Die Endstation in Auschwitz

- Verstarb in Auschwitz: Walter Porges
- hochgeladen von Vanessa Pichler
Politologe und FH-Lektor Karl Anderwald erzählt im Gastbeitrag das Schicksal des Arztes Walter Porges.
Dr. Walter Porges, geboren am 23. Oktober 1887, stammt aus einer alten, ursprünglich in Gmünd in Kärnten beheimateten Ärztefamilie. Schon sein Vater war Arzt in Spittal an der Drau. Nach dem Studium der Medizin in Wien und seiner Promotion im Jahr 1914 war Porges im Ersten Weltkrieg als Militärarzt an der Isonzofront im Einsatz.
Im Jahr 1919 nimmt er am Kärntner Abwehrkampf als Mitglied des ersten Turnus der Spittaler Heimwehr teil. Einsatzgebiet ist der Raum Bleiburg-Völkermarkt. Porges wird mit dem „Kärntner Kreuz für Tapferkeit“ geehrt.
Er eröffnet dann die Ordination als Gemeindearzt im Haus Spittal an der Drau, Bismarckstraße 4. Nach der Gemeinderatswahl 1920 wird er auf der Liste des „Clubs sozialdemokratischer Gemeindevertreter“ Mitglied des „Gemeindeausschusses“ (so hieß damals der Gemeinderat), dem er bis 1924 angehörte.
Aus den Protokollen der Sitzungen ist sein besonderes Engagement für die Armenfürsorge und das Gesundheitswesen ersichtlich. Porges war einer der Initiatoren des alten – vom Kirchenmaler August Veiter gestalteten – Kriegerdenkmales neben der Stadtpfarrkirche und einer Resolution des Gemeindeausschusses, mit dem die „Treue zum deutschen Volk und die Forderung nach einem Zusammenschluss aller Deutschen in Mitteleuropa“ artikuliert wurde.
Er stimmte mitunter auch gegen die eigene Fraktion: zum Beispiel am 17. September 1921, als er sich gegen den „Kleinverschleiß gebrannter geistiger Getränke durch den Konsumverein“ aussprach.
Viele Patienten hat er ohne Honorar behandelt. Im Jahr 1924 heiratete Porges die aus Preußen stammende Erna Mehlhausen (1892-1976). Der Ehe entstammen drei Kinder: Brigitte (geboren 1925), Waltraud (geboren 1927) und Paul (geboren 1932). Die Familie der Frau engagierte sich sehr früh für den Nationalsozialismus. Der „Anschluss“ Österreichs brachte trotzdem eine einschneidende Veränderung: Am 28. Oktober 1938 wurde ihm als Jude die Approbation als Arzt entzogen. Nicht wenige Spittaler verweigerten dann die Bezahlung der offenen Arzthonorare. Porges musste als „Krankenpfleger der Juden“ nach Wien übersiedeln.
Als Abwehrkämpfer ins KZ
An eine Flucht hat er nie gedacht. Er meinte, dass ihm als dekorierter Abwehrkämpfer nichts Schlimmes passieren könne. Am 20. September 1943 wurde er dennoch von der Gestapo verhaftet und nach dem Verhör am Morzinplatz in der Rossauer Kaserne arretiert. Am 22. Juni 1944 erfolgte der Transport nach Auschwitz.
Seine Ehefrau intervenierte über ihre Familie und verlegte ihren Wohnsitz in die Nähe von Auschwitz. Als einzige „Vergünstigung“ durfte sie ihrem Gatten lediglich jeden Monat ein Esspaket und einen Brief zukommen lassen. Das letzte Lebenszeichen aus Auschwitz erreichte die Familie am 5. November 1944 …
Tochter Dr. Waltraud Waschnig, die in Spittal Schulärztin war und noch heute im Elternhaus wohnt, erzählt, dass ihr der Respekt vor dem Abwehrkämpfer-Vater die Ablegung der Matura an der HAK Klagenfurt und somit das Medizinstudium ermöglicht hat. Der mutige Direktor negierte den Ahnenpass. Ihr jüngerer Bruder Paul wurde als Jude trotz bestandener Aufnahmsprüfung vom Besuch des Spittaler Gymnasiums ausgeschlossen. Spittaler Bürger erteilten ihm Privatunterricht, so dass er 1945 in die vierte Klasse eintreten konnte. Uni-Professor Dr. Paul Porges, berühmt als Begründer der Schmerzambulanz, lebt heute in Wien.
Benennung einer Straße nach Dr. Walter Porges - die Geschichte:
Am 10. Oktober 2010 wurde das Jubiläum 90 Jahre Volksabstimmung gefeiert. In Spittal an der Drau war ein Jubiläum – 80 Jahre Stadt – zu feiern. Vor 65 Jahren wurde Österreich vom Nazi-Regime befreit. Einen besonderen Symbolgehalt sollte in diesem Jahr daher die Benennung einer Straße nach dem hoch dekorierten Abwehrkämpfer, sozialdemokratischen Gemeinderat und Helfer der Armen, dem in Au-schwitz ermordeten jüdischen Arzt Dr. Walter Porges, haben.
Bereits im Mai hat die Spittaler Volkspartei im Gemeinderat meinen Vorschlag eingebracht. Die WOCHE berichtete darüber am 21. Mai 2010. Gedacht war an die Umbenennung der „Goldeckstraße“, die in der Nähe der seinerzeitigen Ordination von der Bismarckstraße abzweigt. Der Antrag wurde zur Beratung an den zuständigen Ausschuss weitergeleitet. Der Angelegenheit wurde offenbar keine Dringlichkeit zugeordnet.
Dann tauchte das Argument auf, dass den Anrainern bei einer Umbenennung der Straße Kosten durch die Änderung von Pässen und Führerscheinen entstehen würden – das ist natürlich falsch, weil in diesen Dokumenten nur eine Eintragung des politischen Bezirkes vorgesehen ist.
Erst nach mehreren Interventionen und kritischen Artikeln stand die Beschlussfassung auf der Tagesordnung der Sitzung des Spittaler Gemeinderates vom 14. Dezember 2010. Vorgesehen ist nun die Benennung des bisher inoffiziell als „Friedhofstraße“ bezeichneten Straßenzuges als „Dr. Walter Porges-Straße“.
Die Straßenschilder sollen noch im Gedenkjahr zwischen Weihnachten und Neujahr im Rahmen einer Gedenkfeier aufgestellt werden. Der genaue Termin wird mit der Familie vereinbart. Vizebürgermeister Herbert Haupt hat mich ersucht, dabei den Lebenslauf von Dr. Porges zu schildern. Die Wahl der Straße – von der Marienkirche in der Villacher Straße zur Edlinger Kirche beim Friedhof – findet auch meine Zustimmung.


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