandschaften.
Höhlenforscher vermessen Höhlen, erstellen Pläne der Höhlensysteme, nehmen Gesteins- und Wasserproben, machen langjährige Temperaturmessungen und beobachten den Eisrückgang durch die Klimaerwärmung. Tropfsteine können mehrere hunderttausende Jahre alt sein, sie sind perfekte Klimaarchive, welche die ständigen Klimaschwankungen wie in einem offenen Buch aufzeichnen.

Unbekanntes entdecken

Auf die Frage, was die Faszination an Höhlen sei, hat Neudeck eine ganz klare Antwort: "In erster Linie ist es aufregend, neue und unbekannte Stellen der Erde zu entdecken. Man muss sich vorstellen, das ist ein Ort, wo noch nie ein Mensch war. Das ist schon ein tolles Gefühl." Außerdem merkt der Roßleithner an, dass es eine körperliche und psychische Herausforderung sei, eine Höhle zu erforschen. "Es gibt immer wieder Engstellen, Schächte und Kletterpassagen. Das ist teils wirklich sehr anstrengend. Du weißt nie wie es weitergeht. Das Tolle aber auch Gefährliche ist, dass man in einer Höhle keinen Kontakt zur Außenwelt hat. Dein Handy bringt dir außer der Uhrzeit und der Kamera gar nichts. Einerseits kann man entspannen und es genießen, dass man mal nicht erreichbar ist. Andererseits ist es sehr schwer Hilfe zu organisieren, wenn man welche braucht. Es kann oft Tage dauern bis man aus einer Höhle gerettet wird."

Steinmassl, welcher schon jahrelang das Hobby des Höhlenforschens verfolgt, ist immer noch fasziniert davon: "Wo auf der Welt gibt es sonst noch weiße Flecken auf der Landkarte? Das ist nur mehr die Unterwelt. Außerdem erfolgt auf den 8000ern mittlerweile ein regelrechter touristischer Boom. In der Höhle hat man noch die absolute Ruhe."

Grosse Erfolge

Die Forschertruppe aus dem Bezirk Kirchdorf sei hauptsächlich im Toten Gebirge, genauer gesagt im Prielgebiet und Warscheneckstock und im Sengsengebirge unterwegs.
Insgesamt gibt es, laut Steinmassl, im Bezirk Kirchdorf rund 600 erforschte Höhlen. Er betont, dass es aber insbesondere im Toten Gebirge, noch sehr viele unerforschte Höhlen gäbe. Die Längste und Größte sei bis jetzt die Klarahöhle im Sengsengebirge, welche 1999 entdeckt wurde. Mit ungefähr 31 Kilometer Ganglänge, ist sie eine tropfsteinreiche Riesenhöhle im Nationalpark Kalkalpen. Hier stehe, so Steinmassl, auch der größte Tropfstein in den Nordalpen. Die "Dicke Berta" hat eine Höhe von 18 Metern. Weiters wurden auch tausende Jahre alte Knochen entdeckt, wie beispielsweise die eines 2340 Jahre alten Elchs und auch Wisent-, sowie Höhlenbärknochen konnte das Forscherteam schon finden. Als sehr interessant beschreibt Steinmassl, dass an den 2600 Jahre alten Wisent-Knochen Schab- und Schnittspuren entdeckt wurden. Dies weise daraufhin, dass die Menschen in unseren Gebirgsregionen die Bisonverwandschaft gejagt und gegessen haben. Die Knochen sind in den Höhlen durch die gleichmäßige Temperatur und Luftfeuchtigkeit extrem gut konserviert.
Hier würden die Kirchdorfer auch mit Wissenschaftlern aus aller Welt zusammenarbeiten. Diese werden kontaktiert, wenn zum Beispiel Eisproben entommen werden oder Altersbestimmungen zu erledigen sind. Außerdem würden die Höhlenvereine untereinander sehr viel Wert auf Zusammenarbeit legen. Es erfolgen etwa interessante Filmproduktionen wie der Neueste vom Landeshöhlenverband, welcher auch mit dem Forschungsteam aus Kirchdorf gedreht wurde.

