Teach For Austria
Warum engagieren Sie sich für Bildungsgerechtigkeit?

Axel Kühner, Vorstandsvorsitzender der Greiner AG | Foto: © Teach For Austria/Simon Groihofer
  • Axel Kühner, Vorstandsvorsitzender der Greiner AG
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Während der Teach For Austria-Woche besuchen Führungskräfte aus der Wirtschaft und Zivilgesellschaft Einsatzschulen von Teach For Austria. Gemeinsam mit Teach For Austria-Lehrkräften gestalten und halten sie eine interaktive Unterrichtsstunde an sozial hoch belasteten Neuen Mittelschulen und Polytechnischen Schulen, um für mehr Bildungsgerechtigkeit einzustehen.

KREMSMÜNSTER.  Axel Kühner, CEO der Greiner AG, hat im Rahmen der Teach For Austria Wochen an der MS6 Wels Ennsleite eine Unterrichtsstunde abgehalten. Zentrales Thema der interaktiven Stunde war Kunststoff und Recycling. Die Jugendlichen einer 3. Klasse konnten sich anhand einiger Anschauungsmaterialien eingehend mit verschiedenen Kunststoffen auseinandersetzen. So wurde etwa erhoben, welche Plastikgegenstände sie heute bereits in der Hand hatten. Am Beispiel eines Joghurtbechers erläuterte Kühner Ablauf und Bedeutung der Kreislaufwirtschaft in Bezug auf Nachhaltigkeit. 

Axel Kühner, Vorstandsvorsitzender der Greiner AG, spricht im Interview mit Christiane Steinlechner, Regionalleiterin von Teach For Austria OÖ, über die Gründe seines Engagements.

Teach for Austria hat gerade 10-jähriges Jubiläum gefeiert. Gemeinsam mit unseren Partnern  können wir auf ein Jahrzehnt mit unzähligen Aktivitäten für mehr Bildungsgerechtigkeit zurückblicken. Sie selbst waren maßgeblich daran beteiligt, dass es Teach for Austria bereits seit fünf Jahren auch in Oberösterreich gibt. Was waren die Gründe für Ihr Engagement?
Die Bedeutung des Themas Bildung wird aus meiner Sicht gesellschaftlich deutlich unterschätzt. Wir unterstützen verschiedenste Initiativen, die sich dafür einsetzen, den Menschen besseren Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Teach For Austria hat uns von Anfang an überzeugt, da uns Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit ein großes Anliegen sind. Als Goldpartner haben wir bereits vor über fünf Jahren die Expansion des Programms nach Oberösterreich unterstützt – darauf sind wir sehr stolz.

Wen galt es vor fünf Jahren zu überzeugen? Hat sich daran etwas geändert?
Die Politik war sofort Feuer und Flamme, weil sie die Wichtigkeit erkannt hat. Sowohl der Landeshauptmann als auch die Bildungslandessrätin haben unser Anliegen aktiv unterstützt. In der operativen Bildungslandschaft war vorerst eher ein “not invented here”-Syndrom zu spüren. Aber mit vereinten Kräften konnten alle überzeugt werden. Heute werden ja eher händeringend Quereinsteiger gesucht, damals war das anders.

Abgesehen von der persönlichen Verantwortung jedes einzelnen, seine  Chance zu ergreifen, gilt es für uns auch als Gesellschaft, "Bildungsgerechtigkeit" anzustreben. Warum ist dieses Thema auch heute noch für Sie persönlich relevant?
In keinem anderen EU-Land hängt der Bildungserfolg so stark vom sozioökonomischen Status und Bildungsniveau der Eltern ab wie in Österreich, das bestätigen Studien der Europäischen Kommission. Das muss sich ändern, und genau dort setzt Teach For Austria an. Bildung ist für junge Menschen schließlich eine wichtige Voraussetzung, um später ein erfolgreiches Leben führen zu können. Jugendliche sollen sich selbst eine Meinung bilden können und mit ihren Ideen Innovationen vorantreiben. Das ist auch aus Unternehmenssicht relevant, denn schließlich hängt der Erfolg von Greiner von den Fähigkeiten und der Innovationskraft unserer aktuellen und zukünftigen Beschäftigten ab.

Sie engagieren sich regelmäßig im Rahmen der Teach For Austria Woche und geben Schülern mit weniger guten Startbedingungen Einblick in Ihren Werdegang, um ihnen Mut zu machen, ihren Weg zu gehen. Wenn Sie an Ihren Bildungs- und Berufsweg denken – was waren Faktoren, die Sie positiv erlebt haben oder gab es Negativerlebnisse, bei denen Sie Unterstützung gebraucht hätten?
In der neunten Schulstufe hätte ich um ein Haar nicht aufsteigen können. Mein Klassenlehrer riet meinem Vater, ich solle die Klasse wiederholen, da ich in Mathe und Physik nie auf einen grünen Zweig käme. In der Matura-Klasse hatte ich dann in beiden Fächern eine Eins. Eine krasse Fehleinschätzung also. Es geht darum, dass man Menschen etwas zutraut und sie ermutigt und nichts schlecht redet. Zum Glück habe ich mich damals auf meinen Ehrgeiz verlassen…

