Griff zur Pille ist in der Szene weit verbreitet
Experten warnen vor Anstieg bei Tablettensucht. Missbrauch ist für Ärzte nur schwer zu erkennen.
KLAGENFURT. Neben illegalen Drogen sind in der heimischen Suchtgiftszene Psychopharmaka weit verbreitet. Um an die "Benzos" – wie sie in der Szene genannt werden – zu gelangen, pilgern die Abhängigen oft zu mehreren Ärzten und sammeln so Rezepte. Die Kontrolle gestaltet sich schwierig, da die Ärzte aufgrund der Verschwiegenheitspflicht ihren Kollegen keine Auskunft über die Patienten geben dürfen. Die Medikamente scheinen auch nicht auf der E-Card auf. Nur die Krankenkasse sieht, was abgerechnet wurde und schreitet bei Missbrauchsverdacht ein.
Schwieriger Entzug
"Die Benzos sind mittlerweile ein echtes Problem. Der Entzug ist wesentlich schwieriger als bei Heroin", sagt Karin Huber, Sozialarbeiterin beim Verein Oikos. Ein weiteres Problem sind die Auswirkungen der Tabletten. "Die Konsumenten haben oft kein Gedächtnis und das Gewissen wird durch den Missbrauch der Medikamente ausgeschaltet. Wir bemerkten auch, dass zahlreiche Straftaten unter dem Einfluss dieser Arzneimittel verübt werden", erzählt die Sozialarbeiterin.
Kaum zu überprüfen
Die Beschaffung der Arzneimittel ist denkbar einfach. "In der Szene ist bekannt, bei welchen Medizinern man sehr einfach ein Rezept bekommt. Die Konsumenten pilgern nicht selten von einem Arzt zum anderen", erzählt Huber. Die Ärztekammer hält dagegen. "Wenn Verdachtsmomente gemeldet werden, werden wir sofort aktiv", sagt Kammerdirektor Bernd Adlassnig. Die Ärzte können jedoch nur schwer überprüfen, welche Medikamente bereits von einem Kollegen verschrieben wurden. "Sie sind nicht auf der E-Card gespeichert. Aufgrund der Verschwiegenheitspflicht dürfen die Mediziner auch nicht bei einem Kollegen nachfagen, ob er einem Patienten bereits ein Rezept ausgestellt hat", erklärt Adlassnig.
Ein Sperrvermerk
Die Kärntner Gebietskrankenkasse versucht nun dem Arzneimittelmissbrauch einen Riegel vorzuschieben. "Wir sehen, welche Medikamente abgerechnet werden. Wenn es ungewöhnliche Häufungen gibt, wird die E-Card mit einem Sperrvermerk versehen. In extremen Fällen wird eine Strafanzeige erstattet", erklärt Johann Lintner, Direktor der Gebietskrankenkasse.
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