Leichter Anstieg der häuslichen Gewalt
Mehr Beratungen in Klagenfurt Stadt & Land: Gewaltschutzzentrum Kärnten zieht Bilanz.
eva-maria.peham@woche.at
KLAGENFURT STADT UND LAND. "Jeder Frau kann es passieren, dass sie sich in einen gewalttätigen Mann verliebt, aber nicht jede wird auch zum Opfer", spricht Andrea Kollermann, Psychologin des Gewaltschutzzentrums, aus beruflicher Erfahrung.
Rund fünf Prozent Personen beriet das Gewaltschutzzentrum 2013 mehr als 2012. "Kärntenweit stieg die Zahl von 754 auf 800 an", weiß Leiterin Roswitha Bucher.
Auch in den Bezirken Klagenfurt Stadt und Land sind die Zahlen im Vergleichszeitraum leicht angestiegen. "In Klagenfurt gab es ein Plus von 256 auf 280 Personen, in Klagenfurt Land von 86 auf 90", erklärt Bucher.
Häusliche Gewalt hat viele Gesichter, kann psychische, physische und sexuelle Auswüchse annehmen. "Oft beginnt es mit Entwertung, Demütigung, absoluter Kontrolle und Androhung von Gewalt gegenüber dem Opfer und endet schließlich mit Schlägen", erklärt Kollermann.
Frauen rät Kollermann, "bereits bei den ersten Anzeichen oder der ersten Watsch'n" die Beratung des Gewaltschutzzentrums in Anspruch zu nehmen.
"Viele schaffen es, die Beziehung zum Partner bereits nach der ersten Gewaltandrohung zu beenden." Schwieriger sei es für Opfer, die manchmal jahrzehntelang misshandelt werden. "Diese sind meist völlig isoliert, nachdem ihr Selbstwert und das Selbstbewusstsein systematisch zerstört worden sind", weiß Kollermann.
Problematisch sei auch die Sicht der Gesellschaft auf die Opfer. "Aus Gründen des Selbstschutzes denken viele Menschen, dass ein Opfer zuvor schon selbst irgendetwas verbrochen haben muss, um anschließend misshandelt worden zu sein", sagt Kollermann. Das sei nicht Fall, betont die Expertin und ergänzt: "Gewalt hat niemals eine Berechtigung!"
Neben der psychologischen Beratung finden auch juristische Beratungen und Prozessbegleitungen bei Gericht statt. Außerdem werden jeweils eine Gefährlichkeitseinschätzung und ein Sicherheitsplan erstellt. Die Opfer werden umfassend und individuell beraten.
Die Beratungen des Gewaltschutzzentrums Kärnten in der Klagenfurter Radetzkystraße 9 sind gratis und anonym. Telefon: 0463/590 290, Fax: 0463 / 590 290 - 10 oder E-Mail: info@gsz-ktn.at.
ZUR SACHE
Mit mehr als 90 Prozent ist der Großteil der Opfer von häuslicher Gewalt nach wie vor weiblich. Vereinzelt werden auch Männer zu Opfern.
Um fünf Prozent mehr Beratungen fanden 2013, ver-glichen mit 2012, statt.
Bei zwei Drittel der häuslichen Gewalt findet diese zwischen Partnern bzw. Ex-Partnern statt. Bei einem Drittel zwischen anderen Beziehungsverhältnissen wie z. B. Großvater, Mutter oder Onkel.
Die höchste Anzahl der Opfer ist zwischen 30 und 40 Jahre alt und weiblich.
Auch Senioren sind von häuslicher Gewalt betroffen. Bei Frauen über 70 Jahre gab es 2013 72 Opfer.
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