Welchen Stellenwert hat “Bildung” in Ihrem Unternehmen? Welche Bildungsverantwortung sehen Sie seitens der Greiner AG im Hinblick auf Ihre Stakeholder? Und welche Themen sind hier besonders wichtig?
Für Greiner ist Bildung ein wesentlicher Bestandteil der unternehmenseigenen Nachhaltigkeitsstrategie. Als weltweit tätiger Kunststoff- und Schaumstoffproduzent haben wir eine sehr große Verantwortung im Bereich Klimaschutz. Daher brauchen wir jetzt und auch in Zukunft gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, damit uns die Transformation zu einem nachhaltigen Unternehmen gelingt. Unsere Lehrlinge haben beispielsweise Zugang zur „Moonshot Pirates“-Community, wo sie an Ideen und Projekten für eine nachhaltigere Zukunft mitarbeiten können. Außerdem haben wir ein weltweites internes Weiterbildungsangebot unter dem Titel „Climate Ambassador Program“ gestartet. Das Ziel dabei ist, dass Mitarbeiter umfangreiches Wissen aufbauen, das sie als Klimabotschafter weitergeben können.

Unsere gemeinsame Vision 2050 “Jedes Kind hat die Chance auf ein gutes Leben, egal wie viel Geld oder Bildung seine Eltern haben,” zeigt ja, dass es unterschiedliche Startpositionen im Leben gibt. Dennoch sollte jeder die Möglichkeit erhalten, sich auf Basis der eigenen Fähigkeiten und Potentiale weiterzuentwickeln. Welche Rahmenbedingungen müssen Ihrer Meinung nach dazu gegeben sein?
Gerade für Schüler aus bildungsfernen Schichten ist Berufsorientierung besonders wichtig, damit ihnen möglichst viele Chancen aufgezeigt werden. Ausbildungen für den MINT-Bereich, also für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik ermöglichen in der Regel überdurchschnitte Einkommenschancen – leider entscheiden sich aber immer noch viel zu wenig Mädchen für MINT-Berufe. Hier sind daher die Berufsorientierung und auch das Loslösen von veralteten Rollenbildern besonders wichtig. Ich bin überzeugt, dass Bildung sowie eine Ausbildung, die den eigenen Fähigkeiten und Potenzialen gerecht wird, der Schlüssel für erfülltes Leben ist. Und auf lange Sicht ist Bildung auch der wichtigste Hebel für sozialen Aufstieg.

Teach For Austria bringt mit seinem Fellowprogramm engagierte Quereinsteiger für zwei Jahre an besonders herausfordernde Mittelschulen, um dort neue Blickweisen einzubringen und direkt in der Arbeit mit den Kindern zu wirken. Sie begleiten Teach for Austria auch als Beirat schon seit einiger Zeit. Worin sehen Sie positive Auswirkungen dieser Herangehensweise?
Die Fellows sind enorm motiviert und haben eine große Vorbildwirkung für die Jugendlichen. Außerdem bringen sie als Quereinsteiger neue Sichtweisen und einen frischen Wind in die Schulen. Ich bin auch überzeugt von den langfristigen Vorteilen des Programms, denn wenn die Fellows wieder in die Privatwirtschaft zurück wechseln, bringen sie wertvolle Erfahrungen und Kompetenzen durch ihre Zeit bei Teach For Austria mit. Es kommt auch immer wieder vor, dass ein Fellow nach den zwei Jahren dem Lehrerberuf treu bleiben möchten – das ist natürlich auch sehr schön, wenn jemand durch Teach For Austria seine Berufung im Unterrichten finden konnte.

Über Teach For Austria

2050: Jedes Kind hat die Chance auf ein gutes Leben - egal, wie viel Geld oder Bildung seine Eltern haben. Das ist die Vision der gemeinnützigen Organisation Teach For Austria. Pädagogen sind ein wichtiger Schlüssel, um dorthin zu kommen. Kern der Arbeit von Teach For Austria ist deshalb das sogenannte Fellowprogramm. Dieses zweijährige Leadership-Programm bringt besonders engagierte Hochschulabsolvent*innen unterschiedlichster Fachrichtungen als Vollzeit-Lehrkräfte an herausfordernde Schulen und seit Herbst 2019 auch als Pädagogen an Kindergärten. Hier arbeiten sie mit Kindern und Jugendlichen aus sozio-ökonomisch benachteiligten Familien, die ein hohes Risiko für einen frühen Ausbildungsabbruch haben. Alle, die am Programm teilnehmen, sind Quereinsteiger - sie werden von Teach For Austria ausgewählt, auf den Einsatz in der Schule und im Kindergarten vorbereitet und über zwei Jahre begleitet. Teach For Austria nennt die Programmteilnehmer  Fellows und versteht sie als Impulsgeber, die durch ihre diversen Studienhintergründe und Berufserfahrungen den Schul- und Kindergartenalltag bereichern und ihre Kids dabei unterstützen, weiterführende Bildungswege zu gehen. Seit 2011 konnten 440 hoch qualifizierte Jungakademiker – 40 davon in Oberösterreich – für rund 45.000 Kinder an 114 sozial hoch belasteten Schulen und seit 2019 an 29 Wiener Kindergärten wirksam werden.

Partner der Initiative in Oberösterreich
Als Unternehmenspartner aus der Wirtschaft unterstützen Erema, Fronius, Greiner AG, Laakirchen Papier AG, IV OÖ, MIBA, Sparkasse OÖ und Teufelberger die Initiative in Oberösterreich. Mehr Infos

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Foto: Cityfoto
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