Aktuelle Projekte

Der Roßleithner erzählt mit Begeisterung vom aktuellen Projekt des Teams: "Wir erforschen gerade die Labyrinthhöhle im Warscheneck, wo wir bis jetzt schon mehr als 21 Kilometer Ganglänge kennen und bei einer Tiefe von über 700 Metern sind. Wir veranstalten inzwischen mehrtägige Höhlentouren, weil die Dimensionen so groß sind, dass es sich anders gar nicht mehr ausgeht, weiter zu forschen."
Bei der Planung einer Expedition würde in der Regel schon Tage zuvor besprochen, wo es hingeht, was gemacht wird, wie lange die Forschung dauert und welches Material benötigt wird. "Das richtige Material, soweit möglich mitzuhaben, ist immer wahnsinnig wichtig!", ist Neudeck überzeugt.

Mythos  oder Wahrheit: Ist eine Höhle wirklich so gefährlich?

"Wenn man gewisse Dinge beachtet, ist eine Höhle sicherer als der Straßenverkehr. Solange man weiß was man tut, hat man keine Probleme. Gefährlich wird es dann, wenn Laien versuchen Höhlen auszukundschaften oder man alleine hineingeht.", bestätigt der junge Forscher.
Die größten Gefahren wären Steinschläge, Abstürzen, Verirren und eine falsche Ausrüstung. Aus diesem Grund sollte man auch aufpassen, wenn man einen Stein in ein Loch wirft, um zu hören wie tief die Höhle ist, denn es könnte immer passieren, dass gerade ein Höhlenforschertrupp unterwegs ist. Außerdem betont Neudeck nochmals, dass man nie alleine in eine Höhle gehen sollte: "Teamwork ist das Allerwichtigste! Man muss aufeinander Acht geben. Die Gruppe ist in der Höhle auf sich alleine gestellt, da gibt es niemanden der im Notfall hier ist."

Die letzte Hilfe

Seit zwei Jahren ist Neudeck nun auch schon bei der Höhlenrettung Mitglied.  Steinmassl erzählt, dass es aktuell  in ganz Österreich 314 Höhlenretter gibt, davon sind in Oberösterreich alleine 74. Pro Jahr habe die Höhlenrettung etwa zwei bis drei Einsätze. Diese verteilen sich ein Drittel auf verunfallte Forscher und zwei Drittel auf Touristen. Das sind beispielsweise vermisste Skitourengeher, welche in eine Doline gestürzt sind oder "nicht organisierte Höhlenforscher", die Abenteuer suchen.
Um letztere Einsätze zu erleichtern, appelliert Steinmassl, immer irgendjemandem Bescheid zu geben, in welche Höhle man geht und wie lange die Expedition dauert.

Spannende Erfahrungen

Neudeck sieht das Höhlenforschen als schönes und aufregendes Hobby. Manchmal würden auch Vorträge gehalten, wo die Arbeit der Truppe beachtet wird. Außerdem gäbe es unter den einzelnen Vereinen Verbandsnachrichten und Treffen, um die verschiedenen neuen Errungenschaften auszutauschen. Als Beruf käme das Hobby für den 24-jährigen aber nicht Infrage: "Es gibt nur einen einzigen Höhlenforscher in Österreich der davon leben kann. Uns reicht die Wertschätzung für unsere Arbeit. Außerdem macht es uns ja Spaß, diese unbekannte und faszinierende Welt zu entdecken."

Anzeige
1:46
1:46

WKOÖ Maklertipp
Rechtsschutzversicherung: Sichern Sie Ihr Recht!

Eine Rechtsschutzversicherung schützt Sie vor den Folgen von vielen möglichen Konfliktfällen – vor allem finanziell.  Es gibt viele Gründe für einen Streit vor Gericht: Angenommen, Ihr Vermieter erhöht den Mietzins in ungerechtfertigter Weise, Ihr Hund läuft einem Biker vor das Rad, Ihnen wird nach einem Verkehrsunfall das Schmerzensgeld verwehrt oder Ihr Arbeitgeber zahlt die Überstunden nicht. Von all diesen Fällen haben Sie schon gehört oder Sie haben sogar schon selbst eine solche oder eine...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Kirchdorf auf MeinBezirk.at/Kirchdorf

Neuigkeiten aus Kirchdorf als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Kirchdorf auf Facebook: MeinBezirk.at/Kirchdorf - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Kirchdorf und